Balve. Bürgermeister Hubertus Mühling will die Stadtverwaltung verjüngen - und er will Bewegung im Steinbruch-Streit. Für ihn ist Lhoist am Zug.
Für Bürgermeister Hubertus Mühling (CDU) ist nach der Kommunalwahl fast wieder Alltag eingekehrt – Zeit für einen Rückblick auf den Wahlkampf und, wichtiger noch, für einen Ausblick auf seine kommende Amtszeit.
Die CDU hat einen Sitz dazu gewonnen. Wie verändert sich ihr Verhältnis zum Bürgermeister? Tritt sie selbstbewusster auf?
Hubertus Mühling Das kann man so sagen. Das kann sie, und das darf sie. Die CDU hat der UWG einen Sitz abgenommen, die ja die absolute Mehrheit brechen wollte. Das hat sie nicht geschafft.
Bei der CDU habe ich im Wahlkampf Themen gesehen, die den Grünen oder der SPD gut zu Gesicht gestanden hätten. Fährt die CDU eine Umarmungsstrategie?
So parteipolitisch würde ich das gar nicht sehen. Wir machen Kommunalpolitik. Das ist weniger eine Farbenlehre. Das hat mehr mit den Themen des Ortes zu tun. Man kann das ja auch bei den Kandidaten sehen. Sie bilden einen breiten gesellschaftlichen Schnitt. Da ist der Handwerker genauso dabei wie der Pensionär, der Kaufmann oder der Beamte. Dann sind auch die Themen breit. Wir leben nun mal im ländlichen Raum, und da gibt es eben die grünen Themen, die Radwege und die Wildblumenwiesen. Und soziale Themen? Vereine unterstützen, Gebühren für die Hallennutzung in schwierigen Zeiten erlassen, Kindergärten bauen – das sind Alltagsthemen.
Im Rat und in den Ausschüssen gibt’s oft einstimmige Beschlüsse.
Das ist ein Zeichen für eine hohe Geschlossenheit in Balve. Das ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die Verwaltung gut arbeitet. Die Vorschläge kommen meist von der Verwaltung; sie kommen in den seltensten Fällen aus der Politik.
Corona hat in der Verwaltung Veränderungen erzwungen, etwa mehr Home-Office. An welchen Schrauben wollen Sie noch drehen?
Wir verlieren 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den nächsten Jahren. Wir müssen Fahrt aufnehmen, um den personellen Strukturwandel hinzukriegen. Das ist ein Generationenwechsel – und das in einer Zeit, in der Konkurrenzdruck zwischen den öffentlichen Verwaltungen immer größer wird. Groß frisst Klein. Da gilt es, frühzeitig Personal nachzuschieben. Wir werden keinen fertigen Ordnungsamtsmitarbeiter bekommen; den werden wir uns selbst heranziehen müssen.
Das heißt: Ausbildung.
Ja, das machen wir auch schon. Wir sehen aber, dass gerade die weibliche Fraktion nach der Ausbildung studieren will. Wir wollen gerne die Auszubildenden halten, wir sind aber auch offen für Quereinsteiger, Leute, die verwaltungsaffin sind.
Bei der Personalgewinnung geht es auch um Einstufung.
Das ist kein Balver Phänomen. Wir haben extra eine Bewertungskommission für die Stellen im Haus, paritätisch besetzt mit Personalrat und Dienststelle. Sie halten sich an die Stellenbeschreibungen des Tarifs für den öffentlichen Dienst. Wir haben aber das Problem, dass der Märkische Kreis dies nicht tut: ein ganz klarer Vorwurf gegen den Kreis, den ich auch belegen kann. Eine Kollegin wurde im Haus nach Entgeltgruppe 9 bewertet, beim Kreis ist sie in Entgeltgruppe 11 eingestuft. Diese Einstufung kann ich nicht nachvollziehen. Das ist kein Einzelfall, das ist eine kannibalisierende Personalentwicklung.
Gehen wir noch mal zum Wahlkampf zurück: Es gab nur ein Thema, das die Gemüter erhitzt hat. Das war der geplante Steinbruch-Ausbau. Ohne Kompromiss wird es vermutlich nicht gehen.
Das hat ja auch Herr Schnadt (UWG-Fraktionschef und Bürgermeister-Kandidat; Red.) mal gesagt, auch wenn das dann im Wahlkampf anders klang. Die Entscheidungen über den Ausbau werden auf anderer Ebene gefällt. Es kann nur darum gehen, dass wir einen Kompromiss vor einem formellen Verfahren erzielen, für Eisborn, nicht für Böingsen. Mich interessieren die Balver Bürger. Der (Bürgerinitiative, Red.) BGS ist es gelungen, Eisborn ein wenig zu spalten, mit ihrer Frontalopposition. Ich finde es wichtig, miteinander zu sprechen. Mir ist es wichtig, dass es einen Termin gibt. Wir haben keine Absprachen. Das muss ich hier mal klar sagen. Das weiß auch eine BGS. Das im Wahlkampf zu sagen war unredlich.
Die Eisborner wollen vor Lärm und Staub geschützt werden.
Lhoist hat das ja inzwischen auch verstanden. Die Führung hat am Anfang taktische Fehler gemacht. Sie hat im vorigen Sommer so getan, als wisse sie nicht, wie die Anschüttung des K6 aussieht. Drei Wochen später haben sie die Katze aus dem Sack gelassen. Das war taktisch unklug. Das habe ich Lhoist auch gesagt. Da geht es um vertrauensbildende Maßnahmen, da geht es auch um den laufenden Betrieb. Da ist Lhoist erst mal gefragt. Sie müssen vertrauensbildende Maßnahmen umsetzen – und dann auch kommunizieren. Was machen sie gegen die Sprengerschütterungen? Was machen sie gegen die Staubbelästigung? Und, natürlich, inwieweit sind sie (von Lhoist, Red.) kompromissbereit, was den Abbau des Beils angeht – und die Verfüllung des K6? Und dann geht es um Abraum. Da geht es um Alternativen. Wo kann das verbracht werden?