Balve. Ein Traditionsbetrieb geht mit Getöse. Julian Zimmermann garniert Schritt mit Kritik an der Stadt. Rat, Verwaltung kontern. Ein Problem bleibt.

Das Traditionsunternehmen Zimmermann Druck verlässt Balve nach 93 Jahren. Bereits im kommenden Monat steht der Umzug an. Zimmermann zieht es nach Iserlohn zu einem Partnerunternehmen. Lediglich eine kleine Resteinheit bleibt im Stadtgebiet. Junior-Chef Julian Zimmermann garnierte die Nachricht mit Kritik an der Stadt Balve. Sie habe das Unternehmen bei der Suche nach einer neuen Fläche als Alternative zum hochwassergefährdeten Standort neben dem Rathaus nicht genügend unterstützt. Verwaltungsspitze und Ratsfraktionen weisen die Kritik zurück. Zugleich aber wird ein tieferliegendes Problem offenbar.

+++ MILLIONENSCHÄDEN BEI ZIMMERMANN IN BALVE +++

Zimmermann Druck hatte regelmäßig mit Hochwasser Probleme, zuletzt am 14. Juli 2021. Der Betrieb kam glimpflich davon. Dennoch war absehbar, dass derlei Schäden auf Dauer kaum versicherbar wären. Kein Wunder, dass Julian Zimmermann bereits voriges Jahr von Verlagerungsplänen sprach. Inzwischen folgen Fakten – und Vorwürfe. Was sagen die Gescholtenen?

Druckerei Zimmermann erleidet Milionenschaden nach Hochwasser. Die jüngste Wassermarke befindet sich überm Feuerlöscher (Archiv)
Druckerei Zimmermann erleidet Milionenschaden nach Hochwasser. Die jüngste Wassermarke befindet sich überm Feuerlöscher (Archiv) © WP | Sven Paul

Bürgermeister Hubertus Mühling erklärte, die Verwaltung habe mit Zimmermann über Alternativen im Braukessiepen in Garbeck und auf dem Stockmeier-Gelände in Sanssouci diskutiert. Im Juni vorigen Jahres hab es gar „ein ganz konkretes Flächenangebot im Gebiet Braukessiepen gegeben“. Unternehmen, Stadt und Planungsamt des Märkischen Kreises seien im Gespräch gewesen. Mühling: „Die in Frage kommende Fläche hätte eine für das Unternehmen ausreichende Größe geboten und hätte auch realisiert werden können.“ Es habe jedoch „keine Reaktion des Unternehmens auf diesen konkreten Vorschlag“ gegeben. SPD-Fraktionschef Cay Schmidt stimmte dem Verwaltungschef zu.

Kein Kontakt zur CDU

„In Bezug auf die Firma Zimmermann gab es konkrete Vorschläge für Flächen, um eine Lösung zu finden“, betonte CDU-Fraktionschef Alexander Schulte. „Gespräche mit der CDU-Fraktion gab es nicht, der Kontakt wurde nicht gesucht.“

„Die Nummer, die Zimmermann da abzieht, ist nicht ganz in Ordnung“, befand UWG-Fraktionsvorsitzender Lorenz Schnadt. Auch er betonte, es habe in Garbeck ein konkretes Angebot an Zimmermann gegeben: „Die Quadratmeterzahl hätte gepasst.“ Es sei ein Privatgrundstück gewesen. Der Eigentümer sei zum Verkauf bereit gewesen. Die Verhandlungspartner seien „eigentlich auch einig“ gewesen. Doch dann habe es eine überraschende Wendung gegeben. Zuletzt sei zu hören, dass Zimmermann übernommen werden wolle.

Was sagt Julian Zimmermann dazu? Er schweigt.

Die Unternehmensentscheidung kommt für die Stadt Balve zur Unzeit. „Wenn ein Unternehmen unsere Stadt verlässt, ist das immer eine schlechte Nachricht“, meinte Alexander Schulte.

+++ ZIMMERMANN HAT UMZUGSPLÄNE: WOHIN GEHT’S? +++

Der bevorstehende Weggang von Zimmermann wirft allerdings ein Schlaglicht auf die Situation der kommunalen Wirtschaftsförderung. Rat, Verwaltung und Stadtmarketing sind erklärtermaßen daran interessiert, neue Unternehmen ins Hönnetal zu locken. Neuansiedlung bedeuten zusätzliche Gewerbesteuer-Einnahmen und ein weitere Anteile an der Einkommenssteuer, vorausgesetzt ein guter Teil der Beschäftigten wohnt in Balve. Kämen Neubürger in die Stadt, würden sie obendrein den Einzelhandel mit ihrer Kaufkraft stärken. Doch im engen Hönnetal gibt es ein Problem: Der Stadt fehlt schlicht Fläche.

Am Tag, als der Regen kam: Rathaus und Druckerei Zimmermann sind am 14. Juli 2021 geflutet.
Am Tag, als der Regen kam: Rathaus und Druckerei Zimmermann sind am 14. Juli 2021 geflutet. © WP | Sven Paul

„Bei dem Thema haben wir also alle gemeinsam definitiv noch Hausaufgaben zu erledigen, damit zukünftig wieder mehr der bestehenden Flächen konkret zur Verfügung stehen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das nicht so einfach ist, wie man häufig denkt. Es gibt Vorgaben des Landes und der Bezirksregierung und am Ende müssen auch die Eigentümer vor Ort mitspielen. Diese Probleme sehen wir auch bei Baugebieten oder beim Hochwasserschutz“, sagte Alexander Schulte.

Mehr Gewerbefläche

„Wir als Stadt haben nichts mehr“, stellte Lorenz Schnadt fest. Der UWG-Fraktionschef ist vom Fach. Er leitet den Ratsausschuss USB. „Es gibt Gewerbeflächen, die gehören aber nicht der Stadt.“ Lorenz Schnadt will es aber nicht beim Wehklagen belassen. Er erinnerte daran, dass seine Fraktion bereits vor Monaten einen Antrag gestellt habe, die Stadtverwaltung möge ein Konzept zur Gewinnung zusätzlicher Gewerbeflächen entwickeln. Er sei verschoben worden, fügte Lorenz Schnadt: „CDU und SPD machen nichts. Und wir werden sogar noch geblockt.“