Arnsberg. Bündnis 90/Grüne wollen Holzen zu Energiewende-Dorf mit Vorbildcharakter entwickeln. Das sind die Ideen und Reaktionen.
Geplant ist ein großes Vorzeigeprojekt: Bündnis 90/Grüne beantragt, Holzen als Energiewende-Beispieldorf zu entwickeln, um den gesamtstädtischen Beitrag von Holzen zu würdigen. Bezirksausschuss-Vorsitzender Theo Nagel (CDU) begrüßt die Initiative ebenso wie Bürgermeister Ralf Bittner.
Der 42-jährige André Deimel ist „Ureinwohner“ von Holzen. Er ist groß geworden in der landwirtschaftlich geprägten Flächen-Ortschaft, sah die ersten Windräder der Stadt kommen und kennt sein Dorf. „Wir haben hier schon viel und hätten weitere attraktive Freiflächen für regenerative Energiegewinnung“, so Deimel, „das muss natürlich in das Landschaftsbild passen“. Er wünscht sich, dass Holzen bei der Energiewende voran schreitet und als Dorf davon dann auch profitiert.
Dazu schlagen die Grünen diverse Maßnahmen vor: Einen reduzierten Stromtarif vor Ort als Angebot der Stadtwerke Arnsberg. Investoren und Betreiberfirmen sollen verpflichtet werden, eine feste Summe jährlich auf ein Sonderkonto zu überweisen, die für Holzener Dorfprojekte genutzt werden kann. Öffentliche Maßnahmen zur effizienten Energienutzung sollen durchgeführt werden wie zum Beispiel energetische Sanierung von Schulen, Sportheimen oder anderen städtischen Gebäuden. Gefördert werden sollen auch private Maßnahmen zur Energieeinsparung oder effizienter Energienutzung. Hierzu müsse es Beratungen vor Ort durch die Verbraucherzentrale oder Info-Veranstaltungen geben. Einbezogen werden sollen ortsansässige Vereine und Gruppierungen.
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Holzen übernimmt in herausragender Weise Verantwortung für die Energiewende. Hier werden die meisten Flächen für Wind und zunehmend auch Photovoltaik bereitgestellt“, sagen Verena Verspohl und Julia Vollmer-Lentmann in einem Antrag für die Fraktion der Grünen, „das verändert das Dorf, davon sollen die Menschen positiv partizipieren“. Bereits seit 1998 wurden die ersten und bis heute die größte Anzahl an Windkraftanlagen auf dem Gebiet entwickelt, mittlerweile mit einer Leistung von zirka 10.000 Kilowatt. „Holzen leistet somit bereits einen sehr guten Beitrag zur Energiewende in Arnsberg“, so die Grünen. Das sieht auch Theo Nagel (CDU) so: „Wir sind in Holzen ständig bemüht, die Energiewende weiter nach vorne zu tragen“. Er verweist auf Planungen für einen Energie-Korridor mit den Städten Arnsberg, Balve und Sundern auf Holzener Gebiet mit Windkraft, Photovoltaik, Biogas und Wasserstoff. Es sei wichtig, „gemeinsam Energie vor Ort für die heimische Industrie und nicht Strom für andere in weite Ferne zu erzeugen“.
Die neue Standortanalyse für Freiflächen-Photovoltaik weist nach Angaben die größten Flächen (fast 60 Prozent) ebenfalls im Stadtgebiet Holzen aus. „Während das Dorf hier also einen wesentlichen Anteil übernimmt, ringt es aber zum Beispiel seit Jahren mit nicht vollendeten Radwegen, leidet unter den nicht umgesetzten Verkehrssicherheitsmaßnahmen, die der Bezirksausschuss immer wieder anmahnt“, beklagen die Grünen. Die Menschen in Holzen könnten auf keinen umfassenden ÖPNV-Anschluss zurückgreifen.
Die Idee der Grünen: „Am Beispiel Holzen sollen daher Erfahrungen für die Energiewende und positive Synergien für die Menschen vor Ort gesammelt werden“, sagen die Grünen. Die nun in dem PV-Freiflächenplan aufgenommenen Potenzialflächen müssten so vergeben werden, dass die Stadtwerke Arnsberg den Holzener Bürgern/-innen einen vergünstigten Tarif anbieten können. Dafür müssen entweder die Stadtwerke Flächen übernehmen oder Vertragskonditionen bei Investorübernahme eingefügt werden. Darüber hinaus seien nach dem Willen der Grünen städtische Maßnahmen gezielt in Holzen umzusetzen. Genannt werden zum Beispiel Umbau der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik, Einrichten eines regelmäßig besetzten Beratungsbüros in Holzen, Tür-zu-Tür-Informationsrundgänge, eine zentrale Ladestation und ein E-Auto zum Verleih. „So etwas macht das Dorf schöner und erhöht auch die Akzeptanz für regenerative Energiegewinnung“, glaubt André Deimel.
Städtische Stabsstelle soll Konzept entwickeln
Für die Umsetzung wollen die Grünen die Stadtverwaltung in die Pflicht nehmen: Die Konzeptentwicklung und Begleitung soll durch die städtische Stabsstelle Klima sichergestellt werden. Im Vorfeld soll eine Bestandsaufnahme durchgeführt werden, um einen Überblick zu bekommen über die Summe der installierten Dach-PV-Anlagen, Freiflächen-PV, Windkraftanlagen, installierten Heizungssysteme, Speicherkapazitäten, Wallboxen und E-Autos oder die Nutzung von Ökostromverträgen. „Hieraus können die Maßnahmen dann gezielt abgeleitet werden“, so Verena Verspohl und Julia Lentmann. In einem regelmäßigen Reporting soll der Klimaschutzausschuss halbjährig über Maßnahmen und Entwicklungen informiert werden.
„Holzen soll als Beispieldorf und Startprojekt beginnen“, so die Grünen. Mittelfristig müssten dann aber alle Arnsberger Bürger durch Windkraft und PV-Anlagen im Stadtgebiet von einem günstigeren Strompreis profitieren können. „Das muss Zielsetzung der Entwicklung der Flächen sein und in das Programm Klimaneutralität einfließen, damit die Bürgerinnen und Bürger vor Ort von der Energiewende gezielt profitieren“, so heißt es.
Bürgermeister Ralf Bittner begrüßt den Antrag, weil er auf das aufbaue, was die Verwaltung durch das Referat für nachhaltige Entwicklung schon seit längerer Zeit mit Holzener Akteuren erörtere, „um gemeinschaftliche PV-Projekte realisieren zu können“. Abzuwarten bleibe noch die Beschlussfassung der PV-Freiflächenanalyse. „Zukünftig sollen solche Dorfprojekte eine wichtige Säule auf dem Weg zu einem klimaneutralen Arnsberg 2030 sein“, so Bittner. Holzen habe eine „herausragende Bedeutung“ für Windenergieerzeugung und Freiflächenphotovoltaik. Daher seien hier bereits in einem Modellversuch in einem bundesweiten Projekt zur Energieberatung durch Drohnenthermografie durchgeführt worden.
Bittner wünscht sich eine Entwicklung nach dem Drei-Säulen-Prinzip: Für die allgemeine Stromversorgung, für eine Bürgerbeteiligung und für eine Partizipation der regionalen Wirtschaft. Für André Deimel liegt der Schlüssel vor allem bei den Landwirten. „Sie müssen gewonnen werden, um Flächen für die Projekte bereitzustellen“.