Neheim. Wer fürchtet, vor einem Burn-out zu stehen, sollte Sozialarbeiterin Mirvat El-Dessouki kontaktieren und eine Beratung vereinbaren.

„Ausgebrannt!“ Ja - so einfach lässt sich „Burn-out“ übersetzen; doch an der Krankheit ist nichts einfach; nicht einmal ihre Definition. Ob Burn-out ein eigenes Syndrom oder eine Unterform der Depression ist, darüber streitet sich die Fachwelt.

Mirvat El Dessouki will nicht streiten, sie will helfen: „Ich bin keine Psychotherapeutin, ich bin Sozialarbeiterin“, stellt sie gleich zu Beginn unseres Gesprächs klar. Bin ich also an der falschen Adresse? Keineswegs, denn die Leiterin der Kontakt- und Beratungsstelle des Förderkreises Psychische Gesundheit Arnsberg hat häufig mit Menschen zu tun, die „einfach nicht mehr können“. So oder ähnlich beschreiben ihre Klienten das, was sie quält.

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Kaum jemand komme mit dem Satz „Ich leide an Burn-out“ auf der Zunge in die Beratungsstelle (Goethestraße 19 in Neheim): „Sie sprechen es nicht aus“, meint Mirvat El Dessouki mit Blick auf ihre Gesprächspartner - eher Männer als Frauen und im Schnitt zwischen Anfang 40 und Mitte/Ende 50. „Viele wissen zunächst gar nicht, dass sie in ein Burn-out laufen“, berichtet sie. Doch treffen kann es jeden: „Ich habe schon echte Kanten vor mir sitzen gesehen, die sich eingestehen mussten, dass es nicht mehr weiter gehen kann wie bisher“, so die Sozialarbeiterin.

Beruflicher Druck als Auslöser

Die Ursachen? „Es spielen viele Dinge mit rein“, weiß El Dessouki - am Anfang stehe aber fast immer beruflicher Druck: Teamprobleme im Job zum Beispiel, die mit nach Hause genommen werden, wo auch nicht immer alles rund läuft.(Existenz-)Ängste seien die Folge, häufig kämen dann physische Stresserscheinungen wie Ohrgeräusche, Panikattacken oder Händezittern hinzu.

„Nichts geht mehr?“ - und das nicht nur am Arbeitsplatz? Das Burn-out-Syndrom ereilt immer mehr Menschen, auch in Arnsberg und Sundern (Symbolfoto).
„Nichts geht mehr?“ - und das nicht nur am Arbeitsplatz? Das Burn-out-Syndrom ereilt immer mehr Menschen, auch in Arnsberg und Sundern (Symbolfoto). © imago/Westend61 | Giorgio Fochesato

Was tun? Den Job wechseln? Die Probleme verdrängen und einfach weitermachen wie bisher? Fakt ist - es wird von selbst nicht besser - im Gegenteil: Ein Gefühl der Ausweglosigkeit entsteht... „Es gibt Menschen, die haben irgendwann sogar Angst vor ihrem Postkasten“, berichtet die Sozialarbeiterin aus ihrem Alltag, „weil dort Rechnungen oder Briefe auflaufen, die alles noch schlimmer machen.“ Irgendwann kommt der Punkt, an dem Betroffene in sich hineinhören - und eine Entscheidung treffen müssen: Hole ich mir Hilfe?

Gespräch steht im Mittelpunkt

Wenn ja - wo; und wie kann diese Hilfe aussehen. „Wir machen mit unserer Beratungsstelle ein niederschwelliges Angebot“, betont Mirvat El Dessouki. Konkret heißt das: Hilfe in Form von Gesprächen. Ihre Patienten - sie kommen aus eigenem Antrieb, auf Drängen von Angehörigen, manchmal auch aus dem benachbarten Johannes-Hospital des Klinikums - haben viele Fragen. „Wir schauen dann, wie es weitergehen kann“, sagt die Beraterin. Ziel dabei ist stets ein Umdenken: „Bin ich in der Lage, mein Leben komplett umzukrempeln - oder reicht es, das Positive stärker in den Fokus zu rücken?“ Manche schaffen das ohne weitere Hilfe, andere nicht; Letztere sollten dann Therapeuten kontaktieren, eine Gesprächs-/Selbsthilfegruppe besuchen, sich ambulant betreuen lassen oder (zeitweise) Zuflucht in einer Wohngruppe in Erwägung ziehen. Auch ein Klinikaufenthalt ist eine Alternative. Die Kontakt- und Beratungsstelle vermittelt, unterstützt - eines jedoch kann nur der jeweilige Betroffene leisten: den Mut aufbringen, etwas zu verändern - und am besten nicht zu lange damit zu warten.

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„Viele kommen erst, wenn sie bereits arbeitsunfähig sind“, gibt Mirvat ein Beispiel. Eigentlich zu spät - aber das würde sie natürlich nie jemandem sagen - in keiner der zahlreichen Beratungen, die sie seit ihrem Dienstantritt an der Goethestraße 2019 geführt hat. Allein im Jahr 2022 waren es 643 Gespräche. Natürlich ging es dabei nicht immer konkret um Burn-out, stets aber um Formen von Depression und Angst - die Bestandteil dieses Syndroms sind.

Wer jetzt in sich hinein horcht und feststellt, „kommt mir alles irgendwie bekannt vor“, sollte nicht zögern und einen Termin vereinbaren. „Ich stelle dann zunächst den Förderkreis und seine Angebote vor“, schildert die Sozialarbeiterin den Einstieg. Dieser Förderkreis wird übrigens vom Hochsauerlandkreis finanziert und bietet in kreisweit sechs Stellen Beratung und Hilfestellung an. Wer sich näher informieren möchte: https://www.fpg-arnsberg.de/