Arnsberg. . Beim südwestfälischen Handelsforum in Arnsberg warnt Prof. Gerrit Heinemann die Einzelhänder angesichts des boomenden Online-Geschäfts vor Tatenlosigkeit. Seiner Meinung zufolge ist die digitale Revolution im Handel erst am Anfang und nicht am Ende.

Der Einzelhandel muss sich warm anziehen, wenn er den Sturm überstehen will, der mit dem Internet über ihn hereingebrochen ist. Gerade Händler in kleineren und mittelgroßen Städten wie in Südwestfalen werden in der Fläche Umsatzverluste von 20 bis 30 Prozent zu verkraften haben, wenn sie untätig bleiben und weitermachen wie bisher, warnte Prof. Gerrit Heinemann, Dozent für Handelsmanagement an der Hochschule Niederrhein beim Südwestfälischen Handelsforum der drei regionalen Industrie- und Handelskammern gestern Abend in Arnsberg. Man dürfe den Internet-Handel vor allem nicht als Feind betrachten.

Nicht aus dem Elfenbeinturm

Heinemann spricht nicht aus dem Elfenbeinturm, er kennt die Südwestfalen aus jahrelanger Tätigkeit bei einem „Fachgeschäftskonzern“ sowie dem Marketing-Club Hagen. Seiner Meinung zufolge ist die digitale Revolution im Handel erst am Anfang und nicht am Ende. Und sie wird bis 2020 noch einmal 50.000 Händler vom Markt fegen, die ihre alten, rein stationären Konzepte weiterverfolgen. „Das Schlimmste ist es, nichts zu tun, denn dann überlässt man den Amazons dieser Welt kampflos das Feld“, sagte der Professor und nennt den Online-Handel die größte Herausforderung seit der Einführung der Selbstbedienung in Deutschland 1938.

Die größten Online-Händler haben ihren Sitz im Ausland und sie wachsen zweistellig: Amazon und Ebay mit einem Umsatzvolumen von rund 10 Milliarden Euro, Apple/i-tunes von 2,2 Milliarden. In den nächsten Jahren wird es dem Handelsprofessor zufolge zu einer „Inflation ausländischer Online-Anbieter in Deutschland“ kommen. Abgeschlagen folgten Otto (1,8 Mrd.) und Zalando (710 Mio.), laut Heinemann „der einzige deutsche Online-Anbieter, der in punkto Professionalität mit den US-Riesen mithalten kann.“ Positiv erwähnte der Professor auch noch den Musikhändler Thomann mit einem Umsatz von 345 Millionen Euro: „Der verkauft Geigen für Millionen Euro im Internet.“

Bedrohung nicht mehr so neu

Was soll das den vielen kleinen stationären Händlern im Sauerland sagen, die auf die gar nicht mehr so neue Bedrohung starren wie das Kaninchen auf die Schlange? Zunächst, dass es ihr wirtschaftlicher Tod sein könnte, zu denken, der Trend werde sich wieder umkehren, die Kunden könnten quasi umerzogen werden. „Das wird nicht funktionieren.“ 69 Prozent der Deutschsprachigen nutzten das mobile Internet und stellten neue Erwartungen an den Handel. „Die Mehrzahl der Kunden startet heute schon den Einkauf mit einem Preisvergleich im Internet. Die Kunden wollen online schon mal ins Sortiment schauen können. Wer digital nicht präsent ist, lebt gefährlich“, so Heinemann. Der stationäre Handel müsse sich neu erfinden. „Er sollte das Geld, das er für Flächenwachstum ausgibt, lieber in neue Systeme stecken.“