Balve. Balver sind stolz auf ihren Gemeinschaftssinn. Damit hebt sich die Stadt von der Nachbarschaft ab. Warum halten Balver so gut zusammen?
Die Balver lieben ihre Stadt, weil dort der Gemeinschaftssinn so stark ausgeprägt ist wie sonst selten. Das ergab die Umfrage „Heimatcheck“ der WP unter Leser- und Nutzerschaft. Die Teilnehmer aus Balve vergaben die Schulnote 255 – eine Zwei. Damit liegt der Balver Wert deutlich über den Ergebnissen für Fröndenberg und Menden. Vor allem die große Zahl an Vereinen stärkt das Gemeinschaftsgefühl der Bürger. Was ein Verein leistet, erläutert Thomas Scholz. Er ist Geschäftsführer der Balver Schützenbruderschaft St. Sebastian. Sie ist mit rund 1800 Mitgliedern der weitaus größte Verein im Stadtgebiet.
Scholz beansprucht den Zuspruch aus der Bevölkerung keineswegs nur für seine Bruderschaft. Sie sieht das gesamte Schützenwesen im oberen Hönnetal als Kitt für das Zusammenleben – allein wegen der Schützenhallen. Neubürger erfahren schnell, dass die Stadt kaum Veranstaltungsorte anbietet, Vereine jedoch etliche – allen voran die Balver Höhle. „Das ist eine Kernfunktion für unseren Ort“, stellt Scholz fest.
Fakt ist: Die größten und wichtigsten Events im Kalender des Stadtlebens finden in der Natur-Arena zwischen Balve und Wocklum statt. Die Schützenbruderschaft St. Sebastian und der Festspielverein Balver Höhle spielen dabei vielfach den sprichwörtlichen Doppelpass. Die Schützen stellen die Höhle, der Festspielverein organisiert das Programm. Vor Corona war das so, und nach Corona wird das wieder so sein. Feste und Veranstaltungen bieten Unterhaltung und Geselligkeit nicht nur für Vereinsmitglieder, sondern auch für Außenstehende. Doch wie lebendig ist das Vereinsleben in einer Zeit, wo sich Menschen immer seltener binden wollen?
Scholz verbreitet zumindest für seine Schützen eine frohe Botschaft. Sie lautet: Die Mitgliederzahl ist stabil. „Austritte sind ganz selten“, weiß der ehrenamtliche Vereinsmanager, „das kommt mal vor, wenn Leute wegziehen – berufsbedingt oder aus Liebe. Doch selbst dann bleiben viele immer noch Mitglied bei uns.“ Scholz fügt schmunzelnd hinzu: „Wir hatten mal einen Schützenbruder in San Francisco.“ Der Verein müht sich, die Loyalität der Auswärtigen zur alten Heimat stabil zu halten: „Sie werden von uns immer angeschrieben.“ Kein Wunder, dass alljährlich etliche Ehrungen anstehen. Doch wie attraktiv ist der Verein für junge Leute?
„Wir sind generationenübergreifend“, entgegnet Scholz, „das merken wir gerade jetzt in der Corona-Zeit. Obwohl das Schützenfest ausfällt, werden von so vielen Leuten angesprochen. Auch junge Leute sagen: ach, wie schade!“ Sie fragen nach Ersatzangeboten in einer Krisenzeit, wo so viel verboten ist. Und nun?
„Wir hören, dass viele Menschen dabei sind, für den Schützenfest-Samstag kleine private Feierlichkeiten zu organisieren“, weiß Scholz, „mit Schützenhut.“ Das gelte auch für die Jungschützen.
Äußeres Zeichen der Gemeinschaft ist der Dress. Schützen lieben ihre Uniform. In Corona-Zeiten haben die Balver Schützen ihren Kleiderschrank um eine neue Textilie erweitert: den Mundschutz mit Wappen und Vereinsfarben. Die Aktion war erfolgreich: „Wir sind“, erzählt Scholz stolz, „überall darauf angesprochen worden.“
Die Schützen bleiben mit ihren Aktionen Stadtgespräch. Ganz bewusst: „Wir machen mehr als Feiern und Biertrinken. Wir wehren uns gegen dieses Klischee.“ Die Schützen bietet ein Ganzjahresprogramm, mal für Senioren, mal für Jugendliche, mal für Kinder. Der St. Martinszug rund um St. Blasius gehört zu den Klassikern im Stadtleben. Dazu kommt Engagement für die katholische Kirche, Pflege von Kriegsgräbern inklusive. Natürlich spielt auch die Pflege der Höhle eine wichtige Rolle: „Dass die Höhle so gut erhalten ist, war nur durch ehrenamtliches Engagement möglich. Wir haben in den letzten 15 Jahren über eine Million Euro da reingesteckt. Jeder Cent ist ehrenamtlich erwirtschaftet worden.“ Was Scholz höflicherweise nicht sagt: Die Stadt hätte diese Kosten niemals stemmen können.