Balve. Die Sonne kommt mit Macht. Borkenkäfer freut das. Die Waldwirtschaft sitzt längst in der Falle. Was tun?

Die heimische Forstwirtschaft sitzt in der Borkenkäfer-Falle. Förster Richard Nikodem vom Landesbetrieb Wald und Holz erklärt im Gespräch mit der „Westfalenpost“, warum.

Richard Nikodem mit einer Borkenkäfer-Falle in Beckum (Archiv)
Richard Nikodem mit einer Borkenkäfer-Falle in Beckum (Archiv) © WP | Jürgen Overkott

Borkenkäfer haben den Winter gut überstanden - und das, obwohl sie warme, nasse Winter gar nicht mögen. Richard Nikodem kennt den Grund. „Früher“, sagt er, „waren im Winter 60 Prozent der Borkenkäfer im Boden und nur 40 Prozent im Stamm.“ Heutzutage hat sich das Verhältnis dramatisch verkehrt. Nur noch zehn Prozent sind demnach in der kalten Jahreszeit im Boden zu finden. Der übergroße Rest macht es sich unter der Fichten-Borke gemütlich. Kein Wunder, dass die Sterberate bei den Insekten inzwischen extrem niedrig und die Gefahr fürs heimische Nadelgehölz extrem hoch ist.

„Der Borkenkäfer waren auf den Sonnenseiten des Waldes schon vor 14 Tagen aktiv“, weiß der Forst-Experte. Die Sonne habe die Rinde auf Temperaturen von mehr als 16 Grad aufgeheizt. Das mache die gefrässigen Käfer munter.

Alle Arten von Borkenkäfern

Bisher sei die Luft noch „relativ kühl“ gewesen, fügt Richard Nikodem hinzu. Fakt ist: Im Hönnetal verabschiedete sich der Winter mit einer Reihe von Nachtfrösten. Inzwischen sind die nächtlichen Tiefstwerte gestiegen. „Es wird nicht mehr lange dauern, da fliegt der Borkenkäfer wieder.“ Wenn die Sonne eine Weile das Holz angewärmt hat, ist das Insekt flugbereit - morgens um zehn.

Was die Lage für Waldbauern und Forstbeamte ungemütlich macht: „Wir haben alle Arten von Borkenkäfern: Larven, die unter Rinde raspeln, wir haben die Puppenwiegen voll, und wir haben fast fertige Käfer, die jetzt schon ihre Nase herausstrecken und auf warmes Wetter warten.“ Kurzum: Die Start-Population der Käfer ist schon zum Beginn des warmen Jahreszeit „extrem hoch“, der Kampf gegen die fliegenden Heerscharen scheint aussichtslos.

Frachtkosten nach China bleiben hoch

Waldschäden im Balver Stadtgebiet
Waldschäden im Balver Stadtgebiet © Wald und Holz | Richard Nikodem

Damit nicht genug: Heimische Waldbesitzer werden das Käfer-Holz nicht los. Kurz nach Beginn der Corona-Krise schloss Hauptabnehmer China seine Häfen. Inzwischen werden Schiffe wieder entlasten. Doch de Frachtkosten verharren nach Angaben von Richard Nikodem auf so hohem Niveau, dass Holz-Verkäufer drauf zahlen: „Der Waldbesitzer muss sich entscheiden, ob er pro Festmeter Holz fünf bis zehn Euro dazutut oder das Holz nicht von seiner Fläche runterkriegt.“

Doch was bedeutet das für Waldbauern, ihr Käferholz kurzerhand liegen zu lassen? Das sei keine gute Idee, findet Richard Nikodem. Die Waldwirtschaft habe an Straßen und Wegen eine Verkehrssicherungspflicht. Außerdem sei es schwierig, eine Fläche mit kreuz- und querliegendem Totholz wieder aufzuforsten: „Neuanpflanzungen werden dadurch extrem aufwendig.“

Vor kurzem haben Waldarbeiter im Hönnetal, von Eisborn bis Beckum, schon Hand angelegt. Birgt der trockene Auftakt des Frühjahres Gefahr? Richard Nikodem winkt ab: „Es hat relativ viel geregnet. Die oberen 30 Zentimeter des Bodens sind feucht. Das ist gut für die Pflanzen.“

Dennoch sieht er die aktuelle Trocken-Periode nicht ohne Sorge: „In den nächsten vier bis sechs Wochen brauchen wir Regen. Ich tue mich derzeit schwer, Jungpflanzen nachzubestellen.“