Balve. Balves Hausärzte bieten etwas ganz Besonderes an: einen freiwilligen Rettungsdienst. Was sagen die Patienten in den Praxen zum Notarzt-System?

Eines war ihnen klar, damals vor mehr drei Jahrzehnten: Bevor der zuständige Notarzt in Balve ist, vergehen mitunter 30 Minuten. Eine halbe Stunde kann, wenn es um Leben und Tod geht, verdammt lang sein, zu lang. Deshalb entschlossen sich die Hausärzte Dr. Paul Stüeken sen. und Dr. Gregor Schmitz ein lokales Notarzt-System ins Leben zu rufen. Es besteht immer noch – auch wenn sich die Besetzung leicht geändert. Bei Stüekens übernahm der Junior die Aufgabe seines Vaters, Dr. Maria Gerken kam hinzu, geblieben ist Mitgründer Dr. Gregor Schmitz. Spannend ist die Frage: Wie funktioniert das System? Noch spannender ist die Frage: Wie reagieren die Patienten in den Hausarzt-Praxen?

Doch vor der Gegenwart steht eine Reise in die Vergangenheit an. Was führte zum Balver Notarzt-System? „Ich komme aus einer großen Stadt, in der schon Notärzte gab. Ich dachte, so etwas können wir hier auch gebrauchen“, erzählt Dr. Gregor Schmitz, zumal die nächst gelegenen Kliniken in Menden und Neheim, Plettenberg und Werdohl liegen. Eine erforderliche Zusatzqualifikation besaßen beide Mediziner.

Krankenwagen auf Zuruf

Unfall auf der B 515 in Volkringhausen (Archivbild vom Januar 2018): Balves Hausärzte bieten einen freiwilligen Rettungsdienst an.
Unfall auf der B 515 in Volkringhausen (Archivbild vom Januar 2018): Balves Hausärzte bieten einen freiwilligen Rettungsdienst an. © WP

Mit welcher Technik ging es los? Und: Wie funktionierte die Organisation? „Wir, Paul und ich, haben uns damals ein Eurosignal-Empfänger gekauft“, erinnert sich Dr. Gregor Schmitz, „wir haben der Leitstelle damals gesagt: Wenn es bei Euch Probleme gibt, gebt uns ein Signal, und dann fahren wir mit. Wir haben das alles auf eigene Kosten gemacht. Damals gab es noch keinen Zuschuss.“ Manches lief improvisiert, auf Zuruf. „Wir haben oft bei der Leitstelle angerufen und gesagt: Wir brauchen einen Krankenwagen“, berichtet Dr. Gregor Schmidt. Der kam dann.

Zwischenzeitlich hatte sich auch das damalige Balver Krankenhaus ins Notarzt-System eingeklinkt, war aber später wieder ausgestiegen, von jetzt auf gleich. „Ohne Vorankündigung, ohne irgendwas“, stellt Dr. Gregor Schmitz fest. Später übernahm das Krankenhaus die Notarzt-Tätigkeit sogar eine Zeit lang komplett, „wie sie gerade Leute hatten“. Als die Ahnung von einer Schließung des Krankenhauses zur Gewissheit wurde, sagten sich Dr. Gregor Schmitz und Dr. Paul Stüeken sen.: „Komm, wir machen das wieder.“ Das war 2013.

Die Zuständigkeit für die Leitstelle von Notarzt-Einsätzen lag derweil beim Kreis. Der Notarzt-Dienst der Balver Hausärzte ist ein freiwilliges Zusatzangebot. „Wenn ein Krankenwagen da ist, fahren wir mit“, sagt Dr. Gregor Schmitz, „wenn nicht, überlassen wir das den Notärzten aus den Nachbarstädten. Wir sind alle nah an der Rettungswache, und deshalb ist es für den Krankenwagen kein Problem, uns mitzunehmen.“ Ein eigenes Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) haben nur Standorte mit einem eigenen Rettungsdienst.

Wie teilen sich die Balver Hausärzte die Bereitschaftszeiten? „Tagsüber sind wir erreichbar, und wir kommen im Jahr auf 100 Einsätze. Das bedeutet: Bei einem vollen Einsatz sind anderthalb Stunden weg.“

Was sagen die Patienten in den Praxen dazu? „Die Leute bleiben ruhig, weil sie sagen: So ein Notfall könnte mir ja auch passieren“, weiß Dr. Paul Stüeken sen., und sein Sohn fügt hinzu: „Die Patienten sind da sehr offen und haben volles Verständnis.“

Volles Verständnis für oft lebensrettende Einsätze. Doch wie fühlt es sich an, wenn Notärzte Menschen aufgeben müssen? Dr. Paul Stüeken jr.: „Das gehört ja auch zu unserer hausärztlichen Tätigkeit. Man lernt, damit zurechtzukommen.“