Arnsberg. Das besondere Verhältnis zwischen den Oeventropern und ihrem scheidenden Pastor Ernst Thomas kann Kirche Mut machen und eine Lehre sein.

Es war bewegend zu erleben, wie Pastor Ernst Thomas am vergangenen Wochenende Abschied von seiner Gemeinde und der Dorfgemeinschaft Oeventrop nahm. Wenn einem Geistlichen zum Dank ein solcher Bahnhof gemacht wird, zeugt das von einem ganz besonderem Verhältnis zwischen Priester und den Menschen im Ort. Vor allem aber ist es ein mutmachendes Lehrbeispiel dafür, dass und wie die katholische Kirche allen Unkenrufen zum Trotz noch richtig gut funktionieren kann.

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Da ist zum einen die Person: Ernst Thomas. Ein meinungsstarker Pastor, der die Kirche nie von der hierarchischen Struktur der Institution, sondern vom Menschen her dachte. Einer, dem die Sorgen und Freuden der Gemeindemitglieder und Oeventroper wichtiger waren als das Beharren auf starren Strukturen. Einer, der stets zum Ausdruck brachte, nicht über der Gemeinde stehen zu wollen, sondern an ihr und ihrem Leben teilhaben zu wollen. Wenn auch ein Oeventroper in der Vergangenheit abschätzend von „der Kirche“ sprach, meinte er wohl nie Ernst Thomas.

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Der beste Pastor braucht aber einen fruchtbaren Boden, auf dem er wirken kann. Und da kommt eine Orts- und Gemeinschaftsstruktur ins Spiel, die Kirche funktionieren lassen kann. Oeventrop ist stark organisiert in Vereinen und gesellschaftlichen Initiativen - ob Sport, Schützen, Dorfentwicklung, Heimatgeschichte oder über Schule und Kindergarten. „Gemeinsam“ ist hier keine Floskel, sondern Programm. Das sorgt im Ort für viel gesellschaftlichen Konsens und ein Wertefundament. Eine Kirche, die sich in diesem insbesondere in Oeventrop durchaus kritischen Umfeld mittragend einbringt anstatt belehrend zu bevormunden, wird auch als Kompass akzeptiert.

Wird sich das in Oeventrop wiederholen? Das wird nur gelingen, wenn die Kirche in Oeventrop in Prozessen der Strukturveränderung die von Ernst Thomas gelebte Nähe zum Menschen im Ort nicht verliert. Sie ist die Grundlage. Kann sich das anderswo entwickeln oder bewahrt werden? Auch das kann gelingen, wenn wir bei aller Individualisierung nicht unseren Blick für Gemeinschaft (und Gemeinde) und Werte verlieren, hinter denen wir uns lebensbejahend und menschenfreundlich vereinen können. In einem solchen Umfeld kann „Kirche“ - weniger als Institution als vielmehr als ein Angebot fürs Leben - eine Zukunft haben.