Arnsberg/HSK. Ein Nationalpark im Arnsberger Wald? In einem Positionspapier machen sich heimische Naturschützer dafür stark, und kritisieren die FDP.
„Zum Wohle unserer Natur, zum Nutzen für uns Bewohner der Kreise Hochsauerland und Soest - als großartiges Angebot zur Naherholung“: unter dem Slogan „Nationalpark Arnsberger Wald: Ja bitte!“ rühren derzeit eine ganze Reihe organisierter heimischer Naturschützer kräftig die Werbetrommel für das Angebot der Landesregierung, in NRW einen zweiten Nationalpark zu schaffen.
Sie stehen hinter dem Positionspapier
Für den Nationalpark im Naturpark Arnsberger Wald machen sich stark:
Die Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im K. Soest e.V. – Biologische Station Soest
Die BUND-Kreisgruppen Soest und Hochsauerlandkreis
Der NABU-Kreisverband Soest
Der Verein für Natur- und Vogelschutz im Hochsauerlandkreis e.V. (kurz VNV)
Das Landschaftsinformationszentrum Wasser und Wald Möhnesee e.V. (LIZ) und der Sauerländische Gebirgsverein Soest e.V.
Das scheint auch bitter nötig, denn regionale Politik und Verwaltung sehen diese Initiative - zumindest im HSK - bisher kritisch. Der Naturschutzbeirat nahm am Dienstag eine Verwaltungsvorlage zur Kenntnis, die eine Beteiligung quasi im Keim ersticken würde: „Der Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten und der Kreisausschuss empfehlen dem Kreistag, nicht am Aufruf der Landesregierung NRW zur Nationalpark-Bewerbung teilzunehmen“, heißt es darin - und weiter: „Insofern wird dem Antrag der FDP-Kreistagsfraktion zur Ablehnung eines zweiten Nationalparks auf dem Gebiet des Arnsberger Waldes in vollem Umfang entsprochen.“ Die Fraktionen der Liberalen in den Kreistagen HSK und Soest lehnen eine Bewerbung (wie berichtet) strikt ab.
„FDP-Fraktionen argumentieren falsch“
Allerdings seien die von den Freien Demokraten ins Feld geführten „Fakten“ nicht korrekt, kritisieren die heimischen Umwelt- und Naturschutzverbände - und haben ein umfassendes „Positionspapier“ vorgelegt. Darin wird u.a. deutlich gemacht, dass keineswegs die rund 60.000 Hektar (ha) umfassende Fläche des bestehenden „Naturparks Arnsberger Wald“. Der Nationalpark Arnsberger Wald wäre eingebettet in diese großräumige Waldlandschaft, in der viele Teilflächen schon heute als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind. Im Zentrum dieses riesigen Areals stünde eine landeseigene Waldfläche - zwischen Arnsberg und Möhnesee und in einem Umfang von 7.200 Hektar - als erster Nationalpark „Arnsberger Wald“ in Westfalen bereit. „Diese Fläche stellt das Land NRW als Gebietskulisse zur Verfügung“, betont Dagmar Preußner im Gespräch mit dieser Zeitung. Kein privater Waldbesitzender würde in seinen Rechten beschnitten oder gar enteignet, sollte eine Bewerbung erfolgreich sein, schiebt die Angehörige der BUND Kreisgruppe Hochsauerland nach - und lenkt den Fokus auf einen weiteren wichtigen Aspekt: „Es geht im ersten Schritt nur um die Bewerbung“, so Preußner, „warum also dem vorliegenden Beschlussvorschlag folgen - und sich die Tür von vornherein zumachen?“
