Balve. . 60 Jahre lang hat das Jugend- und Pfarrheim St. Blasius das Gemeindeleben geprägt. Pfarrachivar Rudolf Rath erinnert sich mit Wehmut.

Die Tage des katholischen Pfarrheims St. Blasius sind gezählt. In Kürze steht der Abrisstermin des Gebäudes, wie Kirchenvorstand Bruno Köck der WP versicherte. Niemand kennt das Gebäude besser als Pfarrarchivar Rudolf Rath. Seine persönlichen Erinnerungen sind ein kleines Vermächtnis. Die WP druckt sie behutsam gekürzt.

Abschied

„War ich der Letzte, der die Tür von außen endgültig abzuschließen hatte? Nein, das war die Freiwillige Feuerwehr, die dem Pfarrheim von allen Seiten ,auf die Pelle rückte’ – und bei ihrer Übung noch alle Möglichkeiten einer umfassenden Brandbekämpfung nutzen konnte. Bis dahin war auch ein realer Einsatz glücklicherweise nie erforderlich geworden. Früh genug vor diesem Übungseinsatz und rechtzeitig vor dem Abriss hat das Pfarrarchiv St. Blasius eine passende Übergangsbleibe gefunden, einschließlich neuer Nachbarn in der Alten Hospitalgasse, nahe dem Rathaus.

Neubeginn

Rudolf Rath mit einem Foto von Balves Kirchenmusiker Theodor Pröpper im alten Archiv
Rudolf Rath mit einem Foto von Balves Kirchenmusiker Theodor Pröpper im alten Archiv © Jürgen Overkott

Um heute Platz für ein neues Gebäude zu schaffen, muss das alte weichen. Die Grundsteinlegung für das derzeitige Heim erfolgte, unter Regie von Architekt Heinrich Schäfer am 23. Juli 1959. Die kirchliche Segnung der Gründungsurkunde übernahm der seit dem Vorjahr neu in St. Blasius tätige Pfarrer Josef Löcker. Ihm assistierte der in Balve sehr beliebte Vikar Gerhard Lachmann. Diese Ereignisse und die feierliche Einweihung am 12. Juni 1960 sind mir in lebhafter Erinnerung geblieben. Seit damals habe ich die 60-jährige Geschichte des ,Jugendheims’ begleitet, zunächst als Messdiener, später als Mitarbeiter in unterschiedlichen Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit, zuletzt als Pfarrarchivpfleger.

Kirchensaal

Zuvor hatte die Kinder- und Jugendarbeit im Kirchensaal ihre Heimat, also im Raum oberhalb der Sakristei. Der Lärm der Spiele drang bis in die Pfarrkirche. Später wurde hier dann die weniger lärmerzeugende Bücherei der katholischen Kirchengemeinde eingerichtet. Für lebhafte Freizeitgestaltung wurde aber auch der Jugendraum in der ,alten Schule’, heute ,Sebastiansklause’, genutzt. Im Winter fütterten wir den Kohleofen durch mitgebrachtes Heizmaterial. Heftige Klopfzeichen aus dem bewohnten Obergeschoss waren häufige Begleiter lebhafter Spiele. Mit kräftigen Kaltwasser-Kopfduschen mussten wir deshalb stets beim Verlassen dieses altehrwürdigen Gebäudes rechnen – eine Art von Abrechnung, die uns nicht wirklich schrecken konnte, zum Leidwesen der Bewohnerin. Sie lehnte gleichwohl ihr angebotene angemessenere Wohnlösungen rigoros ab.

Finanzierung

Katholische Pfarrheim St. Blasius
Katholische Pfarrheim St. Blasius © Marcus Bottin

Welch ein Befreiungsschlag aus bedrückender Enge und fehlenden Möglichkeiten gelang da der Katholischen Kirchengemeinde mit dem neuen Jugendheim vor 60 Jahren! Die Gesamtkosten von 181.000 DM konnten durch Zuschüsse und zahlreiche Sach- bzw. Geldspenden finanziert werden. Diese Summe hatte zuvor schon durch umfangreiche Arbeitseinsätze katholischer Vereine, aber auch durch einfallsreiche Aktionen und Veranstaltungen deutlich reduziert werden können. Daran beteiligte sich unter anderem auch die evangelische Kirchengemeinde.

Mit einer großen Bühne und einem weiträumigen Saal, dazu verschiedene Gruppen- und Materialräume, entwickelten sich nun die Freizeitaktivitäten von Kolping und Jungkolping, Pfadfinder und Heliand-Mädchengruppen, BDKJ-Pfarrjugend, aber auch die Messdienerarbeit gewaltig. Davon profitierten für viele Jahre auch Kinder und Jugendliche durch die offenen Angebote der ,TOT’, einschließlich der Krabbelkinder.

Pfarrheim

Katholisches Pfarrheim und Pfarrkirche St. Blasius Balve Panorama
Katholisches Pfarrheim und Pfarrkirche St. Blasius Balve Panorama © Marcus Bottin

Im Jugendheim der Katholischen Kirchengemeinde waren bald räumliche Grenzen erreicht: In den Jahren 1966 bis 1978 baute die Kirchengemeinde deshalb unter anderem einen ,Bolzraum’, ließ von Jugendlichen den Keller als Gruppenraum einrichten, und sie erweiterte den Saal im Obergeschoss um einen weiteren Versammlungsraum mit Küche und sanitäre Anlagen. Auch einen Namenswechsel musste das ,Jugendheim’ noch über sich ergehen lassen: Als ,Pfarrheim‘ setzte der spätere Pfarrer Dr. Reinhard Richter Anfang der 2000er Jahre ein deutliches Zeichen: Die gesamte Kirchengemeinde hat hier ihr Zuhause. Die Vielfalt der Nutzung sollte dies deutlicher widerspiegeln, eine Vielfalt, an der auch das Pfarrarchiv seinen Anteil hat.

Weise Worte

Das Jugendheim sei ein Zeichen der Freiheit, so Bürgermeister Josef Lenze bei der Einweihung des Gebäudes im Jahre 1959. Und er forderte dazu auf, ,jenen zersetzenden Kräften zu wehren, die die Zerstörung eines Staates erstreben, der uns Garant solcher Freiheiten ist.’ - Das war gerade mal 14 Jahre nach Beendigung des ,Nazi-Terrors’. Und ist doch wieder hochaktuell, auch für das neue Pfarrheim!“