Sundern. Wie ein Start-Up-Gründer und eine PR-Expertin aus der Großstadt fliehen und ihre Wurzeln neu entdecken. Ganz im Sinne der Wirtschaftsförderer.

Viele kennen das: Man wächst in einer ländlichen Umgebung auf, wie zum Beispiel in Sundern und will als junger Mensch einfach nur weg aus dem Dorf. In die Großstadt zur Ausbildung oder zum Studium, hinaus in die weite Welt. Jeder dritte Sauerländer zwischen 18 und 25 Jahren verlässt seine Heimat. Auch die anschließende Jobsuche findet eher in größeren Städten statt. Das kann Sandra Stein (Marketing-Leiterin bei Sorpetaler Fensterbau in Sundern-Hagen) nur bestätigen. „Ja, das war damals auch mein Wunsch“, verrät sie.

Nach dem Studium

Während des Studiums in Bochum verliebte sie sich in einen Sauerländer und ging mit ihm anschließend nach Berlin, um dort Arbeit zu finden. „Mein Freund, Stefan Appelhans, hat dort ein Start-Up gegründet und ich wollte Berufserfahrung im PR-Bereich und im Content-Marketing sammeln.“ Das Paar wohnte in Wedding , wo das Leben pulsiert. Die Berliner Zeitung schreibt sogar, dass Wedding auf Platz 4 der coolsten Stadtteile der Welt liegt. Hier kann man doch nicht wieder wegwollen, oder?

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„Es war sehr schön dort“, sagt Sandra Stein. „Unsere erste Tochter ist in Berlin geboren. Die Infrastruktur mit Einkaufsmöglichkeiten, Kita und Spielplätzen - einfach spitze.“ Dennoch zog es die kleine Familie zurück in die Heimat. „Die Entscheidung lag darin begründet, dass mein Freund die Möglichkeit erhielt, die Geschäftsführung bei der Firma Sorpetaler Fensterbau zu übernehmen.“ Der Produktionsbetrieb ist ein Familienunternehmen mit 85 Mitarbeitenden. „Für uns war dies die beste Entscheidung. Das zweite Kind war unterwegs, und in Sundern können die Kleinen nun draußen herumtoben, ohne dass ich Angst haben muss, dass sie beispielsweise von einem Auto überfahren werden.“

Sie liebt ihre Aufgabe in dem mittelständischen Unternehmen, das im Sauerland liegt.
Sie liebt ihre Aufgabe in dem mittelständischen Unternehmen, das im Sauerland liegt. © Anja Jungvogel | Anja Jungvogel

Die Schwiegereltern wohnen gleich nebenan und auch für Sandra Stein bot sich eine Möglichkeit, im Betrieb einzusteigen. Mittlerweile ist das dritte Kind seit vier Jahren auf der Welt und alle fühlen sich in Sundern-Hagen ausgesprochen wohl. Sie ist im Leben viel herumgekommen. „Ich bin in Ulm geboren, in Luxemburg aufgewachsen, mein Abitur habe ich in der Nähe von Trier gemacht und dann in Bochum mein Studium absolviert.“ Jetzt ist Sandra Stein „zu Hause“ angekommen. „Mir gefällt nicht nur die Umgebung sehr gut. Ich finde, dass es hier zudem viel leichter ist, Netzwerke zu knüpfen.“

Karriere-Netzwerk „Heimvorteil“

So ist sie auch mit Karin Gottfried bekannt geworden, der Leiterin des Projektes „Heimvorteil“ im Hochsauerlandkreis. „Wir wollen Menschen erreichen, die das Sauerland verlassen haben und den Weg in die alte Heimat suchen. Das Projekt wird in enger Zusammenarbeit mit der Südwestfalen-Agentur umgesetzt“, sagt Karin Gottfried. Die Finanzierung und Umsetzung dieses Projektes liegt federführend bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Hochsauerlandkreis. In Zeiten des Fachkräftemangels sei es gerade für ländliche Regionen sehr wichtig, an junge, qualifizierte Arbeitskräfte zu kommen.

Karin Gottfried ist Leiterin des Projektes „Heimvorteil“ im Hochsauerlandkreis.
Karin Gottfried ist Leiterin des Projektes „Heimvorteil“ im Hochsauerlandkreis. © WP Meschede | Heimvorteil HSK

Ihr gefällt das. Zudem weiß sie die aktive Dorfgemeinschaft in Sundern-Hagen zu schätzen. „In Berlin war alles anonymer. Hier kommt man viel leichter ins Gespräch, findet Freunde in Vereinen und Verbänden.“ So ist die 37-Jährige sogar lokalpolitisch als fachkundige Bürgerin aktiv und Kreisvorsitzende der Grünen im HSK. Ihre drei Kinder (4, 6 und 9 Jahre alt) wachsen behütet auf, toben im Wald herum und erleben eine unbeschwerte Zeit im Sauerland. „Das hätte uns Berlin, so schön die Großstadt auch ist, auf keinen Fall bieten können.“