Balve. Evangelische Gemeinde Balve und Gemeindeverband Ruhr-Mark schlagen Alarm. In ihren Kitas gibt es Personalprobleme durch Wegzug. Was tun?

Das Angebot an Erzieherinnen und Erziehern im Hönnetal ist offenbar auf Kante genäht. Das spüren Kita-Träger, wenn sie Stellen nachbesetzen müssen. Dadurch ergeben sich zuweilen Einschränkungen im Angebot der Einrichtungen.

Die Balver Pfarrerin Antje Kastens
Die Balver Pfarrerin Antje Kastens © Westfalenpost | Antonia Mertens

„Wir suchen nach Wegzug einer langjährigen Mitarbeiterin/Erzieherin händeringend und intensiv nach ein oder zwei Erzieherinnen oder Erziehern“, erklärte Pfarrerin Antje Kastens von der Evangelischen Gemeinde Balve. Die Gemeinde ist Trägerin der Kita „Arche Noah“ an der St. Johannesstraße. „Wir brauchen Fachkräfte, um die laut Kibiz geforderten Personalstunden abzudecken.“

Davon hängt ab, welche Gruppenstärke, welche Kind-Aufnahme Familien im Kindergartenjahr 2022/23 zusagen können. Das neue Kindergartenjahr beginnt am 1. August. Was die Lage in der „Arche Noah“ nicht leichter macht: Die ausgeschiedene Erzieherin war zugleich Gruppenleiterin. Sie sei Weihnachten mit ihrer Familie ihrem Mann nachgezogen. Die Arbeit verschlug ihn nach Süddeutschland. Was hat die Gemeinde seither unternommen?

Personalsuche sogar auf TikTok

„Seit wir von ihren Plänen wussten, suchen wir auf per Presse-Anzeige, Homepage und Radio, persönliche Ansprache, auch auf Instagram und TikTok“, erläutert Pfarrerin Kastens. Die Suche war bisher mühselig. „Weil es sich um einen zumeist weiblich ausgeübten Beruf handelt, spüren wir den Nachteil einer Region außerhalb der industriellen Schwerpunkte Deutschlands. Singles achten auf Nähe ihren Freunden, Familien ziehen dem Haupterwerber hinterher“, weiß Pfarrerin Kastens.

+++ LUFTREINIGER FÜR SCHULEN UND KITAS: BALVER VERMARKTET SIE +++

Kitas spüren inzwischen Konkurrenz durch erweiterte Ganztagsangebote der Schulen. So werden beispielsweise Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sowie Erzieherinnen und Erzieher für die Übermittagsbetreuung gesucht. Noch etwas kommt dazu: „Oft hören wir, Kindergartenarbeit sei demgegenüber anstrengender, gerade in Corona-Zeiten“, sagt Pfarrerin Kastens.

Thorsten Herrmann ist Geschäftsführer der Trägergesellschaft der katholischen Kitas Ruhr-Mark, Martina Kuhlmann ist pädagogische Fachfrau. Das Bild entstand im Propsteihof in Dortmund.
Thorsten Herrmann ist Geschäftsführer der Trägergesellschaft der katholischen Kitas Ruhr-Mark, Martina Kuhlmann ist pädagogische Fachfrau. Das Bild entstand im Propsteihof in Dortmund. © WP | jürgen overkott

Zugleich betont sie die sinnstiftende Tätigkeit mit Vorschulkindern. Diese Art der erzieherische Arbeit sei „auch sehr erfüllend. Es ist Saat auf Zukunft, von der man in Balve oft noch sieht, wie sie aufgeht. Unsere Kindertageseinrichtung hat zudem den Vorteil, sehr familiär zu sein. Das einzelne Kind und die Sorgen und Aufgaben der Familien dahinter werden noch gesehen.“

+++ KITA-TRÄGER RUHR-MARK KRITISIERT LAND NRW +++

Außerdem verweist Pfarrerin Kastens auf die langjährige Erfahrung von Kita-Leiterin Anja Sanden. Obendrein stehe hinter der Einrichtung ein engagierter Förderverein.

Pfarrerin Kastens betonte die Bedeutung der Einrichtung für die Gemeinde. Sie trage „zur Vielfalt der Kita-Angebote in Balve bei“. Kindergarten-Presbyterin Jutta Wilmes sei „fast täglich“ im Kontakt mit der Kindergartenleitung. Das Presbyterium wolle die Kita „unbedingt erhalten“, es komme aber „allmählich an seine Grenzen“.

+++ KITA-GEBÜHREN IN BALVE WERDEN GERECHTER VERTEILT +++

Ähnlich Martina Kuhlmann vom Kita-Träger Katholischer Gemeindeverband Ruhr-Mark: „Die Problematik des Fachkräftemangels trifft jeden Träger. Wenn Mitarbeitende ausfallen beziehungsweise ausscheiden ist es schwierig, Stellen nachzubesetzen. Auch in einer unserer Einrichtungen können wir derzeit eine Stelle nicht besetzen. Da wir zu Beginn des Kindergartenjahres die Einrichtung personell gut ausstatten konnten, müssen wir keine Einschränkungen bei der Betreuung der Kinder vornehmen. Wir vergeben die Plätze entsprechend unserer Betriebserlaubnisse und der daraus resultierenden Vereinbarungen mit dem Kreisjugendamt. Es haben mehr Familien einen Bedarf angemeldet, als wir in unseren Kindertageseinrichtungen aufnehmen können.“

Kita St. Antonius im Integrationszentrum Beckum: Träger ist der Gemeindeverband Ruhr-Mark.
Kita St. Antonius im Integrationszentrum Beckum: Träger ist der Gemeindeverband Ruhr-Mark. © WP | Jürgen Overkott

Pfarrerin Kastens sieht ein grundsätzliches Problem in der Region. Der Personalmangel habe sich „über Jahre aufgebaut“. Inzwischen sei „politisches Handeln gefragt“.