Balve. Proben ohne Treffen - geht das? Balver Chöre sagen Ja. Chorleiter Daniel Pütz gibt technische Antworten auf offene Fragen.

Keine gemeinsamen Proben, aber die Stimmen der Balver Chöre erklingen auch weiterhin, und dank technischer Hilfsmittel manchmal sogar zusammen.

Videokonferenzen sind im Moment ein gefragtes Instrument. Was mit ihnen allerdings nicht funktioniert, sind virtuelle Chorproben, die neben dem Gesicht der Sängerinnen und Sänger auch ihre Stimme zu einem großen Ganzen zusammengefügt. Grund dafür ist vor allem die Zeitverzögerung. Synchrones Musizieren im Takt geht über die Internetleitung nicht. Balver Chorleiter haben das nach Einleitung der Corona-Maßnahmen mit ihren Schützlingen ausprobiert und schon nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Das berichten sowohl Kristin Goeke vom Garbecker Choratelier sowie auch Daniel Pütz, der neben einigen Chören in der Balver Nachbarschaft den Gemischten Chor Mellen leitet und im Männerchor Balver selber singt. Also findet man andere Wege.

Das waren noch Zeiten! Welcome-Party des Balve Optimum: Der Chor Cantata Garbeck sorgt für kultige Stimmung: Im Sopran werden
Das waren noch Zeiten! Welcome-Party des Balve Optimum: Der Chor Cantata Garbeck sorgt für kultige Stimmung: Im Sopran werden "Tausend Kilometer bis zum Meer", "Measure in Love" und "Die Schöne und das Biest" gesungen. © WP | Livia Krimpelbein

Beim Männerchor Balve und auch beim Gemischten Chor aus dem Golddorf wandert gerade jeweils einer der Lieblingssong der Gruppen durch deren elektronischen Gruppen. Und so funktioniert die Chor-Challenge: Daniel Pütz hat kürzlich eine Aufnahme von der „Abendruhe“ (Männerchor Balve) sowie des afrikanischen Ohrwurms „Siyahamba“ (Mellen) los an das erste Chormitglied geschickt, gibt dabei die Töne für die verschiedenen Stimme an und zählt ein. Mit der Aufforderung, die eigene Stimme hinzuzufügen und das Ganze auch aufzunehmen. Anschließend wird ein weiterer Sänger, eine weitere Sängerin nominiert.

Alles, was man technisch dazu braucht, sind zwei handelsübliche Smartphones. Das eine spielt das Lied ab (wobei in dem Video dann auch die vorherigen Teilnehmer zu sehen und zu hören sind), das andere filmt die ganze Szene. Im Optimalfall hat man am Schluss alle Chorstimmen auf der Aufnahme. Und es klingt sogar gut: Pütz hat der WP den bisherigen Zwischenstand zum Beweis dafür vorgespielt.

Die Lieder werden aber noch ein wenig unterwegs sein. „Man bekommt dabei schon ein bisschen das Gefühl, auch mit den anderen zusammen zu singen“, sagt Daniel Pütz. Und weil die Chorgemeinschaft natürlich über das Musizieren hinaus wichtig ist, sollen die Sänger am Ende ihrer Aufnahme auch mit einem Schnäpschen auf die anderen anstoßen.

Das waren noch Zeiten! Der Männerchor Balve feiert mit musikalischen Gästen seit 145-jähriges Bestehen in der Balver Höhle.
Das waren noch Zeiten! Der Männerchor Balve feiert mit musikalischen Gästen seit 145-jähriges Bestehen in der Balver Höhle. © WP | Sven Paul

„Diese ganze Aktion ist mehr zur Unterhaltung gedacht“, lacht Daniel Pütz, das Video auch nicht zur Veröffentlichung vorgesehen. Und wer sich der Challenge verweigert, muss zur Strafe zu einer der Proben - wenn diese wieder stattfinden können - eine Flasche Hochprozentiges mitbringen. Könnte also lustig werden.

