Neheim-Hüsten. Die Regierung möchte Gelder für die Migrationsberatung kürzen. Was das für Folgen in Arnsberg hätte und was sich migrierte Jugendliche wünschen.

„Ich wünsche mir zum Weltkindertag, dass ich mich so schnell wie möglich wieder mit meiner Familie treffen kann“, sagt der 15-jährige Fahd aus Syrien. Er spricht das aus, was viele Kinder und Jugendliche, die in den letzten Jahren aus ihrer Heimat flüchten mussten, denken. Aber auch etwas, das ihm zum aktuellen Weltkindertag unter dem Motto „Jedes Kind braucht eine Zukunft“ weder die Schule noch eine außerschulische Beratungsstelle, wie zum Beispiel der Jugendmigrationsdienst (JMD - Beratung für Jugendliche mit Migrationshintergrund), erfüllen kann.

Was dieser ihm jedoch erfüllen kann, ist der Grundbedarf an Unterstützung innerhalb seiner Integration in Sportvereinen, Ausbildungsstätten oder auch bei sonstigen Fragen, die sich mit der Einwanderung nach Deutschland auftun.

Dieser Grundbedarf an Unterstützung hängt jedoch aktuell in der Schwebe. Denn die Bundesregierung plant die Reduzierung der Gelder für die ganzheitliche Migrationsberatung. So standen im aktuellen Jahr 81,5 Millionen Euro zur Verfügung; 2024 soll der Betrag auf 57,5 Millionen Euro sinken. Dies hat zur Folge, dass sowohl der JMD, aber insbesondere auch der MBE sowie die psychosozialen Zentren und die Asylverfahrensberatung darunter leiden.

Das Ende der freien Migrationsberatung in Arnsberg?

„Es fällt uns gesellschaftlich und auch finanziell auf die Füße, wenn die Bundesregierung im kommenden Jahr 24 Millionen Euro bei der Migrationsberatung für Erwachsene, 10 Millionen Euro bei den Beratungsstellen der Jugendmigrationsdienste, fast 10 Millionen Euro bei den psychosozialen Zentren für Geflüchtete und 20 Millionen Euro bei der Asylverfahrensberatung einsparen will. Die Folgekosten dieser inhaltlich nicht nachvollziehbaren Kürzungen werden enorm sein“, sieht Caritas-Vorstand Steffen Feldmann die Konsequenz für die gesamte Gesellschaft in einer Stellungnahme.

Dirk Wiese, MdB, verweist zunächst einmal darauf, dass die angedachte Kürzung einer jahrelangen Erhöhung folge, wenn sie denn folge. „Die Entscheidung darüber fällt erst Ende November“, so der Sauerländer, „aber der Bedarf (Anm. der Red.: an Beratung) ist da, das sehen wir genauso.“ Daher würden aktuell auch Ideen geprüft, die eine eventuelle Umschichtung der Gelder beträfen - oder eben auch zusätzliche Gelder. „Was wir hier investieren, müssen wir an anderer Stelle einsparen.“ Die geplante Kürzung sieht er daher noch nicht in trockenen Tüchern.

Beratung der Migranten fällt auf die Stadt Arnsberg zurück

Sollten diese Kürzungen jedoch greifen, beträfen diese nicht nur die Caritas, sondern auch die Awo, die Diakonie und die vielen weiteren Träger, die bundesweit rund 1400 Beratungsstellen der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) mit Beraterinnen und Beratern besetzen. „Bei der Beratung der Familien nehmen wir natürlich immer auch die Kinder und deren Perspektiven mit in den Blick“, erklärt Verena Sen, Fachbereichsleiterin Sozialraum- und orientierung der Caritas Arnsberg/Sundern, „Wenn wir die Eltern unterstützen, profitieren dadurch auch die Kinder von der Hilfe zur Selbsthilfe.“

Sollte also die Migrationsberatung der freien Träger unter den Kürzungen leiden und entsprechende Stellen abbauen müssen, fiele dieser Bedarf an Unterstützung und Migrationsberatung auf die Städte und Gemeinden zurück. In Arnsberg auf regulär (neben weiteren Beauftragten innerhalb unterschiedlicher Abteilungen) 2,5 kommunale Beratungsstellen.

Nur im Zusammenwirken kann Integration in Arnsberg gelingen

„Neben den städtischen Unterstützungs- und Beratungsangeboten ist es aus unserer Sicht sehr wichtig, dass auch die Freien Träger Integrations- und Beratungsangebote vorhalten“, so Ramona Eifert, Stadtsprecherin. „Nur im Zusammenwirken vieler Akteure und Akteurinnen, wozu auch die Politik und die Bürgergesellschaft gehören, kann Integration gelingend gestaltet werden.“

Mit dem Wegfall von Beratungsstellen der Freien Träger würde gleichzeitig ein Baustein im Gesamtsystem wegfallen. Wie diese Lücke zu schließen wäre, lasse sich derzeit nicht beantworten.

Die betroffenen Kinder und Jugendlichen jedoch haben ihre ganz eigenen Wünsche für die Zukunft: Sie möchten lernen, leben und mit ihren Familien zusammensein.

Das sind die Wünsche der Jugendlichen in Arnsberg

„Ich wünsche mir zum Weltkindertag, dass ich mich so schnell wie möglich wieder mit meiner Familie treffen kann.“ Fahd 15, Syrien

„Aktuell mache ich eine 3-jährige Ausbildung. Für meine Zukunft wünsche ich mir auf jeden Fall einen guten Job, der mir Spaß macht und wo man genug verdienen kann.“ Valentina 19, Italien

„Ich wünsche mir, meinen Schulabschluss zu machen und in der Zukunft als Krankenschwester zu arbeiten.“ Raxma 14, Somalia

„Ich wünsche mir zum Weltkindertag, dass ich schnell die deutsche Sprache lerne und ich bald meine Familie wiedertreffen kann.“ Maria 11, Syrien