Arnsberg. Stadtkasse fehlen durch Cyberattacke 20 Millionen Euro nicht einziehbare Einnahmen. Stadt: „Bitte keine eigenständigen Überweisungen“

Der Arnsberger Stadtkasse fehlen als direkte Folge der Cyberattacke auf den IT-Dienstleister von rund 70 südwestfälischen Kommunen und Kreisen bereits 20 Millionen Euro auf dem Konto. Hintergrund ist, dass durch die nicht mehr nutzbare Finanzsoftware weder Einzüge von Gewerbe- und Grundsteuern vorgenommen noch Zahlungsaufforderungen versandt werden können. „Dadurch entsteht uns auch schon ein beträchtlicher Zinsschaden“, sagt Stadtkämmerer Rainer Schäferhoff.

Die Nachricht darüber löste einen außerordentlichen Gemeinsinn bei vielen Arnsberger Bürgern aus, die sich am Donnerstag bei der Stadt meldeten und fragten, wie sie nun selbstständig Steuern, Knöllchengelder und Abgaben bezahlen könnten, auch wenn Bescheide nicht rausgeschickt und Einzüge nicht vorgenommen werden können. „Bitte auf keinen Fall das Geld nun direkt an uns überweisen“, bittet die Stadt, die zugleich sehr erfreut über den gezeigten Gemeinsinn der Bürgerinnen und Bürger ist. „Im Prinzip ist der Gedanken schön“, so Stadtsprecherin Ramona Eifert, „das Problem aber ist, dass die manuellen Buchungen enormen Arbeitsaufwand bringen, der später nur langfristig aufgearbeitet werden kann“.

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Und selbst das Versenden von Zahlungsaufforderungen zum Beispiel bei Falschparkern funktioniert aktuell nicht. „Die Ordnungsämter schreiben zwar auf, die Bußgeldbescheide aber gehen nicht raus“, so Schäferhoff. Das wird nachgeholt, sobald die Finanzsoftware wieder teilweise oder vollumfänglich zur Verfügung steht. „Keiner weiß, wann das ist“, so der Kämmerer.

Richtig ins Geld gehen aber die fehlenden Steuereinnahmen seit Ende Oktober. Zwar wurden große Gewerbesteuerzahler gebeten, eigenständig zu überweisen, weil der Einzug ohne Finanzsoftware nicht vorgenommen werden kann, doch passierte das nur in seltenen Fällen. Alle Ressourcen der Stadtkämmerei sind aber nun weniger auf die Einnahmen-, sondern vielmehr auf die Ausgabenseite konzentriert. Es wurde schnell sicher gestellt, dass Auszahlungen von Sozialleistungen, Löhnen oder auch von offenen Rechnungsbeträgen - auch bei Großprojekten wie der Rathaussanierung - über die Bühne gehen können. „Das passiert aber alles manuell. Überweisung für Überweisung“, erklärt Rainer Schäferhoff. Dazu gebe es keine Alternativen, und doch habe man Lösungen gefunden. Bei den Einnahmen und Einzügen hilft nur warten.

Rainer Schäferhoff (rechts, mit Bürgermeister Ralf Bittner) hat derzeit keinen Einblick in die genauen Haushaltsdaten.
Rainer Schäferhoff (rechts, mit Bürgermeister Ralf Bittner) hat derzeit keinen Einblick in die genauen Haushaltsdaten. © WP | Stadt Arnsberg

Das Problem: Die Übertragungen in die Finanzsoftware sind aktuell nicht möglich. „Über 20.000 Bankbuchungen haben sich da schon aufgestaut, die später nachgetragen werden müssen“, erklärt der Kämmerer. Die große Arbeit und Herausforderung für die Abteilung beginnt somit erst dann, wenn die IT-Unterstützung wieder steht.

Das kostet jetzt der Stadt viel Geld und wir wissen, dass die Mitarbeitenden nun viele Überstunden leisten“
Jochem Hunecke, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Arnsberger Rat.

Solange Einnahmen nicht kommen und auch Ausgaben in die Finanzsoftware nicht verbucht sind, ist an die Einbringung eines städtischen Haushaltes nicht zu denken. Genau das wäre eigentlich jetzt zum Jahresende fällig gewesen. „Wir hängen aber völlig in der Luft“, sagt Rainer Schäferhoff, „wir kennen gar nicht alle Zahlen und kommen da jetzt auch nicht dran.“ Die Einbringung des Haushalts mitsamt der politischen Nebengeräusche in den Haushaltsreden der Parteien müssen daher in das nächste Jahr verschoben werden. Mit den Aufsichtsbehörden sei das so abgesprochen, zumal Arnsberg ja nicht die einzige betroffene Kommune ist.

Die Politik zeigt Verständnis. „Ja klar, das kostet jetzt alles viel Geld“, weiß Jochem Hunecke, Fraktionsvorsitzender der CDU. Im Haupt- und Finanzausschuss hatte Schäferhoff in der vergangenen Woche die Situation erklärt. Undf auch darüber informiert, dass er derzeit keinen Zugriff auf genaue Zahlen hat. „Das ist eine Art Blackbox für uns“, so der Kämmerer.