Neheim/Aachen. Luise Arnoldi kennt Leute, die Panikattacken bekommen, wenn wie sie ans Klima denken. Sie geht anders mit ihren Ängsten um.
Die Angst sitzt tief und ist doch global gedacht. Luise Arnoldi aus Neheim gehörte zu den Organisatoren von Fridays for Future-Demonstrationen in Neheim. Inzwischen engagiert sich die 19-jährige Psychologie-Studentin in Aachen bei „students for future“. Ihre Zukunftssorgen motivieren sie zum Handeln. „Persönlich verspüre ich keine Angst“, sagt sie und verweist auf ihre privilegierte Situation. Ihr Blick richtet sich auf die fehlende Klimagerechtigkeit in der Welt und die Folgen, die das für viele Menschen in ärmeren Region der Erde mit sich bringt. „Ich kenne aber auch hier die jungen Menschen, die Panikattacken bekommen, wenn sie an die Klimakrise denken“, erzählt sie.
Wie zerbreche ich nicht an Klima-Ängsten?
Klimaaktivistin Luise Arnoldi stellt klar, dass sie bei allem Engagement um Klimagerechtigkeit und allen Sorgen auch die Fähigkeit zum Abschalten haben muss. Das sind ihre Tipps:
1) Es ist wichtig, selber gesund zu bleiben. „Sonst kann man auch keinem helfen“, sagt sie.
2) Das Reduzieren von Medienkonsum hilft, um sich nicht andauernd psychisch mit den Krisen der Welt und der drohenden Klimakatastrophe zu beschäftigen. Ein bewusster Umgang mit Nachrichten ist hilfreich.
3) In Klimabewegungen wie Students for Future gibt es auch Awareness-Teams (Awareness zu deutsch Bewusstsein). Sie sollen helfen, dasss sich Aktivistinnen und Aktivisten nicht überfordern.
4) Wichtig ist ein Ausgleich wie zum Beispiel Sport oder andere Hobbys, die nichts direkt mit den Problemen der Welt zu tun haben.
5) Zuversicht gibt der Blick auf das Engagement anderer Menschen, die die Sorgen teilen. Das eigene Engagement, so Luise Arnoldi, sei das beste Mittel gegen Verzweiflung. Selbstwirksamkeit verhindert das Gefühl der Ohnmacht.
Serie: Was uns Angst macht
- Die Angst vor dem Waffengebrauch bei der Polizei
- So geht ein Arnsberger mit den Folgen des Missbrauchs um
- Schwerpunktthema: Wie mit Ängsten umgehen
Sie selber erstarrt nicht in Angst, sondern will handeln. Den Menschen in der Welt eine Stimme geben, die von Ungerechtigkeiten in der Klimakrise betroffen sind, sich für sie und ihre Interessen einsetzen. Das sei das vorrangige Ziel der Klimabewegung, die sich in einem Kontext vieler Probleme bewege, die gerade junge Menschen in dieser Zeit umtreibt. Es sei ja nicht allein die steigende Temperatur in der Erdatmosphäre, die jungen Menschen in diesen Zeiten Zukunftsängste bereite. Finanzielle Sorgen, Rechtspopulismus, Diskriminierung, Krisen in der Welt und im privaten Bereich. „Alles hängt aber irgendwie zusammen und verschlimmert sich gerade“, sagt Luise Arnoldi, „das löst in unserer Generation Ohnmacht aus. Da ist es gut, irgendwo anzufangen“.
Sie fängt nicht an, sondern macht nach den von ihr als St. Ursula-Gymnasiastin mit organisierten „Fridays for Future“-Demos in Neheim nun an ihrem Studienort weiter, fokussiert sich auf das Thema Klimagerechtigkeit und weiß doch, dass es mehr ist. „Eine Klimabewegung sollte immer auch feministisch und antirassistisch sein“, sagt sie. Mit Blick auf aktuelle Diskussionen um antisemitische Äußerungen von der Fridays-for-future-Frontfigur Greta Thunberg und eine damit verlorene Unschuld der Bewegung betont Luise Arnoldi: „Die Ziele von Fridays for Future in Deutschland haben sich nicht verändert und wir haben uns klar von Greta distanziert“, sagt sie, „es ist wichtig zu sagen, wofür wir stehen und Dinge klarzustellen.“ Angst mache ihr aber auch, wenn nicht differenziert werde.
Seit Beginn der Fridays-for-Future-Bewegung hat sich viel getan - und Jahre sind vergangen. „Es bewegt unsere Generation weiter“, sagt die Neheimerin. „Das Narrativ einer Klimabewegung macht es aber schwierig, mit allen Altersgruppen in den Austausch zu kommen“, weiß sie. Es komme immer darauf an, eine Balance zwischen eigenen Werten und Kompromissen zu finden. Sie betont, dass „Students for future“ nicht zu radikalen Mitteln wie Besetzungen greife. Ihre Erfahrung sei, dass ihre persönlichen Sorgen verstanden würden, aber gesellschaftliche Ängste hier noch gar nicht wirklich spürbar seien. „Selbst, wenn die eigene Straße überschwemmt wird, machen viele noch nichts gegen den Klimawandel“, sagt sie, „aber es sind natürlich aktuell so viele Krisen gleichzeitig. Das überfordert viele.“
Sie selber setzt trotz aller Sorgen auf das Prinzip Hoffnung. „Mir macht Mut und gibt mir Zuversicht zu sehen, dass viele Menschen nicht aufgeben und sich engagieren und einsetzen.“ Es müsse mit einem Ideal in die Diskussion gegangen werden. Angst und Sorge ja, Bangemachen nein. Luise Arnoldi betont: „Sobald wir mit Pessimismus handeln, können wir aufhören!“