Balve. Ursula Männle ist Pionierin in der Bundespolitik. Als es beim Kolpingforum auf Frauen in der Kommunalpolitik kam, gab es deutliche Worte.
Was verbindet Frauen, die es in der deutschen Politik bis in die vorderen Reihen geschafft haben, mit den gut 30 Besucherinnen und Besuchern, die am Dienstagabend ins Balver Pfarrheim zum Kolpingforum gekommen waren? Sicherlich eine gute Ausdauer. Denn es war bestimmt eine der längsten Veranstaltungen dieser Art, aber eben inhaltlich auch so wichtig, dass sich alle gerne die Zeit nahmen und auch noch engagiert diskutierten, als es schon nach 22 Uhr war.
Denn zunächst lief der Film „Die Unbeugsamen“ eineinhalb Stunden lang. 2021 erschienen, geht es in der Doku um Frauen, die sich in der Geschichte der Bundesrepublik von der Nachkriegszeit bis zur Wiedervereinigung ihren Platz in den vorderen Reihen erkämpft haben, gegen viele Widerstände, vor allem der Männer. Eine der Protagonistinnen des Films ist neben Rita Süssmuth, Herta Däubler-Gmelin, Ingrid Matthäus-Meier oder Renate Schmidt auch Ursula Männle. Die gebürtige Ludwigshafenerin war Mitglied des Bundestags sowie des bayerischen Landtags für die CSU, im Freistaat außerdem Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und später Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung. Am Dienstag war sie zum Kolpingforum nach Balve gekommen, denn auch mit bald 80 Jahren tritt sie für ihr Anliegen ein.
Erneut gelang es Kolping, gezielt Besucher anzusprechen - oder besser Besucherinnen. Es gab nämlich einen sehr deutlichen Frauenübergang. Der Film beeindruckte das Publikum, er wurde mit Applaus bedacht.
Die anschließende Diskussion wäre fast ein bisschen mit allgemeinen Feststellungen und Ermunterungen von Referentin und Publikumsbeiträgen ausgelaufen, bis Birgit Schäfer den Blick auf den Ort des Geschehens lenkte: „Wenn ich auf Balve schaue, kommen mir die Tränen“, sagte sie mit Verweis darauf, dass die Mehrheitsfraktion CDU im Balver Stadtrat keine einzige Frau aufgeboten habe, die anderen beiden Parteien lediglich jeweils eine. Bedauerlich im Großen und Ganzen, so Schäfer. Und diese Feststellung kommentierte dann auch CSU-Frau Männle deutlich in Richtung ihrer Schwesterpartei: „Furchtbar.“ Ihre Nachfrage, ob denn überhaupt Frauen auf der Liste der Union standen und einfach nur nicht gewählt wurden, verneinten die Zuhörer. Woher das komme und wie man es ändern könne: Das war die Frage. „Wir haben immer den vorpolitischen Raum sehr gepflegt“, erklärte Ursula Männle zu der Rolle von Vereinen und Verbänden in der Gesellschaft. Sie selber habe etwa ein Zuhause in der Kfd. Eine Tätigkeit in so einem Zusammenhang könne Sprungbrett in und Schnittstelle zur Politik sein. „Wo man dann auch Entscheidungen treffen kann, die für alle verbindlich sind.“ Männle ermunterte Frauen, sich stärker einzubringen, nicht einschüchtern zu lassen, auch sich gegenseitig zu unterstützen, auch parteiübergreifend, wie es während ihrer politischen Laufbahn immer wieder passiert sei.
Trumpfen beim Schafskopf
„Es hat sich in den letzten Jahren viel geändert“, stellte sie durchaus positiv eine deutlich höhere Repräsentation als in früheren Jahren fest. Für wirkliche Gleichheit müssten sich aber übergeordnete Bedingungen ändern. So lange Frauen weiter die Mehrheit an Erziehungs- oder Pflegearbeit leisten, seien etwa die vielen späten Abendtermine schwierig. Und vor allem auch der anschließende informelle Austausch - in Männles Fall spielte man dabei Schafkopf -, wo oft die wirklich grundlegen Entscheidungen getroffen worden seien.