Langenholthausen. Zehn auf einen Streich: So viel Azubis haben noch nie Charly Grote angefangen. Ihre Lebensläufe sind so bunt wie Torten-Deko.
Zehn auf einen Streich: Goldbäcker Charly Grote kann sich nicht erinnern, dass jemals in einem Jahrgang so viele Auszubildende in seinem Betrieb gestartet wären wie im August 2020. Die Mischung der Neulinge zeigt auch die Vielfalt der Lebens- und Bildungswege. Außerdem räumt die Gruppe der neuen Grote-Azubis auch einige Klischees aus dem Weg.
Mit Christopher Sonnemann aus Menden ist nur ein Mann dabei. Und dann hat er sich auch für den immer noch männer-untypischen Sektor einer Ausbildung im Verkauf entschieden. Seine Ausbildung zum Bäckereifachverkäufer startet der 18-Jährige in der Filiale in Lendringsen. Dabei ist er aber schon seit gut einem Jahr. „Und dabei habe ich gemerkt, dass mit der Verkauf viel Spaß macht.“
Weitere Frauenpower hingegen zieht in der Backstube in der Unternehmenszentrale in Langenholthausen ein. „Was sicher der körperlich schwerste Bereich in unserem Berufsfeld ist“, wie Charly Grote weiß. Sude Yilmaz und Begüm Yetüt, beide aus Neuenrade, starten ihre Ausbildung zur Bäckerin. Yilmaz sagt, dass sie damit gerne ihr Hobby zum Beruf machen wolle. Die Frage an Mitstreiterin Yetüt, ob ihr das frühe Aufstehen in diesem Handwerk schwer fallen werde, beantwortet sie lachend und pragmatisch: „Dann bin ich auch früher fertig und habe mehr vom Tag.“ Beide haben früh den Weg in den Beruf gefunden, sind noch nicht volljährig.
Allerdings gibt es viele Wege, auch in etwas höherem Alter, die zur Goldbäckerei führen können. Da ist zum Beispiel die „Alterspräsidentin“ des diesjährigen Azubi-Jahrgangs Marina Ruckhaber, bereits über 40. „Ich habe in meinem Berufsleben schon alles mögliche gemacht, Krankenschwester zum Beispiel. Nun wollte ich noch einmal was ganz Neues anfangen.“ Christina Weiß, Mitte 20, steckte mitten in einem Studium: „Aber das war nichts mehr für mich.“ Nun startet sie in der Konditorei von Grote und möchte dort ihre kreative Ader ausleben.
„Ich bin sehr stolz auf unsere neuen Mitarbeiter“, sagte Charly Grote beim traditionellen Azubi-Frühstück.
Arbeit, Schule, kleines Kind
Einer ganz besonderen Herausforderungen stellt sich die Mendenerin Sonja Ertel: Arbeit, Berufsschule und ein kleines Kind. „Davor ziehe ich ganz besonders meinen Hut“, so Charly Grote.
Zwei der Neuen im Team sind in Balve zuhause, Kim Marie Butterweck und Celina Falk. Und wie auch die weiteren Azubis Jessika Penner und Bojana Lukovic haben viele schon im Rahmen von Praktika und Ferienarbeit in den Job hinein schnuppern können. „So was ist natürlich eine gute Gelegenheit, sich gegenseitig kennen zu lernen und zu erfahren, ob das für einen das richtige ist“, weiß Charly Grote. Deswegen sind seine Mitarbeiter auch viel in Schulen unterwegs oder bieten – sobald wieder erlaubt – Führungen für Schulklassen durch die Backstube an.
Die Coronapandemie hat auf die Nachwuchsakquise in diesem Jahr keine Auswirkungen gehabt. Die Verträge der Neulinge waren schon vor dem globalen Ausbruch unterschrieben. Und die Nachfrage nach einem Ausbildungsplatz groß wie nie, sagt der Seniorchef: Circa 30 Bewerbungen gingen ein. Der gute Name des Unternehmens in der Region könne sicher ein Grund dafür sein, vielleicht seien das aber auch Vorboten einer Renaissance des Handwerks. „Wir hoffen, dass wir lange hier im Betrieb bleiben können“: Das hatten sich einige der Azubis in der Vorstellungsrunde ausgewünscht. Das sei, erklärte Charly Grote, ein Wunsch auf Gegenseitigkeit.