Arnsberg. . Das Handwerk in Südwestfalen konzentriert sich zunehmend auf Lehrstellenbewerber mit Migrationshintergrund. Die heimische Handwerkskammer bietet Sprechstunden auch auf Türkisch an — denn niemand soll bei der Lehrstellensuche durchs Raster fallen.

Die Atmosphäre ist locker, der Ton fast freundschaftlich, man duzt sich. Mahmut Celik (18) möchte gern Automobilkaufmann werden und sucht einen Ausbildungsplatz bei einem Autohändler in Arnsberg - im Anschluss an ein Praktikum. Sein Ansprechpartner bei der zuständigen Handwerkskammer Südwestfalen ist Starthelfer Mezut Özen (43), ebenfalls mit türkischen Wurzeln, was die Dinge erleichtert.

Er kennt Mahmuts Eltern so wie in der türkischen Community der Stadt fast jeder jeden kennt. 5600 Menschen mit Migrationshintergrund leben in Arnsberg, das ist nicht wenig, gemessen an der Einwohnerzahl. Das Beratungsgespräch findet auf Deutsch statt, nicht nur wegen des Augen- und Ohrenzeugen von der Tageszeitung. „Beratungsgespräche mit den Jugendlichen führe ich meist auf Deutsch, und falls ihre Eltern mitkommen, auf Türkisch“, erläutert Özen. Eine Frage der Generation.

Mahmut Celik, groß gewachsen und mit modischer Brikettfrisur, ist alles andere als ein schwer vermittelbarer Problemfall: Ein offener, zugänglicher junger Mann, der gut mit Menschen umgehen kann, drei Sprachen spricht. Alles gute Voraussetzungen, nicht nur für den Autohandel. Dazu kommt seine auf dem Berufskolleg in Neheim frisch erworbenen Fachhochschulreife. Aber leider wachsen Ausbildungsplätze bei Autohändlern nicht auf den Bäumen. „Ich bin bereit, zunächst einmal ein Jahr lang ein Praktikum zu machen“, sagt Celik. Er hatte schon zwei Gespräche im Mai und Juni - da hat es nicht geklappt. Jetzt ist Druck da.

Systematisches Vorgehen

Mezut Özen, der bei der Handwerkskammer Südwestfalen für Antragsteller mit Migrationshintergrund zuständig ist und jeden Tag ein solches etwa einstündiges Gespräch meist mit Haupt- und Realschulabsolventen führt, geht systematisch vor. Er befragt die Datenbank nach möglichen Ausbildungsbetrieben im Umkreis von 20 Kilometer rund um Arnsberg - das ist Celiks Wunsch. In der Regel haben die Jugendlichen noch kein Auto. Systematik ist wichtig in Zeiten des demografischen Wandels. Niemand, der willens und fähig ist, soll dem Handwerk verloren gehen. Bald werden die Betriebe händeringend suchen. Am 2. September bietet die Kammer in Arnsberg von 9 bis 17 Uhr eine Sprechstunde in türkischer Sprache rund um das Thema Ausbildung an.

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„Im kaufmännischen Bereich ist ein guter Schulabschluss besonders wichtig“, bereitet Özen seinen Schützling vor. „Es wird sofort nach den Noten gefragt.“ Aber auch die Persönlichkeit sei entscheidend. 35 mögliche Ausbildungsbetriebe spuckt die Datenbank aus. Alle ohne Anmerkung, wie Özen hervorhebt. Die machen die Ausbildungsberater dann zu einer Firma, wenn dort erwiesenermaßen ausländerfeindliche oder sexistische Sprüche gefallen sind. Das soll auch im Sauerland vereinzelt vorgekommen sein. Möchte Celik in einen türkischen Betrieb? „Ist mir egal“, antwortet der. Er hat die deutsche Staatsangehörigkeit, arbeitet in der freiwilligen Feuerwehr mit, hat dort nach eigenem Bekunden noch nie dumme Bemerkungen gehört.

Özen geht die in Frage kommenden Betriebe durch. Endlich ist eine passende Firma gefunden. Özen ruft an, mit dem Gewicht der Handwerkskammer in der Stimme, sucht einen Ansprechpartner für ein Praktikum. Der ist erst in der nächsten Woche wieder da. Bis dahin bekommt Celik Hausaufgaben mit - eine Liste aller Ausbildungsberufe im Handwerk. Eine Alternative muss her. Nicht immer klappt es mit dem Wunschberuf.