Arnsberg. Ermittlungen zum Todesfall auf Neheimer Bahngleisen im Herbst 2023 noch nicht abgeschlossen. Staatsanwaltschaft sieht „Unglücksfall“

Noch immer fehlen der Staatsanwaltschaft Arnsberg einige Untersuchungsergebnisse, um die Ermittlungen der Umstände des Todes eines 33-jährigen Arnsbergers Ende Oktober auf den Neheimer Bahngleisen abzuschließen. Weiterhin wird auf die Ergebnisse eines toxikologischen Gutachtens gewartet. Thomas Poggel, Sprecher der Staatsanwaltschaft in Arnsberg, greift nicht vor. Dennoch betont er: „Wir gehen aktuell von einem Unglücksfall aus“, sagt er in dieser Woche.

300 Seiten in der Vernehmungsakte

Grundsätzlich aber tritt er auch in einigen Beiträgen in sozialen Medien geäußerten Eindrücken entgegen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft bei diesem rätselhaften Fall untätig gewesen seien. Auf Nachfrage dieser Zeitung teilt er mit, dass es zur Aufklärung des Todesfall inzwischen 32 Vernehmungen gegeben habe. „Die Ermittlungen füllen 300 Seiten in den Akten“, so Thomas Poggel. Die bislang letzte Vernehmung von Zeugen habe am 18. Januar 2024 stattgefunden. Diese Ermittlungen waren auch nötig geworden, weil über soziale Medien viele Hinweise gestreut wurden, denen nachgegangen werden musste.

Das Kreuz an der Stelle, an der ein junger Mann ums Leben kam.
Das Kreuz an der Stelle, an der ein junger Mann ums Leben kam. © Arnsberg | Martin Haselhorst

Dass das Ermittlungsverfahren weiterhin anhängig ist, liegt auch daran, dass das toxikologische Gutachten noch nicht vorliegt, obwohl es unmittelbar nach der Obduktion Anfang November in Auftrag gegeben wurde. Staatsanwältin Anna Stratmann erklärte aber schon vor vier Wochen, dass, „toxikologische Gutachten in der Regel mehrere Wochen Bearbeitungszeit in Anspruch nehmen“. Die Staatsanwaltschaft arbeite bei den toxikologischen Gutachten „in Leichensachen“, so Thomas Poggel, mit einem Institut in München zusammen, bei dem Proben aus ganz Deutschland zusammenlaufen. Bearbeitungszeiten von bis zu drei Monaten seien da nicht selten. Zwar könne es auf Nachdruck der jeweiligen Behörden auch einmal schneller gehen, doch bestehe dieser Zeitdruck in diesem Fall nicht. Eben auch, weil die Staatsanwaltschaft bis heute keine ansatzweise belastbaren Hinweise auf ein Kapitalverbrechen habe.

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Auch, wenn ein abschließendes Urteil noch nicht zu treffen sei, gäbe es weiterhin keine Hinweise auf ein Fremdverschulden. Zu klären sei nun nur noch, ob der junge Mann zum Zeitpunkt seines Todes unter dem Einfluss von Rauschmitteln stand. „Momentan arbeiten wir nach dem Ausschlussverfahren“, sagte Staatsanwalt Thomas Poggel auf Nachfrage unserer Zeitung schon vor einigen Wochen. Dass überhaupt über einen Fall berichtet wird, der zunächst als Suizid bewertet wurde, liegt daran, dass das Umfeld der Familie und Angehörige Gewissheit nach dem Tod des jungen Mannes auf den Bahngleisen haben wollen. Immer neue Gerüchte in sozialen Netzwerken, eigene „Ermittlungen“ von Freunden und die Arbeit der Polizei – es bleibt immer noch unklar, ob es sich um einen Suizid, einen Unfall oder gar um ein Tötungsdelikt handelt.

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Mit einer ersten Einschätzung der Polizei, die von einem Freitod ausgegangen war, gab sich die Familie und das Umfeld nie zufrieden. Und so gingen die Ermittlungen weiter – auch, weil in den sozialen Netzwerken und von der Familie selbst Hinweise an die Polizei gegeben wurden, denen diese auch nachgehen wollte. Ende des Jahres hatten auch einige Geschwister des Toten erklärt, warum es ihnen wichtig ist, dass weiter ermittelt wird und die Hintergründe restlos aufgeklärt werden: Auch erläuterten sie, warum sie nicht an einen Suizid glauben. Weitere Details des Gesprächs werden hier auf Wunsch der Angehörigen nicht mehr wiedergegeben.

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Inzwischen liegt das Obduktionsgutachten schriftlich vor und nach Auskunft der Staatsanwaltschaft wurde auch die Familie darüber informiert. Woran der junge Mann starb, sagt das Gutachten nicht aus. Sehr wohl aber schließt es andere Theorien und Vermutungen aus. „Wir wissen, dass er nicht gestürzt ist und auch nicht von einer Brücke auf die Gleise gesprungen sein kann“, sagt Thomas Poggel. Die Obduktion habe keine Aufprallverletzungen feststellen können.

Fall ist noch nicht ausermittelt

Auch durch das Obduktionsgutachten hatten sich keine Hinweise in sozialen Netzwerken, dass der junge Mann möglicherweise Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sein könnte, erhärtet. „Es wurden keine Abwehrverletzungen gefunden“, so Thomas Poggel schon vor Wochen. Fest steht nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft auch, dass der Verstorbene zum Zeitpunkt des Zusammenpralls mit dem Zug auf den Bahngleisen noch gelebt haben muss. Auch das hätten die Ergebnisse der Rechtsmedizin deutlich gemacht. „Das Todesermittlungsverfahren wird dennoch nicht eingestellt“, macht Thomas Poggel immer wieder deutlich, „der Fall ist noch nicht ausermittelt“. Das toxikologische Gutachten kann Aufschlüsse über den Konsum von Medikamenten, Betäubungsmitteln, Drogen, aber auch k.o.-Tropfen geben.