Balve steht vor einem Mega-Deal mit dem Ruhrverband. Bürgermeister und Kämmerer haben Vorarbeit geleistet. Diese Infos erhielt der Rat.
Balve Es ist gilt in der Kommunalpolitik als offenes Geheimnis, dass Versammlungen des Ruhrverbands den einschläfernden Charme von Valium besitzen. Erlösung, lästern Kenner der Materie, verspreche einzig die Aussicht aufs Büffet. Schlaufüchse in der Kommunalpolitik indes sehen das ganz anders. Einer von ihnen ist Bürgermeister Hubertus Mühling (CDU). Er spitzte die Ohren, als er davon hörte, dass Verbandsmitglieder wie Schalksmühle, Schmallenberg, Meschede und nicht zuletzt Hattingen Mega-Deals mit dem Ruhrverband eingetütet haben. Dass die Abwassergenossenschaft mit Sitz in Essen allein für Hattingen 110 Millionen Euro in die hoch verschuldete Ruhr-Stadt fließen ließ, zauberte Balves Verwaltungschef Glanz in die Augen. Jetzt plant er für die Hönne-Stadt ein ähnlich dickes Ding. Ruhrverbandschef Norbert Jardin stellte es am Mittwoch im Rat vor.
Mühling hatte bei der Sitzungsregie daran gedacht, dass es am Mittwoch Wichtigeres als Kommunalpolitik geben würde: den Europameisterschaftskick zwischen Deutschland und Ungarn. Daher bat er den Ruhrverbandsgewaltigen um kompakte Darstellung. Tatsächlich war der Herr der Zahlen binnen 30 Minuten fertig. Was hatte er zu sagen?
Jardin betonte, der Ruhrverband sei ein öffentlich-rechtliches Unternehmen. Der Verband dürfe keine Gewinne erwirtschaften – dafür bleibe den Mitgliedern der Genossenschaft eine Insolvenz erspart.
Die graue Eminenz der NRW-Abwasserwirtschaft betonte, trotz einer denkbaren Übertragung des städtischen Kanalnetzes an den Ruhrverband bleibe die Stadt juristische Eigentümerin der Anlagen. Die Kommune behalte zudem „sämtliche satzungsrechtlichen Hoheiten“. So lege die Stadt weiterhin die Gebührensätze fest. Der Stadt bleibe auch das Planungsrecht. Ruhrverbandsfinanzchef Heiko Witulski werde der Satz zugeschrieben: „Kein Bagger ohne Ratsbeschluss.“
Warum, bitte, sollte Balve seine Kanalisation dem Ruhrverband überantworten? Jardin: „Die gesetzlichen Anforderungen werden immer höher.“ Zudem gebe es immer wieder Personalprobleme auf kommunaler Seite – gerade bei kleinen Städten.
Der Ruhrverband verspricht sich von einer Übertragung des Kanalnetzes „Synergien“. Er könne Personal wie Material besser einsetzen. Der Ruhrverband beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter.
Zuvor hatte sich Mühling, Abwasser-Ingenieur wie Jardin, für den Deal stark gemacht: „Kanal und Kläranlage sind immer eine Einheit.“ Getrennte Träger für beide Systeme seien nicht sinnvoll.
Stadtwerke-Chef Hans-Jürgen Karthaus erhofft sich von dem Deal einen Befreiungsschlag für Balves Etat: Entschuldung, Gebühren-Stabilität, Ablösung von Kassenkrediten und Freiräume für Investitionen.
Bei den Verhandlungen drücken Stadt-Spitze und Ruhrverband aufs Tempo. Ein Vertrag soll bereits 2023 in Kraft treten. Falls das Projekt nicht so läuft wie erwünscht, kann der Kontrakt aufgelöst werden.
Am Ende befand SPD-Fraktionschef Cay Schmidt: „Wir haben die ganze Zeit danach gesucht, wo ist der Haken? Wir haben aber nichts gefunden.“