Arnsberg. Klinikum als Betreiber zentralisiert die Versorgung in Hüsten. Eltern aus Arnsberg sind sauer und sorgen sich um ihre Kinder.
Die Kinderarztlage in der Region um Arnsberg ist bereits angespannt. Da kommt die Nachricht, dass es Veränderungen bei der Kinderarztpraxis im Medizinischen Versorgungs-Zentrum Arnsberg an der Hellefelder Straße geben soll. „Wir befürchten, dass die Praxis geschlossen wird“, sagt Jennifer Cutik, Mutter eines dreijährigen Kindes. „Das wäre eine Katastrophe!“ Eine Resolution gegen eine solche Schließung ist bereits vorbereitet, sie soll an den Bürgermeister gehen, sollte sich die Befürchtung bewahrheiten.
Kein Nachfolger
Der Betreiber, das Klinikum Hochsauerland, spricht nicht von Schließung, sondern von Umzug. Die Praxis werde nach Hüsten umziehen. Vom 2. November an ist das Team der Praxis dann in Hüsten an der Heinrich-Lübke-Straße 10 beheimatet und dort für die Kinder und ihre Eltern da. Dort soll die Praxis k
ünftig in Raumunion mit der dort bereits bestehenden Kinderarztpraxis die Arbeit fortführen.
Grund für die Aufgabe des Praxis-Standorts: Die leitende Ärztin hat zum Jahresende gekündigt, eine Nachfolge auf die Stelle als niedergelassener Arzt gibt es nicht. „Wir haben ein Jahr lang versucht, einen zweiten Arzt für den Standort zu gewinnen“, sagt Werner Kemper, Sprecher der Klinikum-Geschäftsführung. „Es ist uns nicht gelungen. Junge Ärzte wollen in Gemeinschaftspraxen oder Krankenhäusern arbeiten und in großen Teams. Keiner will sich mehr mit Verwaltungsaufgaben oder Selbstständigkeit belasten.“ Nicht nur keine Doppelspitze in Arnsberg also, sondern auch die Kündigung der bisherigen Ärztin dort, für die in Hüsten eine Nachfolgerin gefunden wurde: „Ich bin froh, dass wir die Versorgungssicherheit überhaupt aufrecht erhalten können“, kommentiert Bürgermeister Ralf Paul Bittner den Umzug. „Auch wenn das für Eltern aus dem Umfeld der bisherigen Praxis weitere Wege bedeutet.“
In der Tat: Jennifer Cutik ist die Mutter von Linus. Der Junge ist relativ oft krank, und die Alleinerziehende ist auf einen Kinderarzt angewiesen. Ihr Sohn ist Patient der Praxis an der Hellefelder Straße und Cutik ist nur eine von mehreren Müttern, die mit dem Umzug nach Hüsten gar nicht einverstanden sind: „Wir soll ich mit einem kranken Kind den ÖPNV nutzen?“, macht Cutik ihr Problem klar. „Eine halbe Stunde im Bus mit einem hoch fiebernden und brechenden Kind: Ich weiß nicht, wie ich das machen soll!“ Ihr hilft es wenig, dass die Praxis mit zwei Ärzten fortgeführt werden soll.
„Die Nachbesetzung von Kinderärzten insbesondere in kleinen Einzelpraxen im ländlichen Raum ist heute kaum noch möglich“, sagt Christina Cossaeus, Leiterin des Geschäftsbereiches ambulante Versorgung im Klinikum. „Medizinische Versorgung wird sich ebenso immer stärker aus der Fläche zurückziehen wie es etwa auch Banken tun.“ Das habe mit der Digitalisierung zu tun, aber auch mit dem demografischen Wandel und den Bedürfnissen jüngerer Menschen auf dem Arbeitsmarkt: Niemand wolle mehr rund um die Uhr arbeiten, immer mehr Teilzeitkräfte bedeuten für die Arbeitgeber auch, dass heute mehr Menschen benötigt werden, um die gleiche Arbeit zu tun.
Bürgermeister Bittner gibt ein Beispiel: Noch vor einigen Jahren habe seine Verwaltung aus 1050 Köpfen bestanden. Inzwischen seien es 1400 bei der gleichen Arbeitszeit insgesamt.