Balve. Balve hat ein Drogen- und Schmerzmittelproblem. Am Donnerstag, 25. Mai, findet eine Info-Veranstaltung für Eltern statt.

Die Folgen der Coronapandemie haben Kinder und Jugendliche am schwersten getroffen: Darüber herrscht mittlerweile weitgehend Einigkeit. Während anderswo längst Normalität zurückgekehrt ist, spüren Fachleute noch viele Nachwirkungen, besonders leider im Zusammenhang mit Medikamenten- und Drogenmissbrauch. Balve macht da keineswegs eine Ausnahme. Deshalb wollen Kreisjugendamt und Stadt zusammen mit anderen Akteuren am Donnerstag, 25. Mai, informieren und vorsorgen.

+++ KINDERBETREUUNG IN BALVE ÜBERM MK-DURCHSCHNITT +++

„Balve ist keine Insel der Glückseligen“, stellt Kathrin Dudeck fest. Sie ist die Sachgebietsleitung beim Jugendamt; sie ist für Balve ebenso wie für Neuenrade und Herscheid zuständig. In dieser Funktion weiß sie, wie sehr viele junge Menschen immer noch unter den Nachwirkungen der Pandemie und den verschiedensten Kontaktbeschränkungen leiden. Zugleich weiß Dudeck: „In vielen Familien gibt es diese Schwierigkeiten nicht.“

Links nach rechts: Kathrin Dudeck vom Jugendamz sowie Michael Bathe und André Flöper aus der Balver Stadtverwaltung neben mit Besorgnis die Nachwirkungen der Coronapandemie für Jugendliche und Kinder wahr. Mit einer Infoveranstaltung wollen sie betroffenen Familien helfen.
Links nach rechts: Kathrin Dudeck vom Jugendamz sowie Michael Bathe und André Flöper aus der Balver Stadtverwaltung neben mit Besorgnis die Nachwirkungen der Coronapandemie für Jugendliche und Kinder wahr. Mit einer Infoveranstaltung wollen sie betroffenen Familien helfen. © WP | Alexander Lück

Aber überall wo nötig, soll geholfen werden. Und dafür macht Kathrin Dudeck zusammen mit Balves Rathaus-Vize Michael Bathe und dem zuständigen Fachbereichsleiter André Flöper eine Bestandsaufnahme, die nachdenklich macht. Laut der Drogenberatungsstelle des Märkischen Kreises sei Balve im Vergleichsgebiet durchaus auffällig, auch wenn das schwer mit ganz konkreten Zahlen zu unterfüttern sei. Im Stadtgebiet gibt es Punkte, wo Betäubungsmittel und Medikamente konsumiert und auch mit diesen gehandelt wird: der Garbecker Bahnhof etwa, das Gelände rund um die Balver Grundschule, am Krumpaul. „Das sind ja keine Geheimnisse“, sagt Michael Bathe. Die Polizei kontrolliere gerade diese Orte auch regelmäßig, betont Michael Bathe, der Runde Tisch habe sich dieser Problematik angenommen nachdem es in der Vergangenheit bekanntlich auch immer wieder Ärger über Vandalismus gab.

+++ JUGENDAMT IN BALVE: EIN FAST ÜBERSEHENES OPFER DER FLUT +++

Kathrin Dudeck beschreibt die Auswirkungen der Coronapandemie auf viele Kinder und Jugendliche: auch in Balve steige die Zahl der Minderjährigen, die nicht die Schule besuchen, es gebe keinen geregelten Tagesablauf mehr, ausufernden Konsum sozialer Medien, Rückschritte in der Entwicklung, eine allgemeine Perspektivlosigkeit. Dudeck führt weiter aus, dass trotz Bildschirmunterricht im Lockdown sehr viele Schülerinnen und Schüler nicht erreicht werden konnten. Der Mix aus ungeregeltem Tagesablauf, Online-Exzessen, Perspektivlosigkeit und auch aus Langeweile komme es vielfach zu Konsum von Drogen oder Medikamenten, schwerpunktmäßig Schmerzmitteln, auch verschreibungspflichtige Arzneien, und das teilweise schon ab dem zwölften Lebensjahr. „Das ist ein gesellschaftliches Thema, darauf wollen wir aufmerksam machen“, betont Dudeck.

Deshalb laden Stadtverwaltung und Jugendamt zusammen mit anderen Akteuren am Donnerstag, 25. Mai, zu einem Infoabend für Erziehungsberechtigte ein. Beginn ist um 18 Uhr im Bürgerhaus am Platze, eine Anmeldung nicht notwendig.

Jugendtreff in Mellen will soziale Kontakte fördern: Die Kinder freuen sich beim Mandala-Malen und Tischkickern. Christian Wulf, Nils Haarmann und Daniel Schulze Tertilt (von links nach rechts) weihen die neune Räumlichkeiten ein. 
Jugendtreff in Mellen will soziale Kontakte fördern: Die Kinder freuen sich beim Mandala-Malen und Tischkickern. Christian Wulf, Nils Haarmann und Daniel Schulze Tertilt (von links nach rechts) weihen die neune Räumlichkeiten ein.  © Westfalenpost | Antonia Mertens

Die Verantwortlichen wollen sehr sensibel mit dem Thema umgehen, nicht dramatisieren wo es dafür keine Gründe gibt, aber durchaus die Familien sensibilisieren. Geplant sind mehrere kleine Impulsvorträge, gewünscht auch ein Austausch mit den Erziehungsberechtigten, auch ist Platz für Fragen. Eingeladen sind unter anderem Klaus Hillebrand von der Drogenberatung im Märkischen Kreis, Thorsten Filthaut von der Familienberatung der Caritas Iserlohn, Andrea Henze vom Kinder- und Jugendschutz im MK, das Balver Jugendzentrum, und auch Dudeck selber wird sprechen. Ferner können auch vertrauliche Gespräche geführt und vereinbart, weitere Informationen und Kontakte ausgegeben werden. Panikmache möchte niemand, aber Kathrin Dudeck rät grundsätzlich, die eigene Hausapotheke gegen den Zugriff der Kinder und Jugendlichen zu sichern. Sie nennt zudem Kriterien, die Eltern hellhörig werden lassen sollten: „Man sollte auf Veränderungen achten, dass Kinder und Jugendliche auf einmal sehr traurig wirken, deutlich weniger soziale Kontakte haben.“ Auch Kontaktarmut bleibt als Nachwirkung der Pandemie: Während Erwachsene meistens schnell in ihr gewohntes Umfeld zurückgefunden haben, ist vielen Vereinen oder Gruppen einiges an Nachwuchs weggebrochen. Mit dem Infoabend wollen die Beteiligten auch dagegen Schritte angehen.

STREETWORKER IM EINSATZ

In Balve ist der Streetworker des Jugendzentrums Nils Haarmann auch immer wieder zu den Orten und Treffpunkten der Jugend im Stadtgebiet unterwegs. Im Moment, so hab Fachbereichsleiter André Flöper festgestellt, gebe es für viele eine Lücke zwischen Schulschluss der Realschule und den Öffnungszeiten des Jugendzentrums. Deshalb plane man auf Hochtouren ein neues Angebot, welches zeitlich und räumlich an den Schulschluss anknüpft. Die alte Cafeteria der Hauptschule soll der Ort des Geschehens werden, berichtet Flöper, neben kreativen, sozialen oder sportlichen Angeboten soll auch das Mittagessen im Mittelpunkt stehen für alle ab fünfter Klasse. Frühestens nach den Sommerferien kann es losgehen. Flöper: „Wir haben viele Ideen dafür.“