Arnsberg. Priester Johannes Nokelski ist trotz Kenntnis über schwere Vergehen mehrfach versetzt worden. Doch hat er auch Straftaten in Arnsberg begangen?
„Ich entschuldige mich für meine Kirche!“ Es waren bemerkenswerte Worte, die Propst Stephan Schröder zum Schluss der Gemeindeversammlung am Donnerstagabend wählte. Erst seit zwei Jahren ist Schröder in der Pfarrei St. Laurentius im Amt und doch nahm er sich die Vorwürfe gegen den ehemaligen Arnsberger Geistlichen Johannes Nokelski zu Herzen. Nokelski ist 2016 verstorben.
- Betroffene kritisieren Erzbistum Paderborn
- Kommentar zu den Missbrauchsfällen von Johannes Nokelski
- Die Frage nach Vertuschungen
„Ich bin das erste Mal in meiner priesterlichen Laufbahn damit konfrontiert. Mein Vertrauen ist erschüttert, ich bin fassungslos über seine Taten. Gleichzeitig ist es mir wichtig, dass alle involvierten Institutionen im Gespräch bleiben, um die Dinge aufzuarbeiten und den Betroffenen Hilfe zu bieten“, so Schröder weiter. Er wolle den Abend so stehen lassen und anders als zu Beginn der Versammlung kein Gebet sprechen.
Vorangegangen war eine mehr als zweistündige Gemeindeversammlung in der Arnsberger Propsteikirche, in der über konkrete Vorwürfe und ein sich andeutendes wiederholtes Fehlverhalten Nokelskis berichtet wurde. Nach einem ersten bekannten Missbrauchsfall, für den er Ende der 1960er Jahre sogar im Gefängnis saß, wurde der Beschuldigte später ins Erzbistum Paderborn versetzt, wo er Anfang der 1990er Jahre einräumte, sexuelle Kontakte zu Jugendlichen zu haben.
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Geschildert wurden die Ergebnisse umfangreicher Untersuchungen durch den Interventionsbeauftragten des Erzbistums Paderborn, Thomas Wendland, und den Generalvikar Prälat Thomas Dornseifer. Eben jener Generalvikar räumte in der Diskussion vor rund 120 interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Versammlung ein, dass das Erzbistum in der Vergangenheit Fehler gemacht habe: „Es ist vertuscht worden“, so Dornseifer.
Im Gespräch mit unserer Zeitung sprach Dornseifer von „einem dunklen Kapitel der Kirchengeschichte“. Man könne die Vergangenheit nicht ungeschehen machen und ihm sei klar, dass man das hierdurch verloren gegangene Vertrauen nicht von heute auf morgen wieder so einfach aufbauen könne. „Wir müssen offener, direkter und transparenter werden“, mahnt der Generalvikar. Er wolle eine Aufarbeitung der Vorfälle vorantreiben.
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Deutliche Worte, die auf Fragen der interessierten Versammlungsteilnehmer nicht immer so einfach über die Lippen kamen. Beispielsweise nach der Mitschuld des verstorbenen Kardinals Josef Jäger oder des ehemaligen Paderborner Erzbischofs Hans-Josef Becker. Hier blieben die Bistumsvertreter ausweichend.
Ob und wie viele Personen in Arnsberg von Johannes Nokelski missbraucht wurden, bleibt zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Alle bisher bekannten und dokumentierten Fälle fanden außerhalb Arnsbergs statt. Paderborns Interventionsbeauftragter Thomas Wendland wollte zu Recht auch keine Vermutung zur Zahl der Opfer anstellen. Allerdings deutete er an, dass es nach der medialen Berichterstattung in den vergangenen Wochen mehrere Personen gab, die sich beim Erzbistum gemeldet hätten und sehr zeitnah zu einem vertraulichen Gespräch eingeladen worden sind. Woher die Personen stammen, sei ihm noch nicht bekannt.
