Balve. Die „Jedermann“-Premiere in der Pfarrkirche St. Blasius feiert eine tolle Premiere. Das Ensemble des Schauspielvereins begeistert.

Die monatelange Probenarbeit und Vorbereitung des Festspielvereins Balve hat sich gelohnt. Mit Standing Ovations feierte das Publikum am Freitagabend die Jedermann-Aufführung in der Pfarrkirche St. Blasius.

Aufführung des
Aufführung des "Jedermann": Standing Ovations gab es vom Publikum für das Ensemble des Festspielvereins und die Regisseurin Marie Neuhaus-Schwermann nach der Erstaufführung des Jedermann am Freitagabend  in der Pfarrkirche St. Blasius © Bernhard Schlütter | Bernhard Schlütter

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Knapp zwei Stunden lang zog das Ensemble des Schauspielvereins das Publikum in den Bann des barocken Schauspiels von Hugo von Hofmannsthal. Der reiche Jedermann wird unvermittelt mit dem Tod konfrontiert. Vor dem unausweichlichen Lebensende muss er feststellen, dass all sein Geld und seine vermeintlichen Freunde nichts wert sind. Aber seine spärlichen guten Taten und sein plötzlich entdeckter Glaube retten ihn vor dem Teufel und lassen ihn gereinigt vor Gott treten.

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Michaela Butterweck mit überzeugender Vorstellung

Jannis Grafen hat einen erfrischenden Auftritt als Mammon.
Jannis Grafen hat einen erfrischenden Auftritt als Mammon. © Bernhard Schlütter | Bernhard Schlütter

In der Rolle des Jedermann zeigt Michaela Butterweck eine überzeugende Vorstellung. Sie schafft es, in Hofmannsthals Originaltext aktuelle Akzente zu setzen. So bei der Betonung „Mein Schatz“, die an die Figur Gollum im Fantasy-Epos Herr der Ringe erinnert. Jörg Leiß gibt seiner Rolle als Jedermanns guter Gesell eine gehörige Portion Verschmitztheit mit.

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Regisseurin Marie Neuhaus-Schwermann orientiert sich in ihrer Inszenierung am Original. Die Sprache ist altertümlich, der Text in Reimform. Unterhaltsame und moderne Tupfer setzt sie aber mit der Einbindung des Festspielchores, der die Lieder „Dein ist mein ganzes Herz“ von Heinz Rudolf Kunze und „Griechischer Wein“ von Udo Jürgens ansingt. Die Sängerinnen und Sänger wirken außerdem als Schauspieler in den Massenszenen mit.

Dirk Büchsenschütz verkörpert den Tod auf beeindruckende Weise

Den Tod verkörpert Dirk Büchsenschütz auf beeindruckende Weise. Hinter der bleichen Maske glühen seine Augen, seine Bewegungen sind sparsam, aber irgendwie elegant fließend. Und wenn er mit düsterer Stimme „Je-der-mann!“ ruft, können die Zuschauer dessen Angst vor dem Tod nachvollziehen.

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Jedermann ist schwere Theaterkost. Die Dia- und Monologe verlangen dem Publikum große Aufmerksamkeit ab. Das ist umso dankbarer für humorvolle Akzente, die in der Balver Inszenierung von Mammon und – ja ausgerechnet – dem Teufel gesetzt werden. Mammon Jannis Grafen taucht im goldenen Ganzkörperanzug aus der Schatztruhe auf und erntet prompt Szenenapplaus. Der Teufel wird von Celina Otto als Teufelchen dargestellt, das den plötzlich entdeckten Glauben Jedermanns einfach zum Kotzen und die Barmherzigkeit Gottes ungerecht findet.

Jedermann ist tot. Begleitet vom Glauben und den guten Werken kann sie gereinigt vor Gottes Richterstuhl treten.
Jedermann ist tot. Begleitet vom Glauben und den guten Werken kann sie gereinigt vor Gottes Richterstuhl treten. © Bernhard Schlütter | Bernhard Schlütter

Den Schlusspunkt setzt erneut der Festspielchor mit dem Lied „Time to leave“. Zeit zu gehen auch für die Zuschauer, die eine klasse Aufführung gesehen haben und dank wärmender Decken in der Kirche nicht frieren mussten.

Schauspiel von Hugo von Hofmannsthal feierte 1920 Premiere in Salzburg

Der Vorsitzende des Festspielvereins, Lukas Koch, hatte in seiner Begrüßung an das 100. Jubiläum des Theaterspiels in der Balver Höhle erinnert und den Bezug zum Jedermann dargestellt. Das Schauspiel von Hugo von Hofmannsthal feierte 1920 Premiere in Salzburg und wird seitdem dort jährlich aufgeführt. 1922 fand die erste Laienaufführung in der Balver Höhle unter der Leitung von Theodor Pröpper statt. Zeitlos wie die Botschaft des Jedermanns ist ein Zitat Pröppers, an das Lukas Koch erinnerte: Das Laienspiel reiße gesellschaftliche Schranken nieder. Schauspiel sei im wahrsten Sinne des Wortes für jeden da.

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„Jedermann“ wird noch viermal aufgeführt: am 11./12. November und am 18./19. November. Die Vorstellungen in der Pfarrkirche St. Blasius beginnen jeweils um 20 Uhr. Es gilt freie Platzwahl. Tickets kosten 22 Euro (20 Euro ermäßigt). Kinder bis 14 Jahre zahlen 15 Euro. www.festspiele-balver-hoehle.de/event/jedermann; Telefon: 02375/1030

Erbarmungslos erweist sich der reiche Jedermann gegenüber dem verschuldeten Knecht (Darko Tesic).
Erbarmungslos erweist sich der reiche Jedermann gegenüber dem verschuldeten Knecht (Darko Tesic). © Bernhard Schlütter | Bernhard Schlütter