Arnsberg. Der 2022 begonnene Umbau des Arnsberger Rathauses wird deutlich teurer als erwartet. So hoch sind jetzt die Baukosten - und das sind die Gründe.

Der Rathaus-Umbau in Arnsberg wird deutlich teuerer als ursprünglich erwartet. Stand jetzt belaufen sich die reinen Baukosten auf 67,9 Millionen Euro. Gegenüber einer Beschlusslage aus dem Jahr 2021 bedeutet dies eine Erhöhung von rund 16,2 Millionen Euro. Im selben Zeitraum erhöhte sich aber auch die Fördersumme um 2,6 Millionen Euro, so dass die Stadt Arnsberg aktuell von Mehrkosten in Höhe von 13,6 Millionen Euro ausgeht. Das entspricht einer Baukostensteigerung von 26 Prozent.

Arnsberger Rat: Grüne wollen Redequote für Frauen in den Sitzungen>>>

Insgesamt erhält die Stadt für das im Januar 2022 gestartete Bauvorhaben 30 Millionen Euro Förderung. Für die große Kostensteigerung hatten insbesondere unvorhersehbare Altlasten- und Schadstoffsanierungen (fast 9 Millionen Euro), allgemeine Baukostensteigerungen durch Energie- und Ukrainekrise und Lieferengpässen geführt. „Hinzu kommen nicht erwartete Betonsanierungsarbeiten“, so Projektleiter Michael Bartnik.

Panne: Irrtümliche Abbuchung bei Arnsberger Hausbesitzern>>>

An der Baustelle riecht es streng. „Das ist das PAK“, sagt Projektsteuerer Ludger Heinlein von der Assmann Gruppe. PAK sind Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe und sind eine der dominanten Altlasten, die an der Rathausbaustelle gefunden worden sind. Lkw für Lkw fährt den kontaminierten Boden seit Wochen aus dem Baustellenbereich. Während der Pausen zwischen den Abgrabungen bedecken Planen das Erdreich- „Sonst würde es hier noch mehr nach Teer riechen“, so Ludger Heinlein. Weitere gefundene Altlasten sind Plenole und PCB. „Wir hatten hier alles“, sagt Heinlein. Und absehbar war das alles nicht. Zwar hatte es vorher Probenentnahmen und auch Sondierungen gegeben, doch wurden unerwartete sogenannte Bodenlinsen gefunden. Mit gut 5,8 Millionen Euro Mehrkosten fallen diese Arbeiten ins Gewicht. Die Schadstoffsanierung im entkernten Hochbau - hier wurden Asbest, PCB und künstliche Mineralfasern gefunden - kosten weitere 3 Millionen Euro.

Nach dem Bagger kam der Krieg

Es lief aus vielen auch externen Gründen nicht alles rund auf der Baustelle, deren Grundlage schon 2015 unter Bürgermeister Hans-Josef Vogel mit ersten politischen Beschlüssen gelegt wurde. Nach und nach konkretisierten sich die Baukosten: Erst auf 42,6 Millionen, dann mit dem finalen Beschluss im Jahr 2021 auf 51,7 Millionen Euro. Letztere Beschluss wurde im Rat mit 38 Ja-Stimmen bei zehn Gegenstimmen und zwei Enthaltungen getragen. Was damals niemand ahnte: Kaum war der Bagger am Rathaus angerückt und alle Verwaltungsabteilungen im gesamten Stadtgebiet verteilt, überfiel Russland die Ukraine. Die Märkte spielen verrückt - mit explodierenden Baupreisen. Zuletzt verzögerte sich die Lieferung der Fassadenelemente und zudem stiegen die Kosten hier durch höhere Metallpreise von 6 auf 9,8 Millionen Euro.

Baustellenbesprechung mit (von links) Ingrid Rengier (Projektleitung), Ludger Heinlein (Projektsteuerung Assmann), Michael Bartnik (Projektleitung) und Ralf Bittner (Bürgermeister).
Baustellenbesprechung mit (von links) Ingrid Rengier (Projektleitung), Ludger Heinlein (Projektsteuerung Assmann), Michael Bartnik (Projektleitung) und Ralf Bittner (Bürgermeister). © Martin Haselhorst

Der alte Flachbau ist abgerissen, der Hochbau entkernt. Das alles lief - bis dann die Altlasten in erhöhtem Maße auftraten. Der neue Flachbau wuchs trotzdem. Heute steht da schon die Unterkellerung mit gezogenen Wänden, über der sich später das neue Bürgerzentrum mit Ratssaal, Mehrzweckräumen, Fraktionsbüros und Gastronomie auf zwei Etagen aufbauen wird. „Bei allen Kosten muss man bedenken, welchen Mehrwert wir allein durch dieses Bürgerzentrum gewinnen“, sagt Bürgermeister Ralf Bittner. Auch die Notwendigkeit der Schaffung von attraktiven Arbeitsumfeldern und Büros für die Verwaltungsmitarbeitenden in einem energetisch hoffeffizienten Gebäude sei als Mehrwert unumstritten.

Baustopp keine Option

Kostenexplosionen bei öffentlichen Bauten lösen stets die „Elb-Philharmonie-Reflexe“ aus. Hätte die Verwaltung und die Politik das Bauvorhaben stoppen können? Nicht wirklich: Die am Ende für den Planungszeitraum rund 5 Millionen Euro teure und bestehende bestehenden provisorische Unterbringung der Verwaltung an anderen Standorten müsste fortgesetzt, Fördermittel zurückgezahlt, Schadensersatz für schon erteilte Aufträge gezahlt und der Abriss der Bauruine finanziert werden. „Mindestens 30 Millionen Euro würde das kosten“, erklärt Stadtkämmerer Rainer Schäferhoff, „und dieses Geld wäre dann ohne Gegenwert vernichtet“. Es würde zu einer sofortigen Belastung im Haushalt führen mit weitreichender Konsequenz bis zum Rückfall in die Zwänge der Haushaltssicherung. Auch deshalb hat Ralf Bittner zu keinem Moment ernsthaft daran gedacht, das Bauprojekt zu stoppen. „Zu überlegen bleibt aber, ob wir weitere Synergien in die neuen Gebäude integrieren können“, so Bittner.

Weitere Nachrichten aus Arnsberg und Sundern>>>