Neheim. Volker Verch vom Unternehmensverband Westfalen hat Sorgen angesichts Pessimismus in heimischer Industrie. Was macht das mit den Jobs?
Mehr Symbolik geht eigentlich nicht. Während Geschäftsführer Dr. Volker Verch in der Zentrale des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte in der Neheimer Goethestraße die Ergebnisse der vor Weihnachten durchgeführten Konjunkturumfrage vorstellt, fehlt eine Galionsfigur der heimischen Wirtschaft am Tisch. Verbandsvorsitzender Egbert Neuhaus ist aktuell damit beschäftigt, sein angeschlagenes Unternehmen Wesco durch ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung sanieren zu lassen. Das passt zur Lage: „Die Einschätzung der Unternehmen ist sehr pessimistisch“, sagt Volker Verch, „wir sprechen wirklich von einer strukturellen Krise“.
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Jammern gehört für viele zum Geschäft - nicht aber unbedingt beim Unternehmensverband. „Wir haben immer auch gesagt, wenn wir positiv nach vorne schauen“, so Verch. Nun aber nimmt er Worte in den Mund wie „erschreckend“, „besorgniserregend“ oder „Warnsignale“. Zu düster empfinden die Mitgliedsbetriebe, die sich an der Umfrage beteiligten und immerhin 38.000 Beschäftigte in Lohn und Brot haben, die derzeitige Lage. Die aktuelle Geschäftssituation wird von 36 Prozent der Unternehmen als schlecht bezeichnet. „Das macht uns Sorge“, so Verch. Vor allem in Verbindung mit der nächsten Zahl, dass 48 Prozent der befragten Unternehmer davon ausgehen, dass 2024 noch schlechter wird. „So etwas ist ein Warnzeichen, das auch die Politik hören muss“, sagt Verch.
Dass die Erwartungen so schlecht sind, hat Gründe. Wenn 45 Prozent der Unternehmen von schlechter Auftragslage im Inland und 34 Prozent im Ausland sprechen, sind das deutlich gestiegene Werte gegenüber dem Vorjahr. Und von Optimismus für die nächsten Monate gibt es auch da keine Spur - ebenso wie bei der Ertragslage. Nur knapp ein Viertel der Unternehmen vermeldet für 2023 eine gute Ertragslage und 56 Prozent erwarten schlechtere Erträge als in 2023. „Ertrag aber ist die Grundlage für Investitionen“, weiß Volker Verch, „und ausbleibende Investitionen gefährden die Standorte und die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen“. Wer sich nicht weiter entwickeln könne, „bleibt auf der Strecke“.
Schon Egbert Neuhaus warnte im vergangenen Jahr mehrfach vor einer „Deindustrialisierung“ in Deutschland. „Dieses Wort ist jetzt in der Diskussion“, weiß Volker Verch. Er fürchtet, dass es aktuell für Unternehmen wenig Argumente gebe, neue Fertigungen in Deutschland zu begründen. „Im Bestand tut keiner was, aber bei neuen Investitionen schauen jetzt viele ins Ausland“, so der UVWM-Geschäftsführer, „und wenn nun noch die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich käme, wäre das der Sargnagel für die heimische Wirtschaft“.
Natürlich gibt es auch noch die Strahlemänner der Industrie. In der Elektroindustrie oder bei der Halbleitertechnik herrsche Optimismus. Besonders pessimistisch würden sich derzeit aber die metallverarbeitenden und konsumabhängigen Betriebe sowie der Maschinenbau zeigen. „Und das sind ja unsere Kernbranchen“, sagt Dr. Volker Verch. Aktuell gebe es nicht den einen Anlass für gedämpfte Stimmung, sondern eine Vielzahl an Punkten. Zum einen die externen Umstände wie internationale Konflikte, gestörte Transportwege und Materialpreise. Und dann die internen Hürden - hier werden „überbordende Bürokratie“, schleppende Genehmigungsverfahren, hohe Abgaben und Personalkosten und vor allem die hohen Energiepreise genannt. „Wir brauchen Rahmenbedingungen, die uns wettbewerbsfähig gegenüber unseren Nachbarländern machen“, fordert Volker Verch.
Eine Konjunkturumfrage fragt Stimmungen und Erwartungen ab. Volker Verch gibt zu, dass das letzte Jahr besser war als es zuvor auch in der Umfrage 2022 befürchtet worden war, was er sich natürlich auch für 2024 wünsche. Aus Sicht der Beschäftigten macht Mut, dass „der Arbeitsmarkt nicht der wirtschaftlichen Lage folgt“. Unternehmen würden derzeit den Personalabbau auch in schwierigeren Zeiten angesichts des Fachkräftemangels scheuen. „Man braucht die qualifizierten Leute ja, wenn der Aufschwung wieder kommt“, so Verch. Daher werden auch in 2024 in ähnlichem Maße wie in 2023 ausgebildet.