Arnsberg. Klaus-Jürgen Wrede aus Arnsberg erfindet nicht nur Spiele, er liebt sie auch. Nach seinem Hit „Carcassone“ ist jetzt „Herr der Ringe“ ganz neu.
„Das Flüsterhäuschen – da sind wir Kinder immer gerne mit unserer Katze spazieren gegangen“, sagt Klaus-Jürgen Wrede und meint das Ehmsendenkmal in seiner Heimatstadt. „Ja, so wie andere mit ihrem Hund (er lacht). Wir haben sie immer in einer Tasche da hochgetragen und im Wald an der langen Leine laufen gelassen.“ Es sind die kleinen Momente, an die der 60-Jährige sich gerne erinnert. An die Highlights seiner Kindheit. Denn er verließ seine Heimatstadt Arnsberg mit 19 Jahren – zu Beginn seines Studiums in Köln.
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Klaus-Jürgen Wrede ist der Erfinder des weltberühmten Brettspiels Carcassonne, das im Jahr 2001 mit dem begehrten Titel „Spiel des Jahres“ und „Deutscher Spielepreis“ gekürt wurde. Das kreative Werk eines Arnsbergers. Es war das erste Spiel, das der Musik- und Religionslehrer erfand. Doch nicht das letzte. Es folgten etliche auf dem Legespiel Carcassonne basierende weitere Spiele, aber auch andere Spiele wie zuletzt „Zero Hero“, einem kurzweiligen Sammelkartenspiel aus dem Jahr 2023.
Sein neuestes Werk? „Der Herr der Ringe: Der Ringträger“. Druckfrisch bei Schmidt Spiele sei es und werde in den nächsten Tagen ausgeliefert.
Eigentlich war es die Musik - wie auch bei seinen Eltern
„Ich habe schon als Kind gerne Brettspiele gespielt – nur so zum Spaß. Interessanter wurde es dann, als ich 13 oder 14 war – mit Schach“, sagt er. Damals habe sein Vater im Krankenhaus gelegen. „Sein Zimmernachbar hat mir Schach beigebracht.“ Er sei dann morgens eher zum Laurentianum Gymnasium gefahren, um vor dem Unterricht noch eine Partie Schach zu spielen.
Damals habe er seine Kreativität vollkommen in die Musik gesteckt – war mit 16 Jahren bereits Preisträger des Wettbewerbs „Jugend komponiert“. Seine Eltern waren ebenfalls sehr musikalisch. Sein Vater, der sein Studium des Dirigierens wegen des Krieges abbrechen musste, studierte danach Klavier und Musik auf Lehramt. „Er war hauptsächlich am Gymnasium in Arnsberg, hat aber auch Klavier unterrichtet und Chöre geleitet.“
Seine Mutter, die zunächst eine Gesangskarriere anstrebte, habe ihr Leben komplett umkrempeln müssen, als sie vorzeitig den Hotelbetrieb ihres verstorbenen Vaters in Freienohl übernahm. Erst später, als Wredes Vater starb, habe sie noch eine Ausbildung zur Musikpädagogin absolviert und trotz ihres Daseins als dreifache Mutter gearbeitet. Der Spieleerfinder des Brettspiels Carcassonne verlor seine Eltern schon sehr früh. „Ich war 16 Jahre alt, als mein Vater starb und 22, als meine Mutter verstarb.“
Der Gymnasial-Lehrer, der einen Spielehit hinlegte
Zu der Zeit lebte er bereits in Köln, studierte katholische Religion und Musik auf Lehramt, anschließend Klavier und Komposition an der Musikhochschule Köln und der Universität zu Köln. Daneben begann er mit eigenen Kompositionen. „Ich durfte damals auch für Konzerte des Kulturamts der Stadt Arnsberg komponieren.“ Er denkt gern an diese Zeit zurück.
