Balve. Balves Ortslandwirt Clemens Gödde zieht eine durchwachsene Bilanz. Seine Sicht auf Wetter, Corona und Tierwohl.
„Gestern haben wir die ersten Kartoffeln, circa 800 Kilogramm, geerntet“, erklärt Landwirt Clemens Gödde jun., inzwischen Ortslandwirt für Balveauf Kammerebene, und zeigte sich mit diesem Ergebnis recht zufrieden.
„Die Kartoffeln werden zum größten Teil direkt an den Endverbraucher vermarktet.“ Im vergangenen Jahr
sei die Ernte nicht zufriedenstellend gewesen. Die Dürre habe allen Ackerpflanzen schwer zu schaffen gemacht. Aber auch in diesem Jahr seien die Bedingungen, obwohl es mehr Regen gab, nicht optimal gewesen.
„Das Frühjahr war zu nass. Es war nicht möglich, mit dem Traktor auf den Acker zu kommen. Dadurch gab es eine spätere Aussaat als üblich. Danach war es dann sehr trocken“, verdeutlicht der Landwirt die Problematik. Spätere Aussaat mit nachfolgender Trockenheit bedeute kürzere Halmlänge und weniger Blattmasse. Dadurch gebe es wiederum weniger Photosynthese, und das bewirke einen deutlich geringeren Ertrag. „Wir sagen, das Getreide steht schlecht“, so Gödde.
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Geringere Ernten haben Auswirkungen auf den ganzen Betrieb. Denn Gödde produziert das benötigte Futter selbst. Der Hafer werde an 300 Gänse verfüttert, die Gerste und den Weizen bekämen die 800 Schweine. „Als Eiweißträger bauen wir auch Ackerbohnen an“, ergänzt der Landwirt, dem in fünf Jahren in Folge die extreme Frühjahrstrockenheit zu schaffen gemacht hat.
Die Wintergerste, circa 180 Tonnen, ist schon eingefahren. Sie ist eine der Grundlagen für das Futter der Schweine. „Nun stehen die Raps- und die Weizenernte an“, sagt der Landwirt.
„Unsere Schweineställe benötigen keine Heizung und keine Ventilatoren. Die Schweine leben in einem so genannten Tierwohlstall, einem Außenklimastall mit Stroh und Auslauf, was der Haltungsform 3-4 entspricht. Die Gänse haben, sobald das Federkleid komplett ist, freien Auslauf auf den Wiesen“, erklärt Clemens Gödde.
Frühzeitig Photovoltaik genutzt
Bei den heutigen Energiepreisen sei er froh, frühzeitig im Jahr 2009 in die Photovoltaik investiert zu haben. Man nutze den erzeugten Strom zwar nicht selbst, speise aber in das Netz ein, was vergütet werde.
Die Corona-Zeit habe auch Herausforderungen mit sich gebracht. Ab 2020 habe der Hofverkauf stark angezogen und viele neue Kunden seien dazu gekommen. Nun, nach dem Ende der Pandemie, kämen wieder weniger, aber der Kundenbestand sei insgesamt doch deutlich höher als zur Zeit vor Corona. Ein ansehnlicher Teil der Kundinnen und Kunden sei geblieben. Das Sortiment ist im Laufe der Zeit gewachsen. „Fleisch und Kartoffeln kommen aus eigener Produktion“, erklärt Gödde. Dies mache den Hauptanteil am Direktverkauf aus. Hinzu kämen Milchprodukte aus Unna und Eier aus Fröndenberg. Fisch komme in Form von geräucherten Forellen und geräuchertem Lachs aus Elspe. Frische Forellen gebe es auf Bestellung. Viel nachgefragt werde auch das Steinofenbrot vom Holzofenbäcker Hubert Deitmerg aus Werdohl sei in einem etwas breiteren Sortiment im Verkauf.
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„Schweinefleisch verkaufen wir im Hofladen und über einige Rewe-Märkte. Dort können die Kundinnen und Kunden von 8 bis 18 Uhr auf dem Bildschirm live per Kamera in unseren Stall blicken.“
Napoleon und die 500 Jahre alte Eiche
Draußen auf dem Hof steht eine 500 Jahre alte Eiche. Einige vertrocknete Äste zeigen, dass auch alte, knorrige Bäume mit Alterserscheinungen kämpfen müssen. „Auf einem Foto von 1936 sieht man schon trockene Äste. Dies ist aber kein Wunder, denn der Baum stand schon lange hier, als unsere Familie 1805 auf den Hof kam. „Eigentlich haben wir das Napoleon und der Säkularisation zu verdanken“, so Clemens Gödde sen. In der Säkularisation von 1803 habe man Klöster und Kirchenbesitz aufgehoben und enteignet. „1805 heiratete dann hier ein Gödde ein. Jetzt sind wir über 200 Jahre hier“, machte der Senior des Hofes deutlich. Gödde jun.: „So lange es geht, werden wir die Eiche erhalten.“