Dortmund. Vor dem Schuss eines Dortmunder Polizisten auf einen Obdachlosen zeigten Elektroschocker kaum Wirkung. Warum der Taser längst umstritten ist.
Der Taser ist umstritten, Kritiker halten ihn als Teil der Polizeiausrüstung für zu gefährlich. Nach dem Vorfall in Dortmund am Mittwoch, bei dem ein Mann von der Kugel eines Polizisten getroffen wurde und kurz darauf tot war, stellt sich eine andere Frage: Warum gelang es nicht bereits vor der Schussabgabe, den Mann durch Einsatz der Taser außer Gefecht zu setzen?
Drei Mal sollen die Einsatzkräfte an der Reinoldikirche das sogenannte Distanzelektroimpulsgerät ausgelöst haben. Das zeigte aber kaum Wirkung – der Grund dafür ist nun Gegenstand der Ermittlungen. Es gilt aber wohl: Der Nutzen des Tasers ist in hektischen Situationen begrenzt.
+++ Mehr Nachrichten aus Dortmund lesen Sie hier +++
Hektische Situation in Dortmund: Mann rennt auf Polizisten zu
Ein Sprecher des Innenministeriums teilt auf Nachfrage mit: „Es besteht gerade in dynamischen Lagen, in der sich sowohl die Zielperson als auch der Schütze bewegen, immer die Gefahr von Fehlschüssen mindestens einer Pfeilelektrode und damit dem gänzlichen Ausbleiben der beabsichtigten Wirkung.“
Auch interessant
Ein Taser verschießt zwei Pfeilelektroden. Sie müssen an der Zielperson haften bleiben, an der Kleidung oder in der Haut, damit ein geschlossener Stromkreis entsteht und eine kurzzeitige Muskellähmung einsetzt. Der Getroffene wird dadurch für einen Moment bewegungsunfähig.
Wie „dynamisch“ die Lage am Mittwochabend an der Reinoldikirche war, zeigen auch Videos, die im Internet kursieren. Der Mann läuft mit einer Eisenstange auf die Einsatzkräfte zu. Die befinden sich in einer Rückwärtsbewegung oder weichen zur Seite aus, ein Beamter rennt ihm zwischenzeitlich entgegen. Als die Taser ausgelöst werden, ist der Angreifer allerdings noch einige Meter von den Polizisten entfernt und beginnt gerade erst, sich auf diese zuzubewegen.
Kritiker halten den Polizei-Taser für zu gefährlich
Laut Innenministerium steigt in der Bewegung nicht nur das Risiko von Fehlschüssen. Es sei auch möglich, dass Pfeilelektroden herausgezogen oder die dünnen Kabel der Taser abgerissen werden. Darüberhinaus könne aber auch die Kleidung des Gegenübers die Wirkung negativ beeinflussen, etwa wenn diese recht dick ist.
Die Diskussion um den Taser ist bislang vor allem mit Bedenken über dessen Gefährlichkeit verknüpft. Für Menschen mit unerkannten Herzproblemen kann der Elektroschock tödlich sein. Zwischen Januar und November 2023 mussten von 237 getroffenen Personen 81 ambulant und 18 stationär medizinisch versorgt werden. Im Januar starb in Mülheim ein Mann nach einem Polizeieinsatz, in dessen Verlauf gegen ihn auch Taser eingesetzt worden waren.
Innenminister Herbert Reul (CDU) will an dem Ausrüstungsgegenstand allerdings weiter festhalten, auch, weil bislang in vielen Fällen schon die Androhung des Taser-Einsatzes ausgereicht haben soll, um eine Situation zu entschärfen. Andere sehen in den Elektroschockern – ganz im Gegenteil – einen Beitrag zur Eskalation einer Lage. Der Taser befindet sich bei der Polizei in NRW seit 2022 in einer Testphase.