Arnsberg. SBL beschwert sich über AfD-Veranstaltung in alter Realschule, während Verdi nicht im Bürgerzentrum Arnsberg tagen darf. Die Regeln.
„Mit Verwunderung mussten die Sauerländer Bürgerliste Arnsberg und ich als Mitglied im Rat der Stadt Arnsberg zur Kenntnis nehmen, dass die AfD am 24. November, 18.30 Uhr, in den städtischen Räumlichkeiten der ehemaligen Realschule Neheim eine öffentliche Veranstaltung mit dem Titel ‚Bericht aus dem Bundestag‘ durchführen konnte, einer Verdi-Gruppe aber auf entsprechende E-Mail-Anfrage zur Nutzung des Bürgerbahnhofs Arnsberg die begehrte Nutzung für ein Mitgliedertreffen verweigert wurde“ heißt es in der Anfrage des Ratsmitglied Gerd Stüttgen (SBL).
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Zwar sei ihnen bewusst, dass die Stadtverwaltung die Vermietung ihrer Räumlichkeiten einer im Rat und im Deutschen Bundestag vertretenen Partei vermutlich „trotz erheblicher Zweifel an deren Verfassungstreue“ nicht ohne Weiteres verweigern könne, die Begründung gegenüber der Gewerkschaft Verdi, es seien - wenn auch ein anderes Gebäude gemeint war - keine politischen Veranstaltungen erlaubt, sei „schlicht skandalös“.
Vergleich der alten Realschule Neheim mit dem Bürgerzentrum Arnsberg hinkt
Der Vergleich zwischen diesen beiden städtischen Gebäuden hinkt jedoch, zumal der Bürgerbahnhof in Arnsberg primär für bürgerschaftliches Engagement und nicht für sonstige Zwecke genutzt werden könne. Grund dafür seien die damals erhaltenen Fördergelder für das Gebäude, teilt die Stadt Arnsberg auf Anfrage mit. „Eine Nutzungsanfrage des Bürgerbahnhofs durch die Gewerkschaft Verdi wurde mit Hinweis auf die Hausordnung des Bürgerbahnhofes abgelehnt. Grund ist, dass unter Punkt 14 der Hausordnung festgelegt ist, dass für politisches und religiöses Engagement im Bürgerbahnhof keine Räume zur Verfügung gestellt werden“, so Stadtsprecherin Ramona Eifert.
Die alte Realschule an der Neheimer Goethestraße hingegen unterliegt einem solchen Zweck nicht, so dass dort die Räumlichkeiten auch für politische Veranstaltungen angemietet werden können - und von der Stadt Arnsberg somit auch allen demokratisch gewählten Parteien zur Verfügung gestellt werden müssen. Wobei „demokratisch gewählt“ nicht gleichzusetzen ist mit „demokratisch“.
Gerd Stüttgen und die SBL jedoch sind der Ansicht, dass die gegenüber der Gewerkschaft geäußerte Begründung allein schon daher fehlerhaft sei, weil die Verdi keine politische Institution sei - und dementsprechend auch keine politische Veranstaltung hätte arrangieren wollen. Auch wenn natürlich die ein oder andere politische Frage dort diskutiert werde. „Politische Fragen werden von den anderen Nutzerinnen und Nutzern des Bürgerbahnhofs aber zweifellos mitdiskutiert, sofern die eigenen Vereins- oder Gruppenziele tangiert sind“, so Gerd Stüttgen weiter.
Stadt Arnsberg beruft sich auf Aussage des BGH (Bundesgerichtshof)
Die Stadt Arnsberg beruft sich bezüglich der Frage, ob eine Gewerkschaft „politisches Engagement“ an den Tag legt oder nicht, auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Februar 1965. Dort wird ausgeführt, dass sich eine Gewerkschaft in erster Linie zwar auf sozialem Gebiet bewege, während eine politische Partei bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirke, diese Tätigkeit aber keinesfalls ausschließlich Sache der Politik sei. „Auch eine Gewerkschaft nimmt dieses Recht für sich in Anspruch und wendet sich nach ihrer Darstellung an die Öffentlichkeit, wie dies eine politische Partei ihrer Zielsetzung entsprechend naturgemäß tut“, zitiert die Stadtsprecherin das genannte Urteil.
Vor diesem Hintergrund sei im Ergebnis die Wertung, dass eine Veranstaltung der Gewerkschaft als „politisches Engagement“ anzusehen sei, mit diesen Argumenten und der Rechtsprechung des BGH vereinbar. „Wir haben nochmals Kontakt zum Veranstalter von Verdi aufgenommen, um zu klären ob ggf. andere städtische Räumlichkeiten - unter Beachtung der erwähnten Vorgaben - in Betracht kommen“, so Ramona Eifert weiter.
Verwaltung möchte Miet- und Benutzungsordnung der Räume anpassen
Letztlich weist die Verwaltung der Stadt Arnsberg darauf hin, dass sie bereits in 2019 einen Vorstoß unternommen hatte, die Miet- und Benutzungsordnung für Räume der Stadt anzupassen. „Damals war im Rat keine erkennbare Mehrheit möglich und eine nochmalige Aufnahme des Punktes aussichtslos“, resümiert sie.
Unabhängig von der vorliegenden Anfrage werde aber verwaltungsintern bereits geplant, der Politik einen erneuten Vorschlag zur Anpassung der Miet- und Benutzungsordnung vorzulegen. Diesbezüglich gebe es bereits einen intensiven Austausch, sodass den politischen Gremien zeitnah ein entsprechender Vorschlag gemacht werden könne.