Oeventrop. Franz-Josef Hanses über die Wegwerfgesellschaft und seinen Wunsch, dass die Jugend wieder mehr Interesse an Technik zeigt.
„Früher gab’s zwei bis drei Reparaturwerkstätten in jeder Stadt“, sagt Franz-Josef Hanses, „heute bekomme ich Anfragen aus ganz Deutschland.“ Am 1. März 1977 um 9 Uhr begann sein Leben als selbstständiger R+F Meister – heute, 47 Jahre später, hat er seinen Beruf zum Hobby gemacht. Er ist einer der letzten aktiven Radio- und Fernsehtechniker Meister im ganzen HSK.
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Ganz in der Nähe sei sein Ladengeschäft gewesen, das er vor gut drei Jahren geschlossen habe. Den Beruf ganz an den Nagel gehängt hat der heute 72-Jährige jedoch nicht. „Ich bin wieder in den Räumen aktiv, in denen ich einst anfing.“
Er hat viele Ersatzteile, weiß genau, wo jedes noch so kleine Teilchen liegt. „Ich habe alles kategorisiert und in einer Datei gespeichert.“ Etliche Kleinteile, Transistoren. Seine Werkstatt ist aufgeräumt, sortiert – und es steckt nur ein Nagel in der Wand. Der für seinen Meisterbrief aus dem Jahre 1976. Eines seiner liebsten Erinnerungsstücke.
„Heute könnte man sich eine goldene Nase verdienen“
Es hat sich einiges geändert in den letzten Jahrzehnten. So gebe es heute in diesem Beruf so gut wie keinen Nachwuchs mehr, sagt Franz-Josef Hanses. Bis vor etwa zehn Jahren habe er selbst regelmäßig ein bis zwei Praktikanten im Jahr gehabt. „Ich hatte immer Spaß daran, den jungen Menschen etwas beizubringen – doch irgendwann hörte das komplett auf.“
Vor rund 20 Jahren habe sich bereits abgezeichnet, dass sich der Beruf als Radio- und Fernsehtechniker nicht mehr rentiere. Daher habe er auch nie darauf hingearbeitet, dass einer seiner zwei Söhne die Werkstatt übernimmt. „Einer meiner Söhne wollte seit seiner Kindheit Pilot werden“, sagt er stolz, „und hat es auch geschafft – er arbeitet bei der Lufthansa.“ Der andere Sohn habe Elektrotechnik studiert und arbeite nun in einem renommierten Unternehmen im HSK.
„Heute könnte man sich mit einer Reparatur-Werkstatt eine goldene Nase verdienen“, meint Franz-Josef Hanses. „Der Markt und die Nachfrage ist da – aber es fehlen die, die es machen. Die Handwerker.“
Handwerkliches und technisches Grundverständnis bereits in der Grundschule fördern
Seinen Enkelkindern versucht er, die Grundkenntnisse der Elektrotechnik etwas näher zu bringen. Erklärt und zeigt seinem Enkel beispielsweise, was ein Stromkreis ist. Dieser wusste es dann in der Schule schon und hat die Lehrerin damit sehr beeindruckt.
Er würde sich wünschen, dass sich wieder mehr junge Menschen für das Handwerk, insbesondere die Elektrotechnik, interessieren – und bereits in den Grundschulen ein gewisses handwerkliches und technisches Grundverständnis vermittelt würde.
„Denn manchmal sind es einfach nur Kleinigkeiten wie etwa Wackelkontakte, die man schnell in den Griff bekommt – dafür muss man das Gerät nicht direkt wegwerfen.“
In Zeiten der Wegwerfgesellschaft
Aus ganz Deutschland komme man auf ihn zu – rufe ihn sogar aus Venedig an, um sich etwas reparieren zu lassen. „Zumeist sind es Menschen, die ihre alten Schätze wertschätzen“, sagt er. Oldtimer-Fans, Besitzer uralter Radios. Ältere Menschen, die noch das Persönliche in einer Geschäftsbeziehung schätzen. Erst kürzlich habe er ein Radio repariert, das 1939 gebaut worden war.
„Das freut mich dann – wenn die Menschen sich darüber freuen, dass ihre alten Geräte wieder funktionieren“, so der Meister. Außerdem sei es auch genau das, was nachhaltig sei – nicht wegwerfen, sondern reparieren.
Problem dabei: Es gibt niemanden mehr, der selbst Hand anlegen und die unterschiedlichsten Dinge reparieren kann. „Wenn heute etwas kaputt geht, wird es einfach neu gekauft.“ Er sehe das Ergebnis, wenn er zum Bringhof fahre. „Da liegen ohne Ende Fernseher herum“, sagt er, „Geräte, die man locker in wenigen Minuten reparieren könnte.“ Das tut ihm in der Seele weh.
Handwerkliche Aktivität steigert geistige Aktivität
Die 50 Jahre will Franz-Josef Hanses noch voll machen – im Hobbydasein. Für den ein oder anderen noch etwas werkeln. Ans Aufhören denkt er daher noch nicht. „Das Handwerk hält mich auch fit“, sagt er, „denn ich muss den Kopf einschalten – mich in alles hineindenken und immer weiterlernen.“
Ein zweites Hobby also. Denn während seine Frau am Abend TV schaut, sieht er sich Youtube-Videos an, wo winzige chips aus und eingelötet werden, so erzählt er. „Ich möchte immer wissen, wie es funktioniert.“ Er sei wissbegierig und lernbereit. Schließlich repariert er nicht nur „alte Schätzchen“, sondern auch moderne Fernsehgeräte, Elektrotechnik-Komponenten, Autoradios oder auch medizinische Geräte. Aber eben nicht mehr in den Massen, wie er es noch vor einiger Zeit gemacht habe.
„Wir haben festgestellt, dass es auch noch ein Leben neben dem Job gibt“, sagt er und lacht, „aber das Hobby werde ich noch lange ausüben.“