Hagen/Arnsberg/Olpe. . Der doppelte Abiturjahrgang in Südwestfalen drängt in die Universitäten, aber nicht zur Ausbildung in die Betriebe. Die Handwerkskammer Südwestfalen würde sich über mehr Bewerber freuen. Aber auch die Betriebe in der Region sind zurückhaltend in punkto Ausbildungsplatz.

Der doppelte Abiturjahrgang in diesem Jahr treibt auch in Südwestfalen die Zahl unversorgter Ausbildungsplatzbewerber in die Höhe. Während die Stadt Hagen mit 13,1 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr, der Ennepe-Ruhr-Kreis (11,7), der Kreis Soest (11,3), der Märkische Kreis (10,3), der Hochsauerlandkreis (9,5) und der Kreis Siegen-Wittgenstein (7,4) noch in der Nähe des NRW-Durchschnitts von 11,3 Prozent liegen, bildet der Kreis Olpe mit 42,8 Prozent mehr Unversorgten bei 11,8 Prozent weniger Ausbildungsstellen einen Ausreißer nach oben.

NRW-weit suchen noch knapp 48.000 Jugendliche eine Lehrstelle - darunter sind auf dem Papier 60 Prozent mehr Abiturienten als vor zwölf Monaten, wie aus den Juni-Zahlen der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht.

Abiturienten halten sich mehrere Optionen offen

Sie streben streben offenbar nicht in großer Zahl ins Handwerk, sondern halten sich mehrere Optionen offen. „Wir fühlen uns nicht von Abiturienten überrollt“, meint Markus Kluft, Pressesprecher der Handwerkskammer Südwestfalen in Arnsberg. „Wir sähen es gern, wenn mehr Abiturienten ins Handwerk gingen.“ Kluft zufolge stürzen die sich eher auf akademische Berufe. Die seien im Handwerk verbreiteter als man meint. Den Andrang wegen des doppelten Abiturjahrgangs hält er für ein kurzfristiges Problem: „Wir haben in der Tendenz zurückgehende Schülerzahlen.“

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Einen „Trend zur Akademisierung“ beschreibt auch Klaus Gräbener, Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung bei der IHK Siegen. „Der doppelte Abiturjahrgang hat bei uns nicht stattgefunden“, konstatiert er und meint nicht nur den Kammerbezirk, sondern ganz Südwestfalen. Trotz des theoretischen Bewerberüberhangs von hunderten Jugendlichen in diesem Jahr hätten die Betriebe mit diesen keine Verträge abschließen können, fast alle seien in die akademische Richtung gegangen. „Unser duales Ausbildungssystem siegt sich zu Tode“, sagt Gräbener. „Genau das System, das uns eine so niedrige Jugendarbeitslosigkeit beschert hat und das südeuropäischen Ländern immer als Beispiel vorgehalten wird.“

Betriebe zurückhaltend bei Ausbildungsplätzen

Auf der anderen Seite ist die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen nicht gestiegen, viele zögern wegen der unsicheren Konjunkturaussichten. Manche Firmen in Südwestfalen bilden über Bedarf aus, andere dagegen gar nicht. So ging die Zahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen im Kreis Olpe um 11,8 Prozent zurück, im Kreis Siegen-Wittgenstein um 8,2 Prozent, im Hochsauerlandkreis um 7,5 Prozent und im Kreis Soest um 4,0 Prozent. Im Märkischen Kreis blieb sie gleich, während sie in Hagen um 2,9 Prozent stieg. Insgesamt sank die Zahl der Ausbildungsbetriebe in NRW zwischen 2008 und 2011 um 5 Prozent.

Den Fall des Ausreißers im Kreis Olpe bei den unversorgten Bewerbern kann Larissa Probst aufklären Pressesprecherin der Arbeitsagenturen in Siegen und Meschede/Soest. Die Steigerung von 42,8 Prozent betrifft 83 Personen, erklärt sie. Das seien Abiturienten, die sich sicherheitshalber noch spät im Mai und Juni gemeldet hätten, um noch ein Eisen im Feuer zu haben, wenn es mit dem erhofften Studienplatz nicht klappt. Im März habe der Wert noch bei 0,6 Prozent gelegen.