Balve. Stadtverwaltung und Bürgerschaft atmen auf. Doch noch läuft längst nicht alles rund.
Der Händedruck von Michael Bathe erinnert an einen Schraubstock: kraftvoll und fest. Die Begrüßung des Allgemeinen Vertreters des Bürgermeisters in seinem Dienstzimmer im Rathaus verströmt Zuversicht. Zuversicht verbreitet auch Fachbereichsleiter André Flöper. Die beiden Stadtverwalter haben einen guten Grund für ihre greifbare Erleichterung. Nach dem Hackerangriff auf die IT in Balve wie anderswo in Südwestfalen geht’s aufwärts. Die ärgsten Probleme sind gelöst. Doch manches rumpelt nach wie vor. Ein Überblick.
„Die Systeme werden hochgefahren“, sagt Michael Bathe. „Die Software für das Bürgerbüro läuft stabil. Die Schnittstelle zur Bundesdruckerei ist auch wieder in Ordnung.“ Die Bundesdruckerei zeichnet beispielsweise für Ausweise verantwortlich.
Für Stadtverwaltung wie Bürgerschaft ist die unmittelbar vorm Christfest bekannt gewordene Information ein kleines Weihnachtsgeschenk gewesen. Das Bürgerbüro ist zwischen Weihnachten und Neujahr zeitweise zugänglich gewesen – Premiere. „Letzten Endes war dort alles wieder möglich“, berichtet Michael Bathe. Zunächst gilt das für An- und Ummeldung. „Da mussten wir nachjustieren“, sagt Michael Bathe, „da ist vieles liegengeblieben.“ Das gelte auch für Mitteilungen aus anderen Kommunalverwaltungen, fügt André Flöper hinzu. Dazu kommen Ausweise und Führungszeugnisse. „Da gab es reichlich Publikumsverkehr“, weiß Michael Bathe.
Doch das ist längst nicht alles. Die Rathaus-Spitze blickt bereits nach vorn. Am 9. Juni findet die Europawahl statt. „Da müssen wir das Wählerverzeichnis vorbereiten“, erklärt Michael Bathe. Zukunftsmusik. Wie hat die Verwaltung unmittelbar nach dem Hackerangriff ab Ende Oktober gearbeitet?
Die Stadt Balve hat improvisieren müssen. Dateien sind per Daten Hand angelegt worden. Die Bürgerschaft hat sich zuweilen mit ausgedruckten Empfangsbescheinigungen begnügen müssen. „Bei Personalausweisen und Reisepässen wurde eine Meldebescheinigung ausgestellt“, erläutert André Flöper, „damit die Bürger zu anderen Behörden gehen konnten, um dort ihre Pässe zu beantragen.“ Ähnlich hat für An- und Ummeldung von Fahrzeugen gegolten. Hintergrund: Kommunen und Kreisverwaltungen, die keinen Vertrag mit dem Dienstleiter Südwestfalen IT (SIT) haben, sind von dem Cyberangriff nicht betroffen.
Für die Bürgerschaft hat das in der Regel bedeutet: lange Wege und lange Wartezeiten.
Der Hackerangriff hat aber auch den Finanzbereich im Rathaus weitgehend lahmgelegt: Grundsteuer, auch Gebühren für Müll und Wasser. „Die Finanzsoftware wird langsam hochgefahren. Aber die Schnittstellen funktionieren immer noch nicht“, sagt Michael Bathe. Die Stadt hat Bürgerinnen und Bürgern empfohlen, ihren Zahlungsverpflichtungen per Überweisungsträger nachzukommen. Fraglich sei, ob die Grundsteuer-Bescheid, wie gewohnt, Ende Januar verschickt werden können. Und das ist nicht alles. „Ob das System beim nächsten Steuer-Termin am 15. Februar funktioniert, wage ich noch nicht zu sagen“, gesteht Michael Bathe.
Die Software-Problem dürften auch Stadt-Kämmerer Hans-Jürgen Karthaus Kopfschmerzen bereiten: „Er muss die Soll-Stellung für 2024 vorbereiten“, berichtet Michael Bathe. Sobald die Finanz-Software wieder funktioniert, müssen manuelle Überweisungen eingebucht werden, Betrag plus Kassenzeichen. Das bedeutet für die Verwaltung Zusatzaufwand. Kann das Team die Mehrbelastung stemmen?
Überstunden sind programmiert. Dennoch geht es längst um Ideen zur Entlastung des Teams. „Man kann darüber nachdenken, Mitarbeiter, die sich in den Ruhestand verabschiedet haben, für ein paar Wochen reaktivieren“, entgegnet Michael Bathe. „Das muss man natürlich mit den Leuten in der Finanzverwaltung absprechen.“
Angesichts der Vielfalt der gehackten Kommunalprogramme hat die SIT Schwerpunkte bei der Wiederherstellung der Software gesetzt. Ein Service steht vorerst zurück: Balver Ratsinformationssystem. André Flöper über den Grund: „Wir sind die einzige Kommune, die das hat.“