Arnsberg. Die Grünen fordern „Rede-Quote“ von Frauen und Männern im Stadtrat Arnsberg. Das stößt auf Skepsis der anderen Parteien.

Mit einem Antrag im Frühjahr hatten Bündnis 90/Grüne eine Initiative gestartet, weibliche Redeanteile in Rat und Ausschüssen zu erhöhen. Kürzlich war der Antrag und eine entsprechende Verwaltungsvorlage erneut Thema im Ausschuss für Nachhaltigkeit. Ziel ist es unter dem Motto „Frau. Macht. Politik“ Frauen in der Kommunalpolitik zu stärken. Die politischen Mitbewerber haben da aber durchaus Bauchschmerzen.

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Zusammenfassend forderte der Antrag von Bündnis 90/Grüne folgende Kernpunkte: Im Mittelpunkt steht die Einführung einer quotierten Redeliste, in der Wortmeldungen nach weiblich und männlich getrennt gelistet werden. Weibliche und männliche Redebeiträge sollen sich abwechseln. Beginn ist immer mit einem weiblichen Redebeitrag. Sofern nicht-binäre Menschen, die ihre Geschlechtsidentität nicht genauer benennen, in Rat oder Ausschüssen redeberechtigt sind, sollen sie in der Liste für weibliche Redebeiträge geführt werden. Transpersonen sollen in der Liste geführt werden, der sie sich zuordnen.

Gleichstellungsbeauftragte Petra Blesel nimmt in der Vorlage die Parteien in die Pflicht, vorab bei der Aufstellung in den Wahllisten für Parität zwischen den Geschlechtern zu sorgen. „Durch eine höhere Repräsentation von Frauen in der Politik würde sich aufgrund der Zusammensetzungen dann auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für mehr Redeanteile von Frauen ergeben“, heißt es. „da momentan eine solche Abbildung nicht gegeben ist, könnte eine paritätische Redeliste die strukturelle Situation ein Stück weit auffangen“. Eine rechtliche Prüfung sei initiiert worden. Sollte diese zu dem Ergebnis kommen, dass eine paritätische Redeliste zulässig ist, werde die Verwaltung die Einrichtung einer Arbeitsgruppe vorschlagen.

FDP lehnt Antrag der Grünen in Arnsberg ab

„Die FDP-Fraktion lehnt sowohl den Antrag als auch die Prüfung durch die Verwaltung ab“, teilt die Fraktion mit. Es sei wichtig, „die individuellen Fähigkeiten und Entscheidungen der Ratsmitglieder anzuerkennen und zu respektieren, anstatt sie aufgrund ihres Geschlechts in eine bestimmte Kategorie einzusortieren“.

Wenn Frauen sich für öffentliche Ämter entscheiden, so die FDP weiter, sollten sie auf der Grundlage ihrer Qualifikation und ihres Engagements beurteilt werden, anstatt aufgrund vermeintlicher geschlechtsspezifischer Verhaltensweisen. Dies fördere die Gleichbehandlung und die Stärkung der Frauen in der politischen Arena. Dazu Christine Becker, Ratsmitglied: „Die FDP-Fraktion setzt sich für die Gleichberechtigung aller Bürgerinnen und Bürger ein. Vorgaben für Redebeiträge, wie sie in diesem Antrag vorgeschlagen werden, sind nicht der richtige Weg, um Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen“.

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Stattdessen solle die Stadt Arnsberg sich darauf konzentrieren, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich alle Menschen, ganz unabhängig vom Geschlecht, ermutigt fühlen, politisch aktiv zu werden und sich zu engagieren. Ratsfrau Christina Baganz ergänzt: „In einer Zeit, in der die freie Meinungsäußerung unabhängig von der Geschlechtszugehörigkeit im Vordergrund stehen sollte, appellieren wir an die Wichtigkeit der inhaltlichen Relevanz von Redebeiträgen: Alle, die etwas zu sagen haben, sollten dazu jederzeit berechtigt sein. Genauso sehen es auch die bereits existierenden Regelungen für die Gremien der Stadt vor.“

„Der Antrag ist absoluter Blödsinn“

Das sieht übrigens auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Posta so und äußert sich für ihn außergewöhnlich undiplomatisch. „Der Antrag ist absoluter Blödsinn“, so Posta. Die Grünen dürften das gerne parteiintern so handhaben. Im Rat aber bedürfe es einer solchen Regelung nicht, weil das „meinem Demokratieverständnis widerspricht“.

Der stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Gerhard Webers hält persönlich nichts von einer Quotenregelung für Redebeiträge. Als Ausschussvorsitzender wäre er immer gut damit gefahren, die Reihenfolge der Wortmeldungen losgelöst des Geschlechts einzuhalten. Die CDU-Fraktion hätte sich aber noch nicht mit diesem Antrag beschäftigt. „Das steht nicht auf unserer Prioritätenliste“, so Webers.

AfD-Fraktionsvorsitzender Otto Strauß sähe in einer solchen Quotierung der Redebeiträge sogar „eine Verletzung des Grundgesetzes“. Er empfiehlt, dass sich die Grünen „besser um die Probleme der Stadt kümmern sollten“.

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Die Grünen selber aber verteidigen ihren Antrag: „Es ist ein wichtiger Debattenanstoß“, sagt Verena Verspohl. Gerade die Quotenregelung bei den Grünen hätte gezeigt, dass dies Frauen in Politik fördere. Eine so konsequente Ablehnung des Antrags empfinde sie als Affront gegenüber der Gleichstellungsbeauftragten. Im Rat müsse berücksichtigt werden, dass wissenschaftlich nachgewiesen sei, „dass Frauen zurückhaltender agieren. Ehe sie etwas sagen, gab es schon zehn Wortmeldungen von Männern“.