Langenholthausen. Corona hat Langenholthausens Förderverein für Therapeutisches Reiten getroffen. Dabei ist seine Arbeit so wichtig. Patientin Gabi Rohr erzählt.

Mancher gesundheitlicher Fortschritt wirkt wie ein Wunder. Gabi Rohr, chronisch krank, kann wieder Balance halten. Reittherapeutin Kirsten Reppel-Böhmer weiß genau, was dahintersteckt: harte Arbeit, Einfühlungsvermögen, das Sich-Aufeinander-Einlassen von Mensch und Tier. Kirsten Reppel-Böhmer arbeitet bei dem Förderverein „Reiten für Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung“ in Langenholthausen. Doch die Arbeit des Vereins ist gefährdet. Er ist durch Corona in eine finanzielle Schieflage gekommen. Spenden sind derzeit bitter nötig.

Spendenübergabe von den Balver Schützen an den Förderverein, links nach rechts: Pfarrer Andreas Schulte, Christoph Rapp (Vorsitzender Balver Schützen), Nicole Müller-Westernacher und Kirsten Reppel-Böhmer (Vorstand Förderverein), Thomas Scholz, Marc Schulte (Vorstand Balver Schützen)
Spendenübergabe von den Balver Schützen an den Förderverein, links nach rechts: Pfarrer Andreas Schulte, Christoph Rapp (Vorsitzender Balver Schützen), Nicole Müller-Westernacher und Kirsten Reppel-Böhmer (Vorstand Förderverein), Thomas Scholz, Marc Schulte (Vorstand Balver Schützen) © wp | Alexander Lück

Langenholthausen im Herbst. Fünf, vielleicht zehn Minuten an diesem kalten und verregneten Morgen sitzt Gabi Rohr auf Stute Tonks. Konzentrierte Miene, sichtbar angestrengt. Mit einem Mal aber beginnt Gabi Rohr zu strahlen. Ihr Becken nimmt federnd die Bewegungen des Pferdes auf, der Vierbeiner zieht das Tempo an, wechselt vom Schritt in den Trab. Scheinbar wirkt diese Veränderung wie von Zauberhand herbeigeführt. Das ist sie aber nicht, und das kann Reittherapeutin und -lehrerin Kirsten Reppel-Böhmer erklären. Das Pferd kann sich in die Person auf seinem Rücken bestens hineinfühlen. „Das Pferd merkt außerdem sofort, wenn man schief sitzt“, erklärt Reppel-Böhmer. Aber auch: „Tonks ist eine kleine Diva, die einen Reiter braucht, der zu verstehen gibt, wer der Chef ist“, lacht die Therapeutin.

Tonks’ Chefin ist Gabi Rohr. Sie hat eine nervliche Erkrankung im Kleinhirn. Womöglich wird die 62-Jährige eines Tages an den Rollstuhl gefesselt sein. Berufsarbeit ist für sie passé. Rohr wohnt in Arnsberg-Holzen, Eisborn ist nahe, mitten im Grünen. Schon als Mädchen begann sie zu reiten, nahm erfolgreich an Dressurwettbewerben teil.

Trotzdem war für Rohr einiges neu, als sie vor etwa drei Jahren in Langenholthausen mit dem therapeutischen Reiten beginnen konnte. Denn die alte Sicherheit im Umgang mit den Pferden war wegen der Nervenerkrankung nicht mehr da. Gabi Rohr hat eine Gangunsicherheit. Für Außenstehende mag es manchmal wirken, als sei sie betrunken, wie sie selber erzählt.

Frust bei erstem Kontakt

Gabi Rohr auf Therapiepferd Tonks
Gabi Rohr auf Therapiepferd Tonks © wp | Alexander Lück

So machte sich anfangs beim Kontakt mit den Vierbeiner auch Frust bei ihr breit. „Ich musste anerkennen, dass es körperlich nicht mehr so geht wie früher – und stattdessen anfangen, mich über die kleinen Dinge und Erfolge zu freuen.“ Für den Erfolg der Reittherapie war diese Erkenntnis wesentlich, erzählt Reppel-Böhmer.

Rohr einfach zusammen mit Stute Tonks. Die beiden sind ein Herz und eine Seele. „Ich profitiere total von der Empathie des Pferdes“, sagt Rohr. „Das Kuscheln mit ihr ist ganz wichtig. Tonks merkt auch, wenn es mir schlecht geht.“ Rohr bereitet die Stute für den Ritt größtenteils eigenverantwortlich vor.

Was sind die positiven Folgen des Reitens? Auch noch einen bis zwei Tage danach gehe sie deutlich sicherer, erzählt Rohr. Auf dem Rücken von Tonks wird ihre Tiefenmuskulatur angeregt, ihr Sitz und nach dem Absteigen auch der Gang wird dadurch gerader, aufrechter.

Aber die Arbeit ist zeitaufwendig und daher nicht billig. Doch Corona bleibt auch hier nicht ohne Folgen. Die medizinisch notwendige Arbeit ist auch im aktuellen Teil-Lockdown möglich. Nicht aber die normalen Reitstunden und -gruppen. Was neben dem finanziellen Aspekt vor allem ein anderes Problem mit sich bringt. „Das Pferd muss zwischendurch auch mal Pferd sein dürfen, sich auspowern“, erklärt das Reppel-Böhmer über ihr zwei Handvoll tierischen Mitarbeiter. Therapie ist auch für den Vierbeiner harte Arbeit. Sportlicher Ausgleich ist nötig – bei Mensch wie Tier.

INFO: SCHÜTZEN-HILFE

Die Corona-Krise trifft den Förderverein „Reiten für Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung“ in Langenholthausen – wie so viele Einrichtungen im Hönnetal.

Dem Verein fehlen in diesem Jahr auch Geld- und Sachspenden, wie die Vorsitzende Nicole Müller-Westernacher erklärte. Einige Strohspenden kamen nicht, außerdem bekam man sonst Einnahmen vom Motorradgottesdienst in Neuenrade geschenkt. Auch Erlöse durch eigene Veranstaltungen fehlen. Müller-Westernacher: „Wir sind aber optimistisch, es zu schaffen.“

Dabei helfen die Balver Schützen, die 1000 Euro an den Verein spendeten – Erlös einer Benefizaktion am Happy Einkaufstag in Balve. Derselbe Spendenbetrag ging an den DeCent-Laden und das Hospiz in Olpe.