Benkamp. Klimawandel: Er ist im Hönnetal spürbar. Doch die Erntebilanz fiel besser aus als befürchtet.

Die Worte waren klar, und sie waren deutlich. „Wir befinden uns mitten im Klimawandel“, begrüßt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes, Ulrich Brinckmann, die Teilnehmer des Erntegespräches des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes auf dem Hof von Kathrin und Clemens Gödde am Balver Benkamp.

Dr. Christina Große-Frericks , Vorsitzende des Öffentlichkeitsauschusses und stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende
Dr. Christina Große-Frericks , Vorsitzende des Öffentlichkeitsauschusses und stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende © WP | Sven Paul

Das Jahr 2022 hat laut Brinckmann nicht nur Schlechtes auf den Feldern gebracht. „In diesem Jahr hat trotz allem die Getreideernte gute Mengen und Qualitäten gebracht. Unsere Wiesen indes haben nach einem guten Start im Frühjahr unter der Trockenheit und Hitze im Sommer gelitten. Das im Sauerland geerntete Gemüse ist in diesem Jahr deutlich kleiner geworden, aber dafür sehr schmackhaft.“

Das Erntejahr sei laut Brinckmann durch einen grünen Winter sehr gut gestartet. Es sei anfangs sehr viel Wasser im Boden gewesen, aber anfangs noch etwas zu kalt. Erst im April legte die Natur einen Turbo ein und ließ die Aussaat gut wachsen.

Mais mit kleinen Kolben

Nach anfangs guten Bedingungen machte der Klimawandel mit seiner langen Dürre den Landwirten aber starke Probleme. „Ab Juli hat zum Beispiel der Mais angefangen, seine Kolben zu bilden. Durch den Wassermangel waren die Pflanzen aber nicht in der Lage, diese vollständig auszubilden. Auf den ersten Blick sah der Mais gut gewachsen aus, aber seine Frucht, der Kolben, ist durch den Wassermangel schlecht ausgebildet und außerdem zu schnell gereift. Aber auch das Gemüse hatte zu wenig Wasser, sodass die Landwirte ihre Felder extra bewässern mussten. Bei der Kartoffelernte, welche auch stark reduziert ist, kam noch dazu, dass der Boden hart wie Beton war und die Kartoffeln beim Abernten oft beschädigt wurden. Der Boden ist wie Schmirgelpapier und hat die Schalen sehr oft verletzt und abgerieben.“

Getreide sonnig, Gras braun und Gemüse kleiner: Ulrich Peterschulte, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes
Getreide sonnig, Gras braun und Gemüse kleiner: Ulrich Peterschulte, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes © WP | Sven Paul

Positiv an diesem Sommer war, dass durch die Trockenheit die Pflanzen weniger von Schimmel, Pilzen oder anderen Schädlingen befallen wurden. „Wir konnten auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sehr oft verzichten. Uns wird eh der Einsatz von Schutzmitteln durch die Einschränkungen aus Brüssel immer mehr erschwert. So schreibt uns die EU vor, den Einsatz von diesen in Zukunft noch einmal um 50 Prozent zu reduzieren.“

Nicht gut zu sprechen sind die Landwirte auf den deutschen Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir. Brinckmann: „Die Politik in Berlin macht zu wenig für uns Landwirte. Damals im Wahlkampf hat Minister Özdemir viel versprochen, aber bis jetzt noch nichts davon umgesetzt.“ Landwirtschaft habe laut Brinkmann schon immer auf Veränderungen reagiert. Genau diesen Willen vermisse er aber bei der Politik.

Früherntejahr bei allen Kulturen

Zum Erntejahr bilanzierte der Vorsitzende zu seiner Getreideernte: „Wir konnten gute Mengen und Qualitäten ernten, bei der anhaltenden Trockenheit hatten wir lange Erntefenster, was zu einer stressfreien Ernte führte. Es war“, so Brinkmann weiter, „im Großen und Ganzen kein schlechtes Jahr für Ackerbau.“ Er spricht von einem „Früh-Erntejahr“, das sich über alle Kulturen hinwegziehe.

Der Affelner Landwirt Ulrich Peterschulte beschreibt als Vorsitzender des landwirtschaftlichen Ortsverbandes Balve-Neuenrade eine Besonderheit aus den beiden Gemeinden. „Wir haben vor Ort – wie auch hier auf dem Hof von Clemens Gödde – eine sehr große Vielfalt an Direktvermarktern unterschiedlichster Richtung. In Hoch-Zeiten der Pandemie wurden unsere Bauernläden geradezu überrannt von den Kunden. Derzeit stellen wir aber leider wieder einen Rückgang fest. Die Menschen müssen durch die Krise durch den Krieg in der Ukraine wieder mehr auf ihr Portemonnaie schauen und sparen dann wieder schnell beim Essen. Dabei wird doch allerorts eine regionale, saisonale Ernährung propagiert. Hier bei uns in den Hofläden jedenfalls gibt es jedenfalls vom Schnitzel über das Ei, Gemüse, Käse und Wurst bis hin zum Gänsebraten alles frisch aus Balve.“

Getreide sonnig, Gras braun und Gemüse kleiner: v.l.n.r: Ulrich Brinckmann, Ulrich Peterschulte, Kathrin Gödde, Clemens Gödde, Dr. Christina Große-Frericks, Hendrik Vedder
Getreide sonnig, Gras braun und Gemüse kleiner: v.l.n.r: Ulrich Brinckmann, Ulrich Peterschulte, Kathrin Gödde, Clemens Gödde, Dr. Christina Große-Frericks, Hendrik Vedder © WP | Sven Paul

Doch Clemens Gödde sieht skeptisch in die Zukunft. „Wir setzten komplett auf eigene Vermarktung. Es muss alles, für die Kunden bezahlbar bleiben. Wir bauen unser Getreide für unsere Schweinemast selber an. Wir haben 2022 einen neuen Stall mit Außenklima für die Tiere gebaut und bieten hier Qualität an. Es ist eine spannende Situation, wie sich das alles entwickelt.“