Neheim. . Vor dem Arnsberger Landgericht gab’s gestern den letzten Prozess gegen Drogendealer aus Neheim und Sundern, denen vorgeworfen wurde, zwischen August 2007 und Ende 2009 Drogen im ganz großen Stil aus den Niederlanden nach Arnsberg eingeführt zu haben.

Der „größte Fisch“ aus der Neheimer Drogenszene, der der hiesigen Polizei jemals ins Netz gegangen ist, sitzt seit mehr als einem Jahr in Haft. Zu sechseinhalb Jahren war der 33-Jährige im April 2011 von der 2. Großen Strafkammer des Arnsberger Landgerichts wegen Handels mit mindestens 60 Kilo Amphetamin und 30 Kilo Haschisch und Marihuana verurteilt worden.

Dass es den Richtern überhaupt gelang, ihn im Prozess zu überführen, verdanken sie dem lückenlosen Geständnis eines fast gleichrangigen Mittäters, einem ebenfalls 33-Jährigen aus Sundern. Der hatte in Aussicht auf die Vorzüge der Kronzeugenregelung reinen Tisch gemacht und dem Gericht die nötigen Beweise geliefert. Bei fast allen Drogenfahrten mit einem präparierten Mercedes der A-Klasse aus Maastricht und Nijmegen nach Arnsberg war er beteiligt und hatte für seine Dienste 3000 bis 6000 Euro pro Kurierdienst kassiert. Der Sunderner war vor dem Arnsberger Landgericht mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung davongekommen.

Einkauf in Maastricht

Und gestern nun sollte der ganze Drogenkomplex aus dem Zeitraum Ende August 2007 bis Ende 2009 vor der 2. Großen Strafkammer des Arnsberger Landgerichts unter Vorsitz von Willi Erdmann ein Ende finden. Auf der Anklagebank ein langjähriger Freund des Großdealers, der aber nach allen bisherigen Erkenntnissen nur einen Bruchteil mit den Drogengeschäften der beiden bereits Verurteilten zu tun gehabt haben soll.

Dennoch gab er zu, für den Drahtzieher einen Freundschaftsdienst geleistet zu haben. Und der sah so aus: Als im Oktober/November 2009 ein Kurierfahrer kurzfristig ausgefallen war, sollte er mit einem präparierten Wagen von Neheim ins holländische Maastricht fahren.

Mit 20 Euro abgespeist

Dort angekommen traf er auf drei Herren, die ihn für eine halbe Stunde mit 20 Euro zum Essen in einen Baumarkt schickten. In dieser Zeit wurde der präparierte Mercedes mit mindestens fünf Kilo Haschisch vollgestopft. Der Angeklagte übernahm dann wieder den Wagen und folgte den drei Großdealern über verschlungene Wege ins Sauerland. An einer Garage am Bönninghausener Weg in Neheim wurde das Auto abgestellt. Von dem, was dann geschah, will er nichts mehr mitbekommen haben. Tage später erhielt der Angeklagte für seine „Freundschaftsdienste“ einen Briefumschlag mit 300 Euro.

Garage als Umschlagplatz

Sicherlich habe er gewusst, dass es um Drogen ging, sagte er gestern im Gerichtssaal. Und weil ihm der Freund auch eine Garage zum Schrauben zur Verfügung gestellt und ein älteres, fahruntüchtiges Auto geschenkt hatte, erledigte er in der Garage auch bisweilen „Verteilerdienste“. Im Klartext: Er übergab vorbereitete Päckchen mit Haschisch oder Speed an die Zwischenhändler aus dem Sauerland. Auch dafür will er kein Geld kassiert haben. Das Gericht schenkte den Aussagen weitgehend Glauben. Als Zeugen traten gestern auch die beiden bereits verurteilten Drogenhändler auf. In Handschellen wurde der zu sechseinhalb Jahren verurteilte Hauptangeklagte in den Gerichtssaal geführt. Er sah blass aus. „Der ist in einem Jahr Haft um zehn Jahre gealtert“, sagte eine Prozessbeobachterin, die auch die ersten Verfahren miterlebt hatte. Die Aussagen der beiden Zeugen brachten aber fürs Gericht keine wesentlich neuen Erkenntnisse. Staatsanwalt Malte Dembek forderte schließlich für den 31-Jährigen, der auch eine neue Stelle gefunden hat, eine Haftstrafe von drei Jahren. Für Rechtsanwalt Klaus Telgenbüscher nicht nachvollziehbar, weil sein Mandant im Vergleich zum Kronzeugen kaum an den Deals beteiligt war und auch kein Honorar kassiert habe. Er forderte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten.

Die Kammer verurteilte den Angeklagten schließlich wegen unerlaubten Einführens von Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen und Beihilfe beim Handeltreiben in minder schweren Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung. Er habe ohne Eigennutz Gefälligkeiten erledigt und keinen Einfluss aufs Tatgeschehen gehabt, sagte der Vorsitzende Willi Erdmann. Er selbst sprach von einem milden Urteil und sagte zum Abschluss zum Angeklagten: „Das ging noch mal haarscharf gut“.