Arnsberg. Die Literarischen Gesellschaft (LGA) hat in jüngster Vergangenheit mit Lesungen echter Autorengrößen überzeugt. Johannes Sanders verrät das Programm für 2024.
Die Literarische Gesellschaft aus Arnsberg bringt seit 1995 renommierte Schriftsteller aus ganz Deutschland ins Sauerland. Zuletzt waren Lesungen von Jörg Thadeusz und Gregor Sander sehr gut besucht worden. Im Interview verrät der zweite Vorsitzende der Literarischen Gesellschaft, Johannes Sanders, wie die LGA ein weiter wachsendes Publikum erreichen möchte und wie das Programm für das kommende Jahr aussieht.
Zunächst zu Ihnen, Herr Sanders. Wer sind Sie und was haben Sie mit der LGA zu tun?
Mein Name ist Johannes Sanders und ich bin seit 2010 Mitglied der Literarischen Gesellschaft Arnsberg. Bis vor drei Jahren habe ich noch Deutsch und Philosophie am Sankt-Ursula-Gymnasium in Neheim unterrichtet. Seit der Rente kann ich nun auch vermehrt als zweiter Vorsitzender der Gesellschaft organisatorische Aufgaben übernehmen.
Fast 15 Jahre in der LGA - Was reizt Sie seither besonders am und im Verein?
Der lebendige Kontakt mit den Autoren ist sehr besonders! Die Nähe zu den Schriftstellern regt mich außerdem oft an, mich weiter mit ihnen und ihrem Schaffen auseinanderzusetzen. Nach der Lesung mit Gregor Sander habe ich beispielsweise noch einige Bücher von ihm gelesen.
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Sie haben davon gesprochen, dass Sie vermehrt organisatorische Aufgaben übernehmen. Was genau gehört dazu?
Ich initiiere und organisiere die Veranstaltungen der Literarischen Gesellschaft. Am Donnerstag, 7. Dezember, findet zum Beispiel ein Adventsspaziergang in Arnsberg mit Stationenlesen statt. Wir treffen uns am Eingang des Sauerlandtheaters, spazieren zum Weihnachtsmarkt und lesen währenddessen. Außerdem plane ich die klassischen Lesungen.
Vor kurzem hat Ihr Verein die Vorstandssitzung abgehalten. Welche Lesungen dürfen Sie dementsprechend für das kommende Jahr organisieren?
Am Donnerstag, 25. Januar 2024, liest Ilona Haberkamp in der Neheimer Stadtbibliothek aus ihrem Buch „Plötzlich Hip(p)“ und im März findet eine Lesung von Charlotte Gneuß aus ihrem neuen Roman „Gittersee“ statt. Für das restliche Jahr sind natürlich noch weitere Lesungen geplant, die zum aktuellen Zeitpunkt aber noch in der Planungsphase sind.
Was erwartet die Besucher bei den angesprochenen Lesungen?
Ilona Haberkamp wird vom wagemutigen Leben der Jazz-Pionierin Jutta Hipp, die als 17-Jährige die in Hitlerdeutschland verbotene amerikanische Musik für sich entdeckt, erzählen. Die Lesung wird von Fotos und Musikbeispielen begleitet sein. Jahrzehntelang war Jutta Hipp in der internationalen Jazzszene in Vergessenheit geraten. Dabei wurde sie nach erfolgreich absolviertem Kunststudium zum Shooting Star im westlichen Nachkriegsdeutschland und war eine Ausnahmeerscheinung in der männerdominierten Welt des Jazz. Als „Europe’s First Lady of Jazz“ gelang ihr der Sprung über den großen Teich. Sie eroberte die New Yorker Jazzszene und spielte mit den Jazzgrößen ihrer Zeit. Auf dem Zenit ihres Erfolgs beendete sie abrupt ihre Karriere und tauschte das Klavier gegen eine Nähmaschine. Plötzlich Hip(p) ist eine ungewöhnliche Biografie, eine Annäherung an die Persönlichkeit und vielseitige Künstlerin Jutta Hipp, eingebettet in die gesellschaftlichen und kulturpolitischen Geschehnisse ihrer Zeit.
Gittersee spielt im gleichnamigen Stadtteil im prekär-ärmlichen Dresdener Arbeitermilieu. Das Buch wurde als Gegenentwurf zu Uwe Tellkamps Roman „Der Turm“ entwickelt. Der Sog des Romans entsteht aus dem Kontrast zwischen der Atmosphäre der Enge, der staatlichen Restriktionen und dem Freiheitswillen, der sich in unterschiedlichen Figuren Bahn bricht.
Von Musik bis Armut - eine große Spannbreite, bei der für viele etwas dabei sein dürfte. Aprospos: Wie versuchen Sie, Ihr Publikum weiter zu vergrößern?
Wir als Literarische Gesellschaft stehen vor der Herausforderung, dass viele Vereinsmitglieder und auch Besucher der Vorlesungen durchaus älter sind. Dementsprechend möchten wir mehr jüngere Menschen ansprechen. Für 2024 ist unter anderem eine Lesung aus dem Bereich der „Young-Adults-Literatur“ geplant. Dabei handelt es sich um Bücher, die speziell für Jugendliche und junge Erwachsene geschrieben sind. Im Mittelpunkt stehen sehr oft ihre Herausforderungen und Probleme. Jede Buchhandlung und Bücherei hat mittlerweile eine eigene Ecke mit Young-Adult-Literatur, und auch wir möchten im kommenden Jahr einen Influencer einladen, der ein solches Buch für eine junge Zielgruppe vorstellt.
Um hier ein Fazit zu ziehen: Sind literarische Lesungen ein Programm für ein Nischenpublikum, oder etwas für die gesamte Gesellschaft?
Sicherlich gibt es einen festen, etablierten Leserstamm, der immer wieder zu Lesungen kommt. Aber gerade durch die geplante Verjüngung werden auch neue Leute und ein gemischteres Publikum angesprochen.
Zum Abschluss dann einen Tipp vom Experten an unsere Leser: Welche Bücher dürfen dieses Jahr nicht unter dem Weihnachtsbaum fehlen?
Da gibt es viele. Aktuell lese und empfehle ich „Josef und seine Brüder“ von Thomas Mann, also ein echter, renommierter Klassiker. Allerdings ist das vor allem etwas für echte Leseratten. Insgesamt umfasst das in vier einzelne Bände unterteilte Werk über 4.000 Seiten. Deutlich kürzer ist da „Fabelhafte Rebellen“ von Andrea Wulf. Das ist ein Sachbuch mit einigen erzählerischen Elementen über die Romantik. Angefangen bei Goethe geht das Buch die Entwicklung der Romantik bis zu Hegel und Fichte durch. Mir bereitet es sehr große Freude, das Buch zu lesen, weil es ausgesprochen anschaulich geschrieben ist!