Von den Holzbänken der Propsteikirche aus gab es eine Reihe von Fragen und Wortbeiträgen. So kam beispielsweise die Frage auf, warum der verstorbene Geistliche nach seinen Verfehlungen seinen Beruf ausüben und die finanziellen Privilegien eines Klerikers genießen durfte. Die Frage wurde mit Applaus der Versammelten bedacht.
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Unterschiedliche Einschätzungen gab es von Anwesenden zur Arbeit Nokelskis in den Gemeinde. So habe er sich bei der Kommunion- und Firmvorbereitung in der Gemeinde St. Norbertus Arnsberg angeblich zurückgehalten und wenig Kontakt zu jungen Menschen gesucht. Ein Vertreter aus Letmathe wiederum gab an, dass Nokelski dort an Zeltlagern teilgenommen und den Kontakt zu Jugendlichen in Jugendeinrichtungen bewusst gesucht habe. Manche Handlungen Nokelskis bleiben in der Retrospektive widersprüchlich.
Ebenso bemerkenswert wie die Worte von Propst Stephan Schröder waren die Sätze eines Mitglieds des Norbertusrats. „Ich hatte engen Kontakt zu Johannes Nokelski und bin verletzt, wütend und fühle mich belogen und betrogen, wie viele andere. Ich kenne Menschen, die auch vor diesem Hintergrund aus der Kirche ausgetreten sind und ich kann nicht dagegen argumentieren“, sagte der Teilnehmer weiter.
Immer wieder gab es von den Teilnehmern die Frage nach der Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit. Viele der Anwesenden fühlen sich hintergangen. Auch Begriffe wie Generalverdacht fielen. Trotz der Wut und Enttäuschung vieler Teilnehmer blieb die Diskussion im gesamten Verlauf sachlich, ernst und konstruktiv.
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Thomas Wendland skizzierte die Unterschiede im Umgang mit der Thematik aus heutiger Sicht gegenüber früher. „Heutzutage würde ein Priester nicht mehr von einer Diözese zur nächsten nach sollen Vorfällen weitergereicht“, behauptete er. Außerdem sei der Einsatz eines Täters im Seelsorgedienst grundsätzlich mittlerweile ausgeschlossen.
Hier können Betroffene sich melden
Die Katholische Kirche und das Erzbistum Paderborn haben zahlreiche Möglichkeiten für Betroffene von Missbrauchsfällen geschaffen, um sich zu melden und diese anzuzeigen.
Interventionsbeauftragter Thomas Wendland, Tel. 05251/1251701, E-Mail: thomas.wendland@erzbistum-paderborn.de
Unabhängige Ansprechpersonen Dr. Martin Rehborn, Tel. 0170/8445099, E-Mail: missbrauchsbeauftragter@rehborn.com
Gabriela Joepen, Tel. 0160/7024165, E-Mail: gabriela.joepen@ap-paderborn.de
Forschungsprojekt zum „Missbrauch im Erzbistum Paderborn“ der Universität Paderborn Dr. des. Christine Hartig (für den Tatzeitraum 1941 bis 2002) Tel. 05251/604432 (montags bis mittwochs), E-Mail: christine.hartig@uni-paderborn.de
Jan Jeskow (für den tatzeitraum 2002-2022), Tel. 05251/605427, E-Mail: jan.leskow@upb.de
Betroffenenvertretung www.betroffene-paderborn.de
Unabhängige Aufarbeitungskommission E-Mail: mail@uak-paderborn.de
Außerdem weist das Erzbistum darauf hin, dass sich Betroffene auch an Beratungsstellen, die unabhängig von der Kirche sind, wenden und Unterstützung suchen können.
Wendland appellierte an alle Betroffene, die vielfältigen Beratungs- und Gesprächsangebote des Erzbistums zu nutzen. Diese seien teils niederschwellig und würden auch über vom Erzbistum Paderborn unabhängig agierende Personen und Institutionen angeboten. Außerdem würde die unabhängig bestellte Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauchstaten durch Kleriker und Laien im Dienst der Kirche ihre Arbeit fortsetzen.