Arnsberg. Tom A. aus Arnsberg wurde als Kind Opfer sexualisierter Gewalt. Er bleibt ein Leben lang gezeichnet. Die Angst gehört zu seinem Alltag dazu.
„Nein, Du kannst mir nicht weh tun“, lautet ein Titel der Songwriterin Katha Rosa. Sie singt über ihre Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt und über ihre Angst, der sie zu entfliehen versucht. „Ihre Lieder geben mir Kraft“, sagt Tom A. aus Arnsberg (Name geändert). Er sei als Kind missbraucht worden und versucht, seine brutalen Erlebnisse aufzuarbeiten.
Gesprächskreis als Stütze
Rückhalt erfährt der 52-Jährige nicht nur von seiner Freundin oder durch Therapeuten, auch der Gesprächskreis „Gewaltopfer“, den er im Auftrag der Arnsberger Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (AKIS) leitet, ist ihm wichtig. „Wir treffen uns jeden ersten Donnerstag im Monat um 17.30 Uhr im Bürgerzentrum in Arnsberg“, sagt er und lädt gleichzeitig Betroffene ein. „Man kann hier anonym bleiben oder auch nicht.“ Ganz so, wie es individuell gewünscht ist.
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Tom erlebte bis ins Teenageralter massive sexualisierte Gewalt. Lange Zeit konnte er nicht darüber reden. Über das fast Unaussprechliche. „Früher habe ich alles verdrängt“, sagt er. Erst viele Jahre später wäre es aus ihm herausgebrochen. Auf der Arbeit sei ein Vorfall gewesen, der ihn getriggert hätte. „Der Kollege hat es vielleicht nicht ganz ernst gemeint, aber mich haben seine Äußerungen total fertig gemacht.“
Eine Zeit lang sei er in dieser Firma auch vom Chef gemobbt worden. „Ich habe dann einfach gekündigt.“ Dennoch begleitet ihn die Angst fast täglich. „Ich befürchte, dass ich damit leben muss.“
Vor kurzen sei er seinem Täter durch Zufall begegnet. „Das war beim Arzt. Ich kam gerade aus dem Behandlungszimmer und da sah ich ihn im Wartezimmer sitzen.“ Tom weiß nicht, ob dieser ihn auch gesehen hat. „Ich habe mich jedenfalls geduckt und wollte nur raus aus diesem Haus.“
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Die traumatischen Übergriffe während seiner Kindheit und Jugend haben ihn regelrecht zerstört. Die körperliche als auch psychische Gewalt, die er erfahren musste, schmerzt bis heute. Doch er fühlt sich nicht mehr als Opfer, vielmehr als Überlebender. Durch die Selbsthilfegruppe habe er gelernt, mit seinen Ängsten besser umzugehen. „Oder wie ich mich selbst beruhigen kann.“ Das Verfahren gegen seinen Täter läuft nun endlich.
Der 52-Jährige besucht gerne kleinere Konzerte oder Veranstaltungen. Massenansammlungen versucht er zu meiden. „Das ist nichts für mich, zu viele Menschen machen mir Angst.“ Vor allem zu Männern fasst Tom nur schwer Vertrauen. Er geht auch nicht zum Urologen, sondern besucht lieber eine Ärztin.
Therapeutisches Reiten
„Zur Zeit mache ich eine Reittherapie“, verrät er. Auch das tut ihm gut. „Hier lerne ich, wieder Vertrauen zu fassen.“ Auch der „Weiße Ring“ empfiehlt übrigens Pferde und Ponys als Opferhelfer, denn die Tiere spiegelten das Verhalten und die Emotionen des Menschen wider und seien völlig vorurteilsfrei und offen. Bei einer Reittherapie herrscht keinerlei Leistungsdruck und die speziell ausgebildeten Pferde und Ponys geben die Möglichkeit, Selbstvertrauen aufzubauen und die eigenen Stärken wieder zu entdecken. „Von meinen Erfahrungen berichte ich auch den anderen in meiner Selbsthilfegruppe“, erklärt Tom. Die Therapie ist teuer und wird vom „Fonds Sexueller Missbrauch“ bezahlt. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Berlin hilft, wenn andere Leistungsträger sich verweigern.
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Tom ist im Internet auf dieses Angebot gestoßen. Auf der Homepage des Missbrauchs-Fonds steht: „Wer als Kind sexualisierte Gewalt im familiären oder institutionellen Kontext erleben musste, benötigt häufig mehr und andere Unterstützung zur Linderung der Folgen, als die gesetzlichen Leistungssysteme gewähren.“ – Dem kann der Arnsberger nur zustimmen.
Er greift nach jedem Strohhalm, der ihm geboten wird, besucht mit den Teilnehmenden seiner Selbsthilfegruppe auch regelmäßig Gesundheitsmessen in der näheren Umgebung. „Dort habe ich beispielsweise an einer Klangschalen-Schnupperstunde teilgenommen, Das fand ich klasse.“