Während dieser Zeit habe er auch angefangen, einen Roman zu schreiben und entdeckte, dass es neben Halma, Mühle und Monopoly (das er nie wirklich gemocht habe) interessantere und spannendere Spiele gegeben hat. „Als ich dann mit 25 Jahren die Spielemesse in Essen besucht habe, hat es mich erwischt“, sagt er. „Das Virus Leidenschaft. Ich habe vier Tage durchgespielt und bin in die Spielewelt abgetaucht.“
Er unterrichtete an einer Kölner Schule, schrieb an seinem ersten Roman und erfand -fast nebenbei- das weltberühmte und preisgekrönte Brettspiel Carcassonne. „Die Produktion dauerte Monate“, sagt Klaus-Jürgen Wrede, „Dann wurde das Spiel des Jahres gekürt. Das Fernsehen kam, das Radio – Spielerweiterungen mussten her. Ich bekam viele Anfragen aus dem Ausland. Ich konnte es nicht fassen.“ Mit dem Presserummel, der Preisverleihung in Berlin habe er damals nicht gerechnet. „Eine Welle überkam mich.“
Recherche zum Buch führt zum weltberühmten Spiel
Der Roman sei dadurch jedoch über Jahre hinweg liegengeblieben. Irgendwie schade, wie Klaus-Jürgen Wrede heute findet, denn inzwischen war das Buch „Sakrileg“ erschienen, dessen Geschichte der seinen sehr nahe sei. „Ich war mir unsicher, ob ich meinen Roman dann noch veröffentlichen sollte. Ich wollte kein Trittbrettfahrer sein“, so der Spieleerfinder und Autor, „doch dann habe ich es einem Agenten gezeigt und er motivierte mich, es zu Ende zu schreiben.“ Vielleicht wäre dann seine Geschichte statt die des „The Da Vinci Code – Sakrileg“ verfilmt worden? Er lacht. Um das zu glauben, dafür ist er offensichtlich zu bodenständig.
Warum es ihn niemals zurück nach Arnsberg zog? „Die ersten zwei Jahre in Köln waren schrecklich. Laut und verbaut. Aber dann hat es sich gedreht. Überall ist Geschichte. Ich liebe historische Orte. Nicht, dass Arnsberg diese nicht hätte – aber ich lernte, Köln zu lieben.“ Heute lebt er im Siebengebirge – auf dem Land. Weit weg von Arnsberg. Und dennoch ist er ab und zu im Sauerland – immer dann, wenn er es mal zu einem Abi-Treffen schafft oder aber seine Schwester besucht. „Sie ist Ärztin in Neheim.“ Seine andere Schwester lebt in Köln. Mit ihr habe er daher mehr Kontakt.
Wer weiß: Vielleicht zieht es ihn zurück nach Arnsberg
Das letzte Mal sei er vor etwa einem Jahr in Arnsberg gewesen. Käme er heute zum Flüsterhäuschen, erinnere er sich gerne an alte Zeiten zurück. Er besuche dann gerne den Steinweg, den Schlossberg, den Alten Markt. „Da bin ich früher jeden Tag hergelaufen.“
Heute komme ihm, nach einem Leben in der Großstadt, in Arnsberg alles so klein vor – aber das Gefühl habe er auch, wenn er aus London nach Köln zurückkomme. „Wenn ich geblieben wäre, wäre das vielleicht anders“, meint er, „als Kind kam mir alles viel größer vor.“ Aber wer weiß, vielleicht zieht es den Erfinder der Carcassonne-Spiele ja früher oder später wieder zurück in seine Heimatstadt Arnsberg. „Ich könnte mir vorstellen, meinen Ruhestand in Arnsberg zu verbringen – ich schätze die Natur wieder mehr als früher. Hier sitze ich jetzt in einer Hügellandschaft, sehe Wälder, Pferde gegenüber.“ Nun, Hügel gibt es im Land der tausend Berge mehr als genug. Er lacht. „Ja, wer weiß.“