Balve. Dr. Ludger Schulte wird am Samstag 80. Wie wurde Balves bekanntester Mediziner, was er ist? Fakt ist: Sein Leben steckte voller Überraschungen.
Der frühere Chefarzt des Balver St.-Marien-Hospitals wird am Samstag 80 Jahre alt. Dr. Ludger Schultes Lebensweg war keineswegs vorgezeichnet, wie er der WESTFALENPOST im Interview verriet.
Wie feiern Sie?
Dr. Ludger Schulte Ich habe mich entschlossen, mit Familie, Freunden, Ärzten und ehemaligen Angestellten im Restaurant „Zur Höhle“ zu feiern, als Dankeschön. Denn: Alleine ist man nichts.
Sie haben den Team-Gedanken angesprochen. Sind Sie mit vielen Geschwistern aufgewachsen?
Mit vier Geschwistern, in Frühlinghausen auf dem Bauernhof.
Waren Sie der Älteste?
Nee, ich war der Zweitjüngste.
Was hat Sie zur Medizin gebracht?
Das ist eine lange Geschichte. Geprägt hat mich zwischen dem zehnten und dem 18. Lebensjahr die Krankengeschichte meines Vaters. Er war herzkrank. Er hatte gegen Ende des Krieges eine Lungen-Entzündung, aber er hatte keine Antibiotika dagegen bekommen. Dann hatte er eine Herzmuskel-Entzündung. Das Ergebnis war ein Herz-Dauerschaden. Er konnte keine schwere körperliche Arbeit mehr verrichten. Deswegen waren wir einer der ersten Bauernhöfe, die einen Traktor hatten. Mein Vater konnte nicht mehr. Deshalb hatte ich immer einen Hang zur Medizin. Und dann ich hatte das Buch von Albert Schweitzer über seine medizinische Station in Lambarene in Afrika gelesen. Davon war ich sehr begeistert.
Und dann hat es sie gepackt?
Nee, ich hatte Angst vor der Verantwortung. Ich hatte erst für Tierarzt geschwärmt. Dann habe ich zwei Semester Jura gemacht, bin aber umgekippt und habe Medizin studiert.
Wie haben Sie Ihr Studium finanziert?
Ich habe praktisch auf Staatskosten studiert, nach dem Honnefer Modell. Es gab Unterstützung für gute Leistungen und in manchen Fällen sogar ein Freistudium. Ich hatte einen Freistudienplatz.
Sie waren hoch motiviert.
Ich musste in jedem Semester zwei Leistungsnachweise erbringen, mit Zwei oder mit Eins. Während der Semesterferien war ich oft in Balve im Krankenhaus und habe da geholfen. Ich habe damals schon gesehen: Das war ein ganz kleines Landkrankenhaus. Die Technik und die Medizin waren Lambarene-ähnlich. Aber die Leute, die da gearbeitet haben, haben hervorragende Leistungen erbracht. Das hat mich sehr motiviert, darüber nachzudenken, bei einem Angebot nach Balve zu gehen.
Wann kam das Angebot?
Ich hatte meine Facharzt-Ausbildung so ausgerichtet, dass ich für eine Landarztpraxis oder ein Landkrankenhaus in Frage kam. Meine Ausbildung war möglichst breit gefächert. Meine letzte Facharzt-Station war entscheidend. Die Station war in Dortmund, in den Städtischen Kliniken, bei Herrn Wenderoth. Im Nachhinein – da war ich schon in Balve – habe ich festgestellt, dass Professor Wenderoth mich gefördert hat. Er hatte ein Hobby, er war Jäger. Er hatte eine Verbindung nach Volkringhausen, zu Herrn Vanselow. Die beiden waren Freunde. Vanselow fragte Wenderoth immer wieder: Kannst Du uns nicht einen Arzt für Balve besorgen? So haben die beiden das gedreht. Ich habe das aber erst im Nachhinein erfahren.
Wie sehen Sie das Ende des Krankenhauses im Nachhinein?
Wir waren zu klein. Vielleicht hätte es eine Möglichkeit für das Krankenhaus gegeben, wenn wir einen anderen Träger gehabt hätten. Vielleicht hätten wir über eine irgendeine Spezialisierung noch eine Chance gehabt. Wir kamen damals nicht aus den Verträgen heraus. Für die Balver Bevölkerung ist das ein Rückschritt.