Neheim. Derzeit werden Leitungen auf der Mendener Straße erneuert. Dabei ist Erstaunliches aufgetaucht. Mehr lesen Sie hier

Bei Straßenbauarbeiten an der Ecke Mendener Straße und Fresekenplatz ist historisches Straßenpflaster entdeckt worden. Ursprünglich sollten an dieser Stelle Leitungen erneuert werden. Doch in knapp zwei Meter Tiefe haben die Mitarbeiter der beauftragten Baufirma den alten Steinweg vorgefunden.

„Hierbei handelt es sich um einen alten Fuhrmannsweg, der zur Ruhr führte“, erklärt Hans-Georg Eich vom Heimatbund Neheim-Hüsten. Die Straßenoberfläche habe sich damals tatsächlich deutlich niedriger befunden, weil auch die alten Brücken niedrigere Fundamente besaßen.

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„Um 1600 herum hat es bereits eine Brücke anstelle der heutigen Ohlbrücke gegeben. Das ist allerdings eine Holzbrücke gewesen und sie war ausschließlich für Fußgänger gedacht. Die Pferdefuhrwerke und Gespanne mussten an der Brücke vorbei durch das Wasser der Ruhr gelenkt werden“, sagt Neheims Ortsheimatpfleger Karl-Georg Wuschansky.

Dort wo der Finger hindeutet, hat sich früher die Furt befunden. 
Dort wo der Finger hindeutet, hat sich früher die Furt befunden.  © Eric Claßen

Die Entdeckung des alten Straßenpflasters in der Mendener Straße hat zunächst einmal einen Baustopp zur Folge gehabt. Danach ist die Bahn frei gewesen für die Experten für Archäologie. Wie gut, dass Archäologe Wolfram Essling-Wintzer vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) derzeit durch seine Arbeit auf dem Arnsberger Schlossberg in der Region weilt. Kurz nachdem er über die Entdeckung in Neheim informiert wurde, hatte sich der Wissenschaftliche Referent bereits zum Fundort aufgemacht. „Zunächst einmal muss ich der dort tätigen Baufirma ein großes Lob aussprechen. Sie haben sehr sauber vorgearbeitet und sichtbar nichts beschädigt oder zerstört“, findet Essling-Wintzer anerkennende Worte.

Rund vier Stunden war er mit der Analyse, Dokumentation und der Datierung beschäftigt. Dabei hat er keramisches Material und auch relativ sicher alten Brandschutt gefunden. „Das Pflaster stammt aus der Zeit vor dem letzten großen Stadtbrand in Neheim. Es kann auf das späte 18. oder frühe 19. Jahrhundert datiert werden“, so Essling-Wintzer.

Da sich der letzte große Stadtbrand laut Ortsheimatpfleger Karl-Georg Wuschansky 1807 ereignet hat, muss das Straßenpflaster also älteren Ursprungs sein.

Schülerinnen und Schüler der Agnes-Wenke-Schule haben die Grabungsstelle besucht.
Schülerinnen und Schüler der Agnes-Wenke-Schule haben die Grabungsstelle besucht. © Meinolf Padberg

„Die alten Fachwerkhäuser auf der Mendener Straße standen noch im 19. Jahrhundert erhöht. Heute befinden sich die Fundamente auf einer Höhe mit dem Bürgersteig. Dieser Anstieg von der alten Straße hoch zu den Häusern hängt mit dem Hochwasser zusammen, das jedes Jahr im Frühjahr durch die Schneeschmelze Neheim heimsuchte“, sagt Hans-Georg Eich vom Heimatbund Neheim-Hüsten.

Damals habe die heutige Mendener Straße noch Hauptstraße geheißen. In alten Stadtmodellen, die die Epoche um 1600 zeigen, wird auch die bäuerliche Struktur von Neheim deutlich. „In Neheim hat man zu diesem Zeitpunkt von der Landwirtschaft gelebt. In unmittelbarer Nähe zum Fresekenhof hat auch eines der drei Stadttore gestanden. Benutzer der Brücke mussten an diesem Tor Wegzoll oder Brückengeld bezahlen“, erklärt Karl-Georg Wuschansky. Ob die Benutzung der Furt für die Pferdekutschen ebenfalls bezahlt werden musste, bleibt unklar.

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Generell sei die Ruhr wohl damals nicht mit dem heutigen Fluss vergleichbar gewesen. „Die Ruhr war deutlich flacher und wahrscheinlich auch nicht so breit wie heute“, so Hans-Georg Eich.

Das Bild ist um 1900 herum entstanden und zeigt die Ruhrfurtabfahrt neben dem Fresekenhof.
Das Bild ist um 1900 herum entstanden und zeigt die Ruhrfurtabfahrt neben dem Fresekenhof. © Heimatbund Neheim-Hüsten

Insgesamt wertet Archäologe Wolfram Essling-Wintzer die Fundlage als sehr gut ein. Trotzdem soll die Baugrube wieder zugeschüttet werden. „Das Pflaster bleibt im Boden erhalten und ist dort am besten geschützt. Die Rohre können dann so verlegt werden, dass der alte Straßenbelag nicht beschädigt wird“, versichert der Experte vom LWL.

Weitere Grabungen seien nach derzeitigem Stand an dieser Stelle und in unmittelbarer Nähe nicht angedacht. Hierbei würde auch der Faktor Kosten eine Rolle spielen.

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Der Heimatbund wünscht sich ein etwas anderes Vorgehen in dieser Angelegenheit. Die frischgewählte 1. Vorsitzende des Vereins, Alicia Sommer, hat in einem Brief an Bürgermeister Ralf Paul Bittner den Wunsch geäußert, dass das Straßenpflaster für Interessierte Blicke zumindest teilweise erhalten bleibt. Interessierte könnten so zumindest einen Blick auf das alte Straßenpflaster werfen. Wie die Stadt Arnsberg in dieser Angelegenheit reagieren wird, bleibt abzuwarten.

Zwischenzeitlich haben auch Schülerinnen und Schüler der Agnes-Wenke-Schule in Begleitung von Lehrer Meinolf Padberg die Grabungsstelle besucht. Von Hans-Georg Eich ließen sich die Jugendlichen die historischen Hintergründe erklären. Dabei tauchten sie tief in die Stadtgeschichte Neheims ein. Seit letzten Jahr kooperieren der Heimatbund Neheim-Hüsten und die Agnes-Wenke-Schule bei solchen außerschulischen Lernangeboten.