Neheim. In Neheim sollen triste Kabelschränke verschönert werden. Doch ist das überhaupt erlaubt?
Trist grau sind sie meistens, manchmal auch schon ziemlich verwittert – und nicht selten werden sie mit Graffiti beschmiert.
Die Rede ist von Strom- und Verteilerkästen – bisweilen auch als Kabelschränke bezeichnet. Im öffentlichen Raum sind sie vielfach vorhanden, und doch werden sie eher stiefmütterlich behandelt.
Seit einigen Jahren gibt es allerdings bundesweit den Trend, solche Kästen zu verschönern und damit auch den öffentlichen Raum aufzuwerten. Unternehmen wie die Telekom nutzen sie als Werbeträger für das eigene Glasfasernetz, andernorts werden die Kästen aber auch mit Motiven bemalt.
Solche Beispiele gibt es auch in Arnsberg an einigen Stellen. So finden aufmerksame Beobachter in Bruchhausen einen dieser Verteilerkästen mit einem Entenbild, in Holzen sind Biber auf einem der Schränke aufgemalt.
Inspiriert durch andere Städte
Klaus Fischer sind die grauen Kästen in Neheim schon länger ein Dorn im Auge. Er setzt sich für die Gestaltung und Verschönerung ein. „Ich habe so etwas schon oft in anderen Städten gesehen und mich immer gefragt, warum wir so etwas nicht in Neheim machen“, erklärt der Immobilienmakler, der mit dem Werk Neheim ein eigenes kleines Industriemuseum besitzt.
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Fischer hat eine Idee. „Ich habe mir überlegt, dass man den Menschen vielleicht etwas Stadt- und Heimatgeschichte vermitteln kann.“ Deshalb hat er auch schon zwei Orte in Neheim ins Auge gefasst, an denen solche Verteilerkästen stehen, die aber gleichzeitig stellvertretend für etwas Bedeutsames in Neheim sind. Der eine Stromkasten befindet sich in der Mendener Straße, in unmittelbarer Nähe zur Marktpassage. „Ich habe gegenüber in der Kaffeerösterei gesessen, auf den hässlichen Kasten geblickt und dann überlegt, warum kann man den Kasten hier nicht beispielsweise mit einem Bild vom alten Rathaus verschönern. Schließlich hat das früher unweit des Kastens gestanden“, sagt Fischer.
Der zweite Standort befindet sich in der Karlstraße. Dort war früher die Firma Taprex ansässig.
Die Buchdruckerei war auf die Produktion von Geschäftsbüchern spezialisiert. „Hier kann man an die Firmengeschichte erinnern“, erklärt Klaus Fischer. Mittlerweile gehört die Immobilie in der Karlstraße Werner Kroscky. Mit ihm hat Fischer bereits Kontakt aufgenommen. Und bei Werner Kroscky ist er offene Türen eingerannt, da dieser ohnehin an der Aufarbeitung der Taprex-Firmengeschichte interessiert ist.
Mehrere Entwürfe erstellt
Vom Industriedesigner Jürgen Esser, der gleichzeitig die Immobilie in der Karlstraße persönlich gut kennt und Verbindungen zu Werner Kroscky hat, hat Klaus Fischer bereits mehrere Entwürfe für die Gestaltung des Stromkastens in der Karlstraße erstellen lassen. Auf einigen dieser Entwürfe ist das alte Firmengebäude zu sehen, andere Entwürfe zeigen das alte Logo der Firma Taprex. Genau diese Variante bevorzugt auch Werner Kroscky. Angebracht werden sollen die Darstellungen als Folien, die auf die Kästen geklebt werden und mit einem QR-Code versehen sind. „So können interessierte Passantinnen und Passanten rasch ihr Smartphone zücken und sich direkt vor Ort informieren“, berichtet Fischer. Auch als Ergänzung zu Stadtführungen durch Neheim sei dies nutzbar, glaubt der Unternehmer.
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Doch bis das in die Tat umgesetzt werden kann, wartet noch eine große Hürde auf Fischer.
