Balve. Der Gesundheitscampus Balve gilt als Vorzeigemodell. Der Gründung ging ein qualvoller Klinik-Tod voran. Ex-Rendant Alfons Rath erinnert sich.
Die Bürgerstiftung Balve erhält am Mittwoch hohen Besuch aus Berlin. Eine Vertreterin der Stiftung Aktive Bürgerschaft kommt. Die Stiftung gehört zur Volksbank-Gruppe; sie fördert gemeinnützige Vorhaben. Eines der ersten Vorhaben war Geburtshilfe für den Gesundheitscampus Sauerland. Die Verbindung zwischen Hönnetal und Spree-Metropole entstand nicht ganz zufällig. Der heimische Volksbank-Chef Karl-Michael Dommes sitzt im Stiftungsvorstand.
Das klingt nach einer Erfolgsgeschichte. Doch die Geschichte des Campus ist weitaus komplizierter. Der sprichwörtlichen Geburtsstunde des Campus ging ein quälendes Klinik-Sterben voraus: das Ende des Balver Krankenhauses. Alfons Rath hat es hautnah erlebt. Als Rendant der Katholischen Gemeinde St. Blasius hat er das lange Siechtum miterlebt, mehr noch, miterlitten. Für ihn ist die Klinik ein Herzblut-Thema. Bei seiner Geburt wurde der kleine Alfons für tot gehalten; er hat es allen gezeigt.
Eine aktuelle Studie der Robert-Bosch-Stiftunghat bei ihm gewissermaßen alte Wunde aufgerissen. Die Experten für das Gesundheitswesen sagen voraus, dass weitere kleine Krankenhäuser geschlossen werden. Der Märkische Kreis gilt ausdrücklich als Gefahrenzone. Rath ahnt, dass Menden bevorsteht, was Balve längst hinter sich hat.
Chronik eines langsamen Todes
Wir treffen uns in seinem Haus hoch über der Stadt. Der ehemalige Geschäftsführer des Wohnungsbauunternehmens Planbau geht strukturiert vor. Den langsamen Tod des Balver Krankenhauses hat er auf 18 Seiten dokumentiert. Zwischen November 2011 bis Mitte Juli 2012 kam allein der Kirchenvorstand knapp 25 Mal zusammen. „Nicht gezählt“, notiert Rath, „sind weitere Termine und Besprechungen.“
Dem Abriss der Verhandlungen hat Rath ein Register der betroffenen Einrichtungen und damals handelnden Personen vorangestellt. Es liest sich wie eine Skizze für ein Drehbuch oder, wie böse Zungen sagen, für einen Krimi.
Rath sieht die Entscheidung des Erzbischöflichen Generalvikariats, das Balver Marienhospital mit dem Krankenhaus St. Elisabeth in Iserlohn zusammenzulegen, als Anfang vom Ende. Das Generalvikariat habe Bedenken abgewiegelt. Der Zusammenschluss, so habe es geheißen, sichere den Bestand der Balver Einrichtung. Es kam anders.
Rath weist auf vielfältige Bemühungen hin, das Krankenhaus in der Stadt zu erhalten:
Da gab’s die Unternehmerfamilie Hertin, allen voran Wilhelm Hertin, dazu die Gemeinde sowie Landarzt Paul Stüeken, das Generalvikariat, zudem die Stadt Balve.
Da gab’s Klinik-Fachmann Otmar Köck und Balves Bürgerstiftung.
Da gab’s die Balver Schützen und die Heimwacht.
Und schließlich gab es Ingo Jakschies, die Campus-Gesellschaft und die Balver Bürgergesellschaft.
Zum großen Knall kam es am 28. Oktober 2011. Damals bilanzierte Klinik-Betreiber KKiMK, das Minus des Marienhospitals betrage 1,4 Millionen Euro. Rath: „Die ,Minuszahlen’ machten mir Sorgen.“ Nicht nur ihm: Die Aufregung war groß. Eine Demo folgte. Zu einer Podiumsdiskussion kamen 2800 Teilnehmer. Anfang 2012 trafen sich Kirchenvorstand und KKiMK – zu einem scheinbar guten Gespräch. Rath indes fühlte sich „im Nachhinein regelrecht verarscht“.
Bereits am 20. Januar präsentierte Jakschies, heute Campus-Geschäftsführer, ein Belegarzt-Konzept. Rath sagt, am 19. Februar die Idee aufgebracht zu haben, Grundstück und Gebäudewert mit den Abbruchkosten zu verrechnen. Rath kam auf den symbolischen Kaufpreis von einem Euro. So kam es auch. Das Foto hütet Rath wie einen Schatz.