Schwelm. . Die Fehltage im Ennepe-Ruhr-Kreis sind steigend. Auffällig: Besonders oft sind Rückenschmerzen der Grund für eine Krankschreibung.

Im Ennepe-Ruhr-Kreis liegt der Krankenstand über dem Landesdurchschnitt und ist im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen. Das geht aus dem Gesundheitsreport 2018 der Krankenkasse DAK hervor.

Rückenbeschwerden sind dabei die Hauptursache. 125.000 Ausfalltage gab es 2017 allein, weil der Rücken Arbeitnehmern Probleme machte. „Trotz Prävention und Gesundheitskursen leiden immer noch viele Menschen an Rückenschmerzen, da muss noch mehr getan werden“, sagt Carolina May, stellvertretende Leiterin des DAK-Servicezentrums Bochum und zuständig für den EN-Kreis.

Nach Rückenproblemen: Psychische Erkrankungen in der Statistik auf Platz zwei

21, 1 Prozent der Fehltage in der Region entfallen insgesamt auf das Muskel-Skelett-System, wo es meistens eben um Rückenschmerzen geht. Danach folgen mit 17,6 Prozent Psychische Erkrankungen und mit 14,3 Prozent Atemwegserkrankungen. „Während wir bei Rückenbeschwerden einen kleinen Rückgang von zwei Prozent verzeichnen können, haben wir bei den Atemwegserkrankungen einen deutlichen Anstieg von sieben Prozent“, erläutert Carolina May.

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Das sei allerdings kein seltenes Phänomen und hänge mit dem Wetter zusammen. „Das geht mal auf und ab“, so die stellvertretende Leiterin der Servicestelle. Positiv: Psychische Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen und Burnout sind laut dem DAK-Report im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent gesunken. Trotzdem machen Langzeiterkrankungen, zu denen Caroline May neben langwierigen Rückenproblemen auch psychische Erkrankungen zählt, mit 45,5 Prozent knapp die Hälfte der Fehltage im Ennepe-Ruhr-Kreis aus.

Krankenstand insgesamt gestiegen

Carolina May, stellvertretende Leiterin des DAK-Servicezentrums.
Carolina May, stellvertretende Leiterin des DAK-Servicezentrums. © DAK

Der Krankenstand im Kreis betrug im vergangenen Jahr 4,5 Prozent , das bedeutet, dass 2017 im Jahresdurchschnitt an jedem Tag von 100 DAK-Mitgliedern 4,5 arbeitsunfähig waren. 2016 waren es noch 4,4 Prozent. Mit dieser Zahl liegt der EN-Kreis 2017 über dem Landes- und Bundesdurchschnitt.

Zum Vergleich: Der höchste Krankenstand in Nordrhein-Westfalen wurde mit 5,2 Prozent im Kreis Recklinghausen verzeichnet, der niedrigste mit 3,4 Prozent in Düsseldorf. „Die Zahlen für den Ennepe-Ruhr-Kreis sind noch nicht besorgniserregend“, sagt Caroline May. Sie seien auf die Strukturunterschiede der Regionen zurückzuführen. So sei der industrielle Umbruch in Großstädten wie Düsseldorf nicht so stark ausgeprägt, wie zum Beispiel in Recklinghausen oder auch dem EN-Kreis. „Wo mehr Dienstleistungsberufe sind, ist auch der Krankenstand niedriger. Menschen, die früher härtere körperliche Arbeit leisteten, leiden noch häufiger unter Rückenschmerzen“, sagt May.

Noch keine Verbesserung bei Rückenbeschwerden

Rückenschmerzen sind laut dem DAK-Report grundsätzlich das am weitesten verbreitete Problem: Laut einer Umfrage hatten 78 Prozent aller Beschäftigten im vergangenen Jahr „Rücken“. Auf 100 Erwerbstätige entfielen im Ennepe-Ruhr-Kreis mehr als 86 Fehltage (84 in NRW) wegen Rückenschmerzen. Die durchschnittliche Dauer der Krankschreibung lag in der heimischen Region zudem mit 13 Tagen ebenfalls knapp über dem Landesdurchschnitt (12). „Leider zeigt sich auch bei uns im Ennepe-Ruhr-Kreis, dass es trotz verstärkten Engagements im Betrieblichen Gesundheitsmanagement noch keine signifikante Verbesserung gibt“, sagt Carolina May.

Gemeinsam mit den Unternehmen vor Ort müsse daher das Arbeitsumfeld noch rückenfreundlicher gestaltet werden. „Arbeitnehmer müssen da noch stärker Konzepte ausarbeiten. Klar ist natürlich, dass jedes Unternehmen anders aussieht und ein kleines Handwerksunternehmen natürlich ein anderes Konzept haben muss, als zum Beispiel ein großes Krankenhaus“, so die stellvertretende Leiterin des DAK-Servicezentrums. Die Krankenkasse empfiehlt zum Beispiel Yoga, Entspannungskurse oder Nordic-Walking für Mitarbeiter.

Die Gründe für Rückenbeschwerden sind laut der Umfrage der Krankenkasse unter den bei ihr versicherten Arbeitnehmern übrigens Übergewicht, häufiges Arbeiten in unbequemer Haltung, aber auch Arbeitsdruck und mangelnde Freude an der Arbeit spielen eine Rolle.

Drei Fragen: Was kann der Arbeitgeber tun, damit das Problem „Rücken“ kleiner wird? 

Dr. Karsten Stolz, Arzt aus  Ennepetal.
Dr. Karsten Stolz, Arzt aus Ennepetal. © Privat

1 Warum leiden so viele Menschen unter Rückenschmerzen?

Die Antwort ist ganz einfach: Weil sie sich einfach zu wenig bewegen. Es herrscht definitiv Bewegungsmangel.

2 Was kann der Arbeitgeber tun, damit das Problem „Rücken“ kleiner wird?

Wichtig ist eine gute ökonomische Ausstattung im Büro, auch Bewegungspausen sind notwendig. Vor allem aber sollte der Arbeitgeber die Eigeninitiative des Mitarbeiters unterstützen, sich mehr zu bewegen. Das liegt dann aber eben auch beim Arbeitnehmer, denn der Chef kann ja niemanden dazu zwingen.

3 Ist Sport die Lösung aller Probleme?

Ja, Sport ist eine Lösung und zwar auch die wichtigste. Bewegung ist einfach das A und O gegen Rückenschmerzen. Das Problem hat sich verändert. Früher hatten die Leute Rückenschmerzen, weil sie harte Jobs hatten, bei denen sie zum Beispiel schwere Teile schleppen mussten. Das ist aber heute nicht mehr so. Die wenigsten müssen noch Gewichte durch die Gegend hieven. Rückenschmerzen haben sich heute von der Fertigung ins Büro verlagert und Schuld daran ist eben der bereits mehrfach erwähnte Mangel an Bewegung.

INFOBOX

Rückenschmerzen betreffen jüngere wie ältere Beschäftigte. Mit zunehmendem Alter steigt jedoch die durchschnittliche Dauer der Krankschreibung.

Die deutliche Mehrheit der Betroffenen meldet sich der DAK-Umfrage zufolge nicht wegen Rückenschmerzen krank.

Faktoren, die eine Krankmeldung begünstigen sind die Schmerzstärke, Arbeit in unbequemer Körperhaltung sowie psychosoziale Faktoren.