Sundern/Hachen. Die Brüder Jens und René Scafarti produzieren mit ihrer innovativen Technologie die ersten Papierverpackungen aus Tiefziehverfahren
Aus der heimischen Garage heraus mit einer bahnbrechenden Idee ein eigenes Startup gründen, das mit seiner innovativen Technologie einzigartig und führend auf dem globalen Markt ist: Diese Vision à là Bill Gates oder Mark Zuckerberg ist vermutlich der Traum eines jeden jungen Unternehmers. Während Tausende an den hohen Maßstäben scheitern, ist es den Sundernern Brüdern Jens und René Scafarti gelungen, dieses Ideal für sich umzusetzen. Mit ihrer in 50 Ländern zum Patent angemeldeten Technologie, Papier im Tiefziehverfahren zu verarbeiten, stellt ihre Firma, die „Scafa Thermoforming GmbH“, Verpackungen aus nachhaltigem Material her - und dabei sparen die Brüder 95 Prozent des Stromes herkömmlicher Verpackungsherstellungsmethoden ein. Besonders mit Blick auf den in Deutschland vergleichsweise teuren Industriestrompreis bieten die jungen Unternehmer eine visionäre Alternative.
Dabei liegt hinter der Erfolgsgeschichte des jungen Startups ein durchaus steiniger Anfang. „Ich wollte immer in der Papiertechnologie arbeiten“, erläutert Jens, der Scafa Thermoforming gegründet hat und dessen CEO ist, die Anfänge des Unternehmens, „aber habe meine Ausbildung dann doch in der Kunststoffbranche mit Verpackungen gemacht.“ Da er einerseits das Ziel verfolgte, selbstständig zu werden, andererseits die Verpackungen aus Kunststoff im Angesicht des Klimawandels langfristig auf dem absteigenden Ast sind, hat sich Jens Zuhause in seiner Garage darangesetzt, ein neues Produkt zu erschaffen. Problematisch sei dabei weniger die Frage nach der Gestaltung der neuen Verpackungen gewesen, sondern wie genau diese herzustellen sind. „Ich weiß noch“, erinnert sich René, der zum Unternehmen seines Bruders dazugestoßen ist und heute die Konstruktion leitet, „wie viele Ideen und Versuche es gebraucht hat. Und wie kurz wir davor standen aufzugeben.“ Verpackungen aus Papier herzustellen klingt nämlich leichter, als es ist. „Herkömmliche Papierverpackungen wie bei Eierkartons kennt jeder. Die werden im Fasergussverfahren hergestellt, das die Chinesen vor über 1000 Jahren entwickelt haben. Grundsätzlich funktioniert das Verfahren, aber es ist aufwendig und kostet viel Energie“, erklärt Jens das Grundproblem. Für ihn und sein Unternehmen ergab sich daher die Frage: „Wie können wir Papierverpackungen für günstig‘ Geld anbieten?“
Nach zahlreichen Versuchen, die mal rissig, mal faltig und stets nicht optimal waren, hatte Jens dann den finalen Einfall: „Am Anfang haben wir eine riesige Rolle Papier, quasi wie Klopapier in groß. Die ziehen wir dann von der Rolle - ähnlich wie Kunststoff - und befeuchten sie leicht. Danach kommt das Papier in die Presse. Dort bilden zwei übereinandergelegte Papierschichten mit Wasser dazwischen eine Art Sandwich. Das wird wiederum bei 250 Grad zusammengepresst. Wegen der hohen Temperaturen verdunstet das Wasser, und wird im Vakuum der Presse aus der Sandwichmitte herausgesogen. Dabei verbinden sich die Fasern der beiden Papierschichten und bilden eine harte und feste, aber auch gut formbare, glatte Struktur.“ Konkret ist die Stärke der Verpackungen aus Papier mit denen aus Kunststoff vergleichbar, das Produkt ist aber rein natürlich. Außerdem laufen die Maschinen des Fasergussverfahrens mit zirka 250 kW, während die innovative Technologie aus Hachen nur 12 kW benötigt.
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Im April 2019 wurde das kleine Garagen-Startup der Brüder dann zur GmbH und ist mittlerweile auf eine Größe von über 30 Mitarbeitern angewachsen. Aus der kleinen Garage „wurde eine große“, scherzt René, während er in seiner Produktionshalle mit zahlreichen verschiedenen Verpackungsmaschinen steht. Das ist allerdings nur die eine Seite der Nachhaltigkeitsmedaille: „Wir haben eine PV-Anlage und ein Wasserkraftwerk, sodass wir komplett autark produzieren können“, betont Jens. Autarkie wird bei den Brüdern generell großgeschrieben. Von der Idee und der ersten Zeichnung, über die Ausarbeitung und Entwicklung bis hin zum fertigen Produkt ist die Scafa Thermoforming GmbH für jeden Arbeitsschritt selbst verantwortlich. Das Konzept geht auf: Coca Cola, Lindt, und Veltins sind nur einige der vielen namhaften Kunden der Brüder. René fasst den rasanten Aufstieg treffend zusammen: „Es fühlt sich ganz schön Steve-Jobs-mäßig an“, erzählt er lachend.
Dazu passend haben die jungen Unternehmer natürlich auch schon ihre Vision für die Zukunft. „Wir möchten unabhängig von dem Standbein in der Kunststoffverpackungsindustrie werden und uns mehr auf die nachhaltigen Verpackungen konzentrieren. Die sind die Zukunft“, blickt Jens auf die kommenden Jahre voraus.