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Die Landesregierung hat sieben weitere „Kulissen“ in NRW ins „Bewerbungsrennen“ geschickt - die Frist endet am 31. März 2024. Ein Beschluss noch in diesem Jahr sei also nicht zwingend erforderlich, wünschen sich die Naturschützer mehr Zeit. „Wir haben allen Beteiligten Gespräche angeboten, um mehr Informationen zu liefern“, berichtet Dagmar Preußner. Einige Interessenten gebe es bereits. Doch Bedenken äußert nicht nur die FDP - auch die IHK als Sprachrohr der Gewerbetreibenden im HSK und die heimische Jägerschaft zeigen sich skeptisch. Doch Preußner und ihre zahlreichen Mitstreiter haben jeden Aspekt auf dem Schirm:
Kein Instrument zur Abwehr von Windenergie
Die bereitstehende Waldfläche sei schon seit Jahrzehnten Naturschutzgebiet und weit überwiegend auch europäisches Schutzgebiet - stehe darum für andere Nutzungen nicht zur Verfügung. Dies bedeute: Die Ausweisung als Nationalpark wäre kein zusätzliches Hindernis für die Ausweisung von Siedlungs- oder Gewerbegebieten, wäre kein zusätzliches Hindernis für die Energiewende, kein zusätzliches Hindernis für künftige Infrastrukturprojekte. Außerdem betonen die Positionspapier-Verfasser in diesem Zusammenhang, „dass ein Nationalpark Arnsberger Wald kein Instrument zur Abwehr von Windkraft ist“. Schon deshalb nicht, weil die potenzielle Nationalparkfläche als weit überwiegend ausgewiesenes Naturschutzgebiet und europäisches Schutzgebiet (FFH-Gebiet) schon heute für Windkraft nicht zur Verfügung stehe. Der geplante Windpark im Herdringer Forst übrigens wäre bei einer erfolgreichen Bewerbung nicht gefährdet, die Standorte der bis zu 35 Windenergieanlagen sind in Privatbesitz, Flächeneigentümerin ist die Kulturstiftung Schloss Herdringen.
Ökonomisch seien die Nationalparks in Deutschland ein Gewinn für die jeweiligen Regionen: „Wir sind sicher, dass dies auch für einen Nationalpark Arnsberger Wald gelten würde“ so die Befürworter. Profitieren würden aus ihrer Sicht Gastronomie, Hotellerie und kulturelle Einrichtungen wie Museen in den umliegenden „Nationalparkgemeinden“.
Stichwort Jagd: Die wäre auch in einem Nationalpark nicht verboten, wohl aber anders geregelt, wie Dagmar Preußner mit Blick auf den bereits bestehenden Nationalpark Eifel anmerkt: Dort fänden regelmäßig sogenannte „Drückjagden“ statt.
Wie es jetzt weiter geht
Reichlich Argumente, doch wie geht es jetzt weiter? Nächste Woche, am 15. November, tagt der HSK-Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten, am 8. Dezember berät der Kreisausschuss über den vorliegenden Beschlussvorschlag. Gleich im Anschluss soll dann der Kreistag über die Bewerbung entscheiden - und diese, Stand jetzt, wohl ablehnen. Alternativ hat die Sauerländer Bürgerliste (SBL) folgenden Antrag formuliert: „Landrat und Kreisverwaltung werden beauftragt, eine Exkursion in den Nationalpark Eifel zu organisieren, zu der die Mitglieder des Kreistags, des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten und des Naturschutzbeirats eingeladen werden. Im Rahmen dieser Exkursion soll es Vor-Ort-Gespräche mit verschiedenen Gruppen von Beteiligten geben, um sich über deren Erfahrungen mit dem und Bewertungen des Nationalparks Eifel zu informieren. Nach Auswertung der Ergebnisse dieser Exkursion in den Gremien treffen diese eine abschließende Entscheidung, ob der HSK am Aufruf der Landesregierung NRW zur Nationalpark-Bewerbung teilnimmt.“
Wie immer es auch weitergeht, eine Botschaft an die Politik schiebt Dagmar Preußner abschließend hinterher: Es sei keineswegs der „böse Naturschutz“, der willkürlich Forderungen stellt: „Die Einrichtung eines zweiten Nationalparks in NRW steht im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung!“