Eisborn/Mellen. Im Vorjahr gab’s Süßes, diesmal gibt’s Saures: Experte Klaus Schulte aus Eisborn weiß alles über Äpfel. Er betreibt eine mobile Saftpresse.

Der kalendarische Sommer geht zu Ende, Apfelernte beginnt. Kein Wunder, dass Klaus Schultes mobile Saftpresse Fahrt aufnimmt. Er ist gefragt, buchstäblich. Spontanbesuche sind nicht drin, Termine unumgänglich. Eine Einrichtung aus der Nachbarschaft hat es genauso gemacht. Am Dienstag kommt der Kindergarten Eisborn auf den Hof in der Horst. Auf eines dürfen sie sich freuen: auf einen flüssigen Vortrag.

Im vergangenen Jahr wussten Landwirte und Gartenbesitzer nicht, wohin mit ihrer Ernte. Kein Wunder, unterm Strich war 2022 etwas zu warm und deutlich zu nass, das Frühjahr feucht, der Sommer trocken. Regen satt gab’s zur Zeit der Apfelernte im September: Das Zeug musste schnell vom Baum. Und dieses Jahr?

Lange Blüte bei kühlem Wetter

„Es gibt bei weitem nicht so viele Äpfel wie letztes Jahr“, entgegnet Klaus Schulte. Er muss es wissen. Der Landwirt betreibt nicht nur die mobile Saftpresse – er arbeitet auch für den Verein Naturschutzzentrum Märkischer Kreis. Was ist der Grund für kleine Ernte?

Klaus Schulte führt zunächst das Wetter an. Westlagen bescherten dem Hönnetal im Winter und Frühjahr nicht nur Wassermassen ohne Ende, es war obendrein auch noch zu kühl. Der April fühlte sich wie ein Wintermonat an, das Monatsmittel lag 1,7 Grad unter dem langjährigen Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020. Auch der Mai kam keineswegs wie ein Wonnemonat daher. „Die Blüte war zwar lang, aber den Bienen war es zu kalt. Dann fliegen die nicht raus. Es waren höchstens ein paar Hummeln unterwegs.“ Die Schwarz-Gelben bestäubten Blüten nicht in Massen, sondern maximal in Maßen. Inzwischen hat sich das Wetter gedreht. Aus zu kühl wurde zu heiß.

Extrem warmer September

„Diese extremen Temperaturwechsel, die merkt man an den Bäumen“, weiß Klaus Schulte. „Im September hatten wir sieben Tage hintereinander mit 30 Grad: Das setzt den Bäumen schon zu. Es gibt einiges an Obst, das jetzt schon ‘runterfällt, auch wenn vom Reifezeitpunkt noch zu früh ist.“

+++ DAS JAHR DER ÄPFEL +++

Die kleine Ernte führt Klaus Schulte zumindest teilweise darauf zurück, dass manche Apfelbäume im Wechsel viel oder wenig Obst hervorbringen: „Es gibt manche Bäume, die brauchen ein Jahr Pause. Manche Sorten sind sehr stark alternierend.“ Wie sieht’s denn mit der Qualität aus?

„Da sieht es relativ gut aus“, berichtet Klaus Schulte. „Ich gehe davon aus, dass die Äpfel weniger Süße haben als sonst.“ Er räumt zwar ein, die jüngste Extrembesonnung zu vermehrter Zuckerbildung im Obst geführt habe. Dennoch reiche die Menge nicht aus, um die Fruchtsäure zu überlagern. Am Ende sei es Geschmackssache. Äpfel verdienen es nach Ansicht von Klaus Schulte, unbedingt geerntet und verarbeitet zu werden. Sehen das alle Baumbesitzer so?

Darum sammelt altere Generation Obst

Klaus Schulte verneint. Ein guter Teil der Ernte verrotte auf den Bäumen. Der Experte benennt Gründe dafür: „Entweder sind die Bäume herrenlos, stehen am Straßenrand, und niemand weiß, ob er da ernten darf. Es gibt auch Leute, die haben keine Lust zu sammeln. Und manche Leute sind einfach nicht oder nicht mehr in der Lage, zu sammeln und zu transportieren.“ Klaus Schulte findet es bemerkenswert, dass unter der älteren Generation der Obstbaum-Besitzer deutlich mehr Apfel-Liebhaber zu finden seien als bei Jungspunden. „Das merke ich auch bei meiner Saftpresse“, stellt der Fachmann fest. „Da steckt ein bisschen Geist der Kriegsgeneration drin: Wir können nicht sehen, dass etwas verkommt.“

Obst- und Gemüsetauschbörse in Mellen

Der Verein „Hönnetal im Wandel“ sieht das genauso. Deshalb stellen Vereinsmitglieder seit geraumer Zeit einen Tauschtisch gegenüber dem Landmarkt in Mellen auf dem Grundstück von Hof Drees auf. „Er ist für Überschüsse aus dem Garten gedacht“, heißt es bei Familie Hermanns. „Für Möhren, Zucchini, Kürbisse, aber auch für Äpfel und Birnen.“ Wie läuft es in diesem Jahr?

+++ REGIONALER APFELSAFT IM FÜNF-LITER-PACK +++

„Ein bisschen mau“, heißt es. Familie Hermanns ermuntert die Dorfbevölkerung, sich an der Aktion zu beteiligen. Sie lebt vom Geben und vom Nehmen. Die Obst- und Gemüsetauschbörse bleibt dem Golddorf noch eine ganze Weile erhalten. Ein Ende ist vorerst nicht abzusehen. Kein Wunder: Die Tage bleiben warm, die Nächte lau. Und ein Mix aus Sonne, Wolken und Schauern sorgt für perfektes Pflanzenwachstum. So heißt es im Netz bei wetter-balve.de.

Dass am Samstag der kalendarische Herbst beginnt, ist unumstößlich. Doch im Hönnetal hat’s noch niemand gemerkt.

Info: Klaus Schultes mobile Apfelsaft-Presse „Obst auf Rädern“, 02373-3979540 oder per E-Mail an .