Zielgerichtet gearbeitet wird aber auch. Pütz hat für seine verschiedenen Chöre Lernvideos aufgenommen: mit den einzelnen Stimme von Bass bis Sopran, um neue Lieder einzustudieren. Aber auch mit allgemeinen Übungen zur Stimmbildung. „Daran kann man in der Zeit ohne Chorproben auch gut alleine üben“, weiß der Musiker, wie man aus der Situation das Beste machen kann. Denn individuell in der Probe auf jeden einzeln einzugehen, ist schwierig und zeitlich kaum möglich.

Auch Songtexte auswendig lernen ist gerade eine gute Option. Audio- oder Videodateien zum selbstständigen Üben haben auch Maximilian Wolf für seinen Kirchenchor der St. Blasius-Gemeinde und Kristin Goeke vom Garbecker Choratelier erstellt. Alle Altersgruppen von den Vorschulkindern bis zu den Teenies und Ü20-Sängerinnen bekommen ihr „Futter“ auf elektronischem Wege. „Und ich bekomme von denen dann Videos zurück, wie sie die Lieder üben, manchmal im Garten oder auf der Schaukel sitzend. Sehr lustig“, sagt die Chorleiterin.

Und man trifft sich auch zu den üblichen Probezeiten im Videochat, um Neuigkeiten austauschen und zumindest virtuell etwas beisammen zu sein.

Hinter dem großen Projekt des Chorateliers in diesem Jahr, der sängerischen Teilnahme an der „Carmen“-Inszenierung an der Dortmunder Oper im Sommer, steht derweil ein großes Fragezeichen. Kristin Goeke hat aber zumindest die Zusage, auch bei einer Verschiebung weiter mit im Boot zu sein.

Heinz-Dieter Baumeister verschickt im Moment ebenfalls neue Musik an den Frauenchor „Querbeet“ Eisborn und den Festspielchor. Zum Einsingen der weiblichen Stimmen hat er dabei auch die Familie herangezogen. Außerdem glühen - wie auch anderswo - die WhatsApp-Gruppen um so mehr in der Zeit der Corona-Isolation.

Das waren noch Zeiten! Irish Folk Festival in der Balver Höhle mit dem Festspielchor
Das waren noch Zeiten! Irish Folk Festival in der Balver Höhle mit dem Festspielchor © WP

Was die gemeinsamen Treffen freilich nicht ersetzt. „Ich vermisse meine Chöre schon sehr“, sagt Heinz-Dieter Baumeister. Wie es nach den eventuellen Lockerungen weitergehen kann? Da können sich Balves Chorleiter - wenn die Räume den nötigen Abstand erlauben - auch Proben zunächst im kleineren Rahmen, mit nur einem Teil der Sängerschar, etwa einer einzelnen Stimme, vorstellen. Bis dahin gilt aber, was Martina Simon auch für ihren Frauenchor „Cantiamo“ Garbeck sagt: „Nicht nur das Singen, auch der Austausch, die Geselligkeit in den Proben fehlen.“ Und bei den anderen geselligen Anlässen des Chorleben selbstverständlich auch. Noch weiß keiner, was das böse C-Wort uns noch alles beschert. Da geht nicht nur der Blick von Martina Simon schon mal weit voraus. „Wir hoffen doch sehr, dass das große Adventskonzert mit allen Musikgruppen des Ortes stattfinden kann.“

INFO

Nicht jeder Chor übt virtuell, gerade bei älteren Sängerinnen und Sängern schränkt das technische Vermögen und die entsprechende Ausstattung diese Form des Musizierens sehr ein.

Seine Übungsvideos, so erzählt Daniel Pütz, sEIEN individuell auf die Chöre zugeschnitten, auch mit persönlicher Note versehen, was die Verwendungen in einer anderen Gruppe eher schwierig macht.

Genauso hat der Balver Musiker aber auch virtuelle Angebote für Bands im Angebot. „BandLab „ ist die Basis von diesen und kann Instrumente und Gesang miteinander verbinden, auch wenn man nicht in einem Raum musiziert.