Denn ganz so einfach kann er die Kästen nicht verschönern lassen. Zunächst einmal muss er sich die Genehmigung dafür vom jeweiligen Eigentümer der Kabelschränke einholen. Und das klingt einfacher als es wirklich ist. „Ich habe schon Kontakt mit Bürgermeister Ralf Paul Bittner und Tatjana Schefers vom Arnsberger Stadtmarketing aufgenommen. Beide finden die Idee gut, haben mich aber auch darüber informiert, dass die Stadt Arnsberg kein Geld für die Verschönerung ausgeben kann“, so Klaus Fischer. Mehrere Hundert Euro soll die Gestaltungsaktion pro Fläche kosten.
Bleibt nun zu klären, wem die Kabelschränke überhaupt gehören. Auf Anfrage unserer Zeitung erklärt die Firma Westnetz, dass der Kabelschrank auf der Mendener Straße nicht Westnetz gehört. Eigentümer ist die Wirtschaftsförderung Arnsberg (WFA), die mit dem Verteilerkasten in der Mendener Straße und den anderen auf der Marktplatte in Neheim die Aussteller des Wochenmarktes versorgt. Ob der Schrank in der Karlstraße in Besitz von Westnetz ist, befindet sich derzeit noch in der Prüfung. Patrick Plate, Sprecher von Westnetz, erklärt aber grundsätzlich: „Gerne können unsere Schränke gestaltet werden. Wir prüfen im Vorfeld, ob es sich um einen Schrank von Westnetz handelt und ob dieser eventuell für einen Austausch vorgesehen ist.
Zudem benötigen wir einen Entwurf des Motives, welches wir dann mit der Kommune abstimmen und intern prüfen. Danach erteilen wir eine Freigabe.“
Zu beachten sei dabei immer, dass die Beschilderungen an den Verteilerschränken nicht bemalt werden dürfen und daher vor der Gestaltung abgeklebt werden müssen. Zudem sei die Gestaltung mit rechtsgeschützten Motiven, wie beispielsweise Disney, oder Unternehmenslogos nicht erlaubt. Die Prüfung und die Zustimmung bei Westnetz sei kostenfrei, so Patrick Plate.
Das sagt die WFA
Doch zurück zur Mendener Straße. Frank Albrecht, Sprecher der Stadt Arnsberg, erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung: „Die WFA begrüßt alle Initiativen, die geeignet sind, Straßen und Plätze der Stadt Arnsberg weiter zu verschönern.“ Der angefragte Verteilerkasten in der Mendener Straße befinde sich im Eigentum der WFA und stehe für Kunstaktionen („Bemalung“) zur Verfügung. Dabei setzt die WFA die gleichen Kriterien wie andere Eigentümer von Verteilerkästen (hier zum Beispiel die Firma Westnetz) an. Das heißt vor dem Aufbringen des Kunstwerkes wird das Einreichen des geplanten Kunstwerkes durch den Künstler vorausgesetzt. Damit soll eine Abstimmung der Kunstaktion nach ihrem geplanten Inhalt bzw. künstlerischen Ausdruck erleichtert werden.
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Die WFA müsse bei der Entscheidung natürlich Rücksicht auf anliegende Geschäftsleute sowie gegebenenfalls die Belange der im Umfeld wohnenden Bürgerinnen und Bürger nehmen. Auch gelte es, Aspekte der öffentlichen Ordnung zu berücksichtigen. Direkt ersichtliche politische oder anstößige Inhalte könnten dabei keine Zustimmung erhalten, so Frank Albrecht.
Auch beim Verkehrsverein „Aktives Neheim“ begrüßt man den Vorstoß von Klaus Fischer ausdrücklich, wie Sprecher Konrad Buchheister betont: „Alles, was Neheim aufwertet und die Stadt verschönert, finden wir gut.“ Nun heißt es für Klaus Fischer zu warten, ob ihm die Genehmigung für die Gestaltung der Stromkästen erteilt wird. Doch der engagierte Bürger hat bereits weitere Ziele ins Auge gefasst: „Wenn das in Neheim klappt, würde ich mich freuen, wenn es noch an weiteren Stellen im gesamten Arnsberger Stadtgebiet möglich ist.“