Sundern. Helle Sönnecken trotzt Trollen im Social Media. „Den Hatern nicht das Feld überlassen.“ -So wehrt sie sich auf Facebook und Instagram.
Laut bundesweiter Polizeistatistik ist jeder zweite kommunalpolitisch engagierter Mensch schon mal mit digitaler Gewalt konfrontiert worden. Auch die Sunderner Lokalpolitikerin Helle Sönnecken fühlt sich zunehmend von Hass und Hetze im Internet bedroht. „Noch vor ein paar Jahren war mein Instagram-Profil ‚grün‘. Ich habe auf dieser Plattform gerne meine politische Meinung kundgetan.
Lokalpolitikerin erlebt Hass und Hetze im Netz
Doch seit einiger Zeit – genauer gesagt seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges – hält sie das Parteiprogramm weitgehend aus den sozialen Medien heraus. „Polarisierende Themen habe ich schon früher nicht gepostet. Da war ich sowieso vorsichtig“, sagt die Sundernerin, die seit Anfang des Jahres Geschäftsführerin der Grünen im Kreis-Siegen-Wittgenstein ist.
Seit der Energie-Krise seien besonders ihre Parteikolleginnen und Kolleginnen im Bundestag unter Beschuss. „Sobald die Bürgerinnen und Bürger sich persönlich betroffen fühlen, sinkt die Hemmschwelle, den persönlichen Unmut anonym herauszuposaunen.“ In gewisser Weise hat Helle Sönnecken sogar Verständnis. Preisanstiege, Einschränkungen und Zukunftsängste schüren Emotionen. „Nur bitte nicht anonym und unter der Gürtellinie“, so die 37-Jährige.
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Die repräsentative Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug“ des Kompetenznetzwerkes des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend dokumentiert, dass der digitale Hass den demokratischen Diskurs bedroht. Dennoch denkt Sönnecken, dass das aggressive Meinungsbild, welches in den sozialen Medien von Algorithmen in den Vordergrund geschoben wird, nicht der Gesellschaft entspreche. „Negative Meldungen werden bei Facebook und Instagram häufiger ausgespielt.“ Es sei also kein menschliches Vergehen, eher ein technisches. „Das Unternehmen Meta interessiert sich nur für die Klicks beziehungsweise für das Geld“, so die Sundernerin.
„Lauter Hass – leiser Rückzug“
Das Schlimmste dabei sei, dass die Beleidigungen und unsachliche Kritik sie persönlich treffen. „Mein Verhalten im Netz hat sich durch die Hater verändert“, gesteht sie. Helle Sönnecken will denen jedoch nicht das Feld überlassen und verteidigt ihre Position mit schlagkräftigen Argumenten. „Die jüngsten Proteste für Demokratie und Vielfalt auf den Straßen haben meine Theorie bestätigt, dass der größte Teil unserer Gesellschaft auf dem richtigen Weg ist.“
Denn diejenigen, die am lautesten bei Facebook oder bei Instagram schimpfen, seien nicht unbedingt in der Mehrheit. Dieser Ansicht ist auch Christoph Hillebrand. Er sei als Lokalpolitiker zwar noch nicht im Netz angefeindet worden, kenne aber das Problem. „Es wird schnell in der Politik ein Schuldiger gesucht, ohne das Verhalten mal selbst zu reflektieren. In den sozialen Medien erlebe ich zudem immer mehr bewusst gesteuerte FakeNews. Das ist echt gefährlich. Wir können dem nur entgegenwirken, in dem wir selbst ausführlich erklären und berichten, was wir tun und warum. Wir müssen die Menschen mitnehmen. Oft ist es aber auch echt frustrierend, wie lange es dauert, bis Projekte umgesetzt werden. Egal auf welcher politischen Ebene.“
Helle Sönnecken meint zudem, dass Frauen im Besonderen von digitalen Hasskommentaren betroffen seien, „da sie mehr Angriffsfläche bieten“, sagt sie. Dabei werde oft das Äußere beschimpft oder ein Frauen-Klischee aus der Ärmel gezogen. „Ich nehme mir solche Sachen übrigens viel mehr zu Herzen als mein Mann, den das beispielsweise gar nicht belastet.“
Früher war Sönneckens Instragram-Seite „grün“ und wenig privat. „Doch nachdem ich mehr ud mehr Hass-Kommentare über die grüne Politik löschen musste, habe ich berufliche Posts archiviert, so dass nur noch ich sie sehen konnte.“ In den letzten Wochen wagte sie nun die Rückkehr. „Die Demonstrationen in den Städten haben mir Mut gemacht. Wir brauchen Menschen, die sich trauen, gegen Hass und Hetze ihre Stimme zu erheben und die Dinge richtigstellen.“
Wer hasserfüllte Nachrichten oder Kommentare erhält, reagiert oft eingeschüchtert oder klickt die Nachricht einfach weg. Das sei zwar der einfachste, aber nicht der richtige Weg. „Man kann die Einträge auf allen sozialen Plattformen melden. Auch wenn es mühselig ist“, so Helle Sönnecken. „Außerdem blockieren.“ Man könnte den Täter oder die Täterin auch zur Rede stellen. Umfangreiche Infos zum Thema gibt es zudem unter: www.kompetenznetzwerk-hass-im-netz.de.