Balve/Essen. Die Stadt plant ein Mammut-Projekt: Sie will das Kanalnetz an den Ruhrverband verkaufen. Was steckt dahinter?

Eines ist klar: Sollte sich der Rat zu einem Verkauf des städtischen Abwassernetzes an den Ruhrverband entschließen – es wäre ein Mammut-Projekt. Kein Wunder, dass die Verwaltung für die Ratssitzung am Mittwoch, 23. Juni, das Vorhaben zunächst vorstellt und dann den Fraktionen Zeit zur Beratung gibt. Worum geht es?

Der Ruhrverband reinigt Abwasser in Wocklum (und an zwei weiteren Stellen im Balver Stadtgebiet).
Der Ruhrverband reinigt Abwasser in Wocklum (und an zwei weiteren Stellen im Balver Stadtgebiet). © WP | Alexander Lück

Die Aufgabe der Abwasserbeseitigung wird bislang sowohl vom Ruhrverband als auch von der Stadt Balve wahrgenommen. Das lässt die Vermutung, dass es zumindest in Teilbereichen eine Doppelung der Aufgaben gibt. Seit 2016 gibt das Land den Kommunen die Möglichkeit, ihre Abwasserbeseitigungspflicht vollständig auf den Wasserverband zu übertragen können – falls er zustimmt.

Betriebsführung sowie Pflichten und Risiken – einschließlich der Haftungsrisiken – gingen auf den Verband über, heißt es in der Vorlage. Und: „Bei der Stadt verbleiben die Satzungshoheit, die Gebühren- und die Planungshoheit.“ Für Kalkulation und Erhebung der Abwasserbeseitigungsgebühren zeichne weiterhin die Stadt verantwortlich.

Der Ruhrverband würde die Stadt in der Wahrnehmung sämtlicher Zuständigkeiten unterstützen. Alle übernommenen Aufgaben werden in enger Abstimmung mit der Stadt durch den Ruhrverband erledigt. Der Verband hat bereits Erfahrung in Balve. Er betreibt die drei Kläranlagen im Stadtgebiet. Die Betriebsführung des Kanalnetzes der Stadt Balve würde in die dezentrale regionale Betriebsstruktur des Ruhrverbandes integriert. Die Verwaltung erhofft sich von einem Verkauf des Abwassernetzes „vor allem wirtschaftliche Synergien“.

Öffentlich-rechtliches Unternehmen

Belebungsbecken, hier wird der Schmutz im Abwasser von Mikroorganismen verarbeitet.
Belebungsbecken, hier wird der Schmutz im Abwasser von Mikroorganismen verarbeitet. © WP | Alexander Lück

Stadt und Stadtwerke würden wegen ihrer Zuständigkeit für die Gebühren „weiterhin als Ansprechpartner gegenüber dem Bürger präsent bleiben“. Der Ruhrverband würde eine Anlauf- und Beratungsstelle für Bürger einrichten. Thema wäre technische Betriebsführung.

Der Ruhrverband in Essen ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen. Es arbeitet wirtschaftlich, darf jedoch keinen Gewinn erzielen. Er betreibt zur Wasserversorgung von 4,6 Millionen Menschen. Zudem reinigt der Verband Abwasser für 60 Städte und Gemeinden im Einzugsgebiet von Ruhr und